Bratwürste, Klöße und Medaillen Vancouver liegt in Thüringen
12.02.2010, 16:12 UhrDer Thüringer ist gesellig, witzig, trinkfest. Und sportlich. Das zeigt sich alle vier Jahre bei den Winterspielen. 2002 in Salt Lake City zum Beispiel holte Thüringen 17 Mal Edelmetall.
Bratwürste, Klöße, Dichter und Denker – dafür ist Thüringen weltbekannt und berühmt. Zu recht. Aber alle vier Jahre schickt sich das kleine Bundesland im Herzen Deutschlands an, mit Erfolgen im Wintersport auf sich aufmerksam zu machen - bei den Olympischen Winterspielen.
2002 in Salt Lake City holte Thüringen 17 Mal olympisches Edelmetall und damit sage und schreibe fast die Hälfte der deutschen Medaillenausbeute. In einer – freilich inoffiziellen – Länderwertung - schaffte es die Heimat Goethes und Schillers damit auf Platz vier, noch vor bekannten Wintersportnationen wie Schweden oder Finnland.
Olympischer Medaillengarant
Vor vier Jahren in Turin waren es immerhin 13 Medaillen, die Sportler aus Thüringen mit in den dortigen gleichnamigen Wald brachten. Bei 29 Olympiateilnehmern eine beispiellose Quote. Immerhin Rang sechs in der inoffiziellen Länderwertung. Doch was zeichnet die Thüringer Sportler aus? Und wie läuft es für die Sportler aus dem grünen Herzen der Republik in Vancouver?
Der Thüringer an sich ist gesellig, witzig, trinkfest – aber das macht noch keinen guten Sportler aus ihm. Die Gründe für den beispiellosen Erfolg bei Olympischen Winterspielen liegen in der Vergangenheit begründet. In der DDR gab es die Bezirke Erfurt, Suhl und Gera, die im Großen und Ganzen das heutige Thüringen gebietstechnisch einrahmten. Erfurt war bereits vor der Wende neben Berlin das Eisschnellauf- und neben Chemnitz das Eiskunstlaufzentrum der DDR. Oberhof im Bezirk Suhl stand für Skispringen, Langlauf, Biathlon und den Bobsport und auch die besten Rodler kamen aus dem Bezirk Suhl.
Die damals bereits geschaffene Jugend- und Talentsichtung funktioniert noch heute: Bereits im jungen Alter von sechs bis acht Jahren werden die kommenden Olympiasieger entdeckt. Die Erfolge der "Alten" wie Kati Wilhelm, Andrea Henkel, Andre Lange, Axel Teichmann, Ronny Ackermann, Silke Kraushaar, Sabine Völker, Sven Fischer, Frank Luck, Mark Kirchner oder einst Wolfgang Hoppe spornen an und so ist es nicht verwunderlich, dass auch in Vancouver die Medaillenhoffnungen auf den Schultern der Thüringer Athleten ruhen – egal ob routinierter Haudegen oder Newcomer.
Stephan, Edelmann, Beckert und Co.
Einer der olympischen Neulinge startet im Biathlon: Christoph Stephan, dafür bekannt, sich auf der Strecke so zu verausgaben, dass er sobald er im Ziel ist, wie bewusstlos zusammenbricht, nur um dann wenige Minuten später bereits wieder rotzfreche Interviews zu geben. Er hat nicht nur im Einzel Chancen auf Edelmetall. In der Staffel ist er gesetzt.

Kandidat fürs Treppchen: Tino Edelmann.
(Foto: picture alliance / dpa)
Ein weiterer heißer Medaillenkandidat aus Thüringen: Tino Edelmann, seines Zeichens Nordisch Kombinierer. Er ist der legitime Nachfolger des Weltcupsiegers Ackermann und feierte in dieser Saison seinen ersten Weltcupsieg. In der Weltcup-Gesamtwertung liegt er auf Platz fünf.
Im Eisschnelllauf könnte Stephanie Beckert auf den Langstrecken die Erfolgsserie deutscher Athleten fortsetzen. Sie liegt auf Platz zwei der Weltcup-Disziplinwertung 3000/5000-Meter und damit noch vor ihrer Thüringer Kollegin Daniela Anschütz-Thoms. Sie zählt in Vancouver bereits zu den Routiniers, was ihre Chancen über 1500 Meter nicht schmälern dürfte.
Biathletinnen nehmen Gold ins Visier
Ebenfalls zu den Routiniers mit hervorragenden Aussichten auf Edelmetall zählen David Möller im Rennrodeln der Männer, Andi Langenhan in der gleichen Disziplin und der gebürtige Sonneberger Andre Florschütz bei den Doppelsitzern. Im Biathlon sind die Weltmeisterinnen und Olympiasiegerinnen Andrea Henkel und Kati Wilhelm heiß auf weitere Olympische Medaillen. Als Favoriten sind auch die Erfurterin Christin Senkel als Anschieberin im Weltmeisterbob der Bayerin Sandra Kiriasis sowie die Skeleton-Weltmeisterin Marion Trott aus Oberhof und Skeleton Ex-Europameister Frank Rommel aus Zella-Mehlis am Start. Langläufer Axel Teichmann aus Bad Lobenstein und sein Kollege Jens Filbrich aus Frankenhain – dem Ort, für den bereits Biathletin Katrin Apel Olympisches Edelmetall erjagte – sind auch heiße Medaillenkandidaten.
Die überragende Stellung Thüringens bei Olympischen Winterspielen haben auch die Funktionäre erkannt – und das schon vor Jahren. Das beweist Bob-Superstar Andre Lange. Denn er setzt die lange Tradition Thüringer Fahnenträger bei Olympischen Winterspielen fort. Bereits 1992 bei den ersten Winterspielen nach der Wiedervereinigung Deutschland eines trug ein Thüringer die "Last der Verantwortung" der deutschen Fahne: Wolfgang Hoppe. Vier Jahre darauf tat es ihm Biathlet Mark Kirchner aus Scheibe-Alsbach gleich. Und 2006 war es Biathletin Kati Wilhelm aus Steinbach-Hallenberg, der diese Ehre zuteil wurde. Nun repräsentiert Andre Lange Deutschland und auch Thüringen bei der Eröffnung.
Lange kann Geschichte schreiben
Und mit ihm hat der DOSB eine hervorragende Wahl getroffen: Der 36-Jährige hat bereits erklärt: "Vancouver werden meine letzten Olympischen Spiele sein." Er ist bereits dreifacher Olympiasieger und hat wie sein Thüringer Vorgänger Hoppe das seltene Kunststück des Doubles geschafft, des Gewinns sowohl der Zweierbob- als auch der Viererbob-Konkurrenz.
Das will er nun in Vancouver wiederholen, seine Ausnahmestellung damit hervorheben und sich so in den Geschichtsbüchern des Bobsports für alle Zeiten verewigen: Das Double zweimal in Folge – das hat vor ihm noch kein Bobsportler geschafft. Und wer weiß, wenn es ihm gelingt, könnte er auch bei der Abschlussfeier die deutsche Fahne tragen. Oder wie wäre es zur Abwechslung einmal mit der Thüringer? Das "grüne Herz Deutschlands" hätte es auf jeden Fall verdient.
Quelle: ntv.de