Bester Freund heißer Prozessoren Diamant-gekühlte Chips könnten die Zukunft sein


Das ist nur ein Symbolbild, Diamant-Wafer sehen völlig anders als geschliffene, echte Diamanten aus.
(Foto: KEY)
Um die Leistung von Mikroprozessoren trotz enormer Hitzeentwicklung noch deutlich erhöhen zu können, setzt eine US-Firma Diamanten zur Kühlung ein. In Experimenten rechnet einer der stärksten Nvidia-Chips dreimal schneller, als es bisher möglich war. Die Technik stammt ursprünglich aus Augsburg.
Das Mooresche Gesetz, nach dem sich alle zwei Jahre die Rechenleistung von Computerchips verdoppelt, gilt schon seit einigen Jahren nicht mehr. Das liegt überwiegend daran, dass Prozessoren nicht mehr ausreichend gekühlt werden können, wenn man sie so schnell arbeiten lassen würde, wie sie es eigentlich könnten. Viel mehr als 100 Grad verkraften dauerhaft weder Haupt- (CPU) noch Grafikprozessor (GPU).
Wissenschaftler suchen darum nach alternativen Architekturen. Beispielsweise haben die TU Berlin und das MIT Boston vielversprechende Ergebnisse mit dem Prototyp eines Laser-Chips erzielt. Mit Licht-Teilchen (Photonen) statt Elektronen kann er wesentlich effizienter arbeiten als herkömmliche Prozessoren. Doch bis solche Systeme serienreif sein können, dauert es noch eine Weile. Alternativ versucht man daher, Methoden zu finden, herkömmliche Chips effektiver kühlen zu können. Ein vielversprechender Ansatz kommt hier von einer US-Firma, die dafür Diamanten verwendet.
"Weltgrößter Diamant" aus Augsburg
Genau genommen handelt es sich um synthetische Diamanten. Vor sechseinhalb Jahren erregte die Universität Augsburg Aufsehen, als sie den "weltgrößten Diamanten" im Labor züchtete. Einem echten Edelstein sah er allerdings nicht ähnlich, da es sich bei dem 155-Karäter um eine Scheibe mit 92 Millimetern Durchmesser handelte.
Die Form entsteht, da sich in einem Reaktor Kohlenstoffmoleküle aus einem mehrere Tausend Grad heißen Plasma bei einem Unterdruck von wenigen Zehntel Atmosphären Schicht für Schicht auf einer Iridium-Basis ablagern. Schon früh wussten die bayerischen Wissenschaftler, dass ihre Wafer "das ultimative Material für Hochleistungselektronik" waren. Um die Erkenntnisse kommerziell umzusetzen, gründeten sie 2015 die Augsburg Diamond Technology GmbH.
Doppelte bis dreifache Taktrate
Seit vergangenem Jahr gehört Audiatec dem US-Unternehmen Diamond Foundry, das mit der schwäbischen Technologie in der Lage ist, weniger als drei Millimeter dicke Diamant-Wafer mit 100 Millimetern Durchmesser herzustellen. Mit diesem Material als Kühlung könnten Chips ohne Ausfälle mit der doppelten sonst möglichen Taktrate betrieben werden, sagte Vorstandschef Martin Roscheisen dem "Wall Street Journal". Bei einem der leistungsfähigsten Nvidia-Chips hätten sie die Leistung sogar verdreifachen können. Roscheisen ist ebenfalls Deutscher und gilt im Silicon Valley als Gründer-Star.
Diamond Foundry hat bereits hunderte Diamant-Wafer hergestellt. Sein Unternehmen führe mit den meisten der weltweit größten Chiphersteller sowie Verteidigungsunternehmen und Herstellern von Elektrofahrzeugen Gespräche, um deren Mikrochips und Elektronik zu beschleunigen und den Platzbedarf zu minimieren, so Roscheisen. Diamant-Wafer seien inzwischen so preiswert wie Wafer aus Siliziumkarbid, die zur Herstellung besonders effizienter Leistungshalbleiter verwendet werden.
Es geht auch anders
Roscheisens Firma sei aber nicht konkurrenzlos, schreibt das "Wall Street Journal". Es gebe Unternehmen, die mit anderen Verfahren teilweise sogar noch größere synthetische Diamanten herstellen könnten. Außerdem gibt es auch andere Lösungsansätze. Intel arbeitet zum Beispiel daran, Mikrochips auf einer Glasrückseite zu platzieren.
Damit ist es möglich, Mega-Chips herzustellen, die im Prinzip aus vielen kleinen Chips (Chiplets) zusammengesetzt sind. Diese bleiben bei hoher Leistungsaufnahme und der damit verbundenen Wärmeentwicklung stabil. Bis zu einem Kilowatt betrage die Wärmeleistung pro Paket, sagte Intel-Stipendiat Rahul Manepalli dem "Wall Street Journal". Ein Chip-Paket messe zehn Quadratzentimeter und nehme etwa die Leistung eines Haartrockners auf.
Eine Alternative zu Silizium könnte in Zukunft Borarsenid darstellen. Es leitet Wärme zwar nicht ganz so gut wie Diamanten ab, ist aber auch ein Halbleiter. Man könnte also extrem leistungsfähige Mikrochips aus dem Material herstellen.
Andy Bechtolsheim, Mitbegründer von Sun Microsystem kann sich auch eine Kombination verschiedener Technologien in einer Sandwich-Struktur vorstellen. "Oben Glas für die schnelle Kommunikation, ein dreidimensionaler Stapel von Siliziumschichten in der Mitte für die Verarbeitung und ein Diamant-Wafer unten, um die gesamte Wärme abzuleiten", sagte er dem "Wall Street Journal".
Quelle: ntv.de