Technik

Kung-Fu-Action mit "Sifu" Die Erziehungsschelle für Ungeduldige

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Ruhig bleiben, abwarten, zuschlagen - das Actionspiel "Sifu" orientiert sich eng an der Kampfkunst. In der Rache-Story kann man sogar als Kung-Fu-Opa wirbeln. Allerdings hat man nur einen Anlauf und muss im schlimmsten Fall von vorne loslegen. Klingt frustrierend, ist aber lohnenswert.

"Ich fürchte nicht den Mann, der 10.000 Kicks einmal geübt hat. Ich fürchte mich vor dem, der einen Kick 10.000 Mal geübt hat." Das berühmte Zitat von Bruce Lee passt zu keinem Videospiel besser als zum Kung-Fu-Actiontitel "Sifu". Denn das Werk von Entwicklerstudio Slocap ist harte Arbeit, die sich erst auszahlt, wenn Kampfkunst verstanden und gemeistert wurden. Die Rache-Story um den jungen Spross eines Kung-Fu-Meisters bietet neben anmutig choreografierten Prügeleien auch dank Look und Musik eine tolle Atmosphäre, die echtes Eastern-Kino auf Playstation 4 und Playstation 5 zaubert.

Gleich zu Beginn wird die Familie des Kung-Fu-Schülers von fünf Vagabunden ermordet. Die finsteren Gangster machen auch vorm zwölfjährigen Protagonisten nicht halt. Nur eine schützende Münzkette bringt ihn ins Leben zurück.

Altern bis zum Tod

Acht Jahre später ist der junge Held bereit, seine Kung-Fu-Fähigkeiten einzusetzen, um sich an dem Quintett zu rächen. Sein Schmuckstück bringt ihn aber nicht nur ins Leben zurück, sondern hat noch einen weiteren Kniff: Mit jedem Tod altert der Kämpfer um ein Jahr. Je öfter man das Zeitliche segnet, desto schneller ergrauen die Haare. So kämpft man als Jugendlicher, Erwachsener und irgendwas als Greis - bis das Spiel mit dem Tod im hohen Alter endet.

Dünnen Köchen traut man nicht - in "Sifu" haben es besonders die dicken Gegner in sich.

Dünnen Köchen traut man nicht - in "Sifu" haben es besonders die dicken Gegner in sich.

(Foto: Sloclap)

Das war es aber auch schon mit übernatürlichem, der Rest des Spiels ist realistisch gehalten. Es gibt keine Spezialattacken, Heiltränke oder Boosts, die sich während der Kämpfe aktivieren lassen. Das Kampfsystem ist eine Mischung aus Schlägen, Tritten, Paraden und Ausweichbewegungen, bei der sich die Entwickler am "Pak Mei"-Kung-Fu orientiert haben. Mit schnellen Kombinationen soll der Gegner möglichst effektiv kampfunfähig gemacht werden. Die Umsetzung ist in "Sifu" herausragend gut gelungen.

K.o.-Sequenz als echter Hingucker

Da man es in der Regel gleich mit mehreren Gegnern zu tun bekommt, reicht es nicht, blind auf die Tasten zu hämmern. Die KI der Gegner ist auch so weit fortgeschritten, dass der immer gleiche Angriff leicht durchschaut und dann geblockt wird. Die Gegner haben neben dem Lebensbalken auch eine Anzeige für die Deckung. Diese lässt sich mit Attacken, aber auch mit gut getimten Paraden durchbrechen. Ist das gelungen, kann man mit einer Tastenkombination eine K.o.-Sequenz einleiten, die den Gegner ausschaltet und einen kleinen Teil der eigenen Lebensenergie wiederherstellt. Im Spiel sind diese actionreich animierten Minisequenzen - die zwar brutal sind, aber den Bogen in dem Bereich nicht überspannen - echte Hingucker.

Nichts für schwache Nerven.

Nichts für schwache Nerven.

(Foto: Sloclap)

So wie die Gegner Lebens- und Deckungsbalken haben, muss auch unser Held darauf achten. Dreschen mehrere Gegner gleichzeitig auf ihn ein, nützt Blocken alleine nichts mehr. Bricht die Deckung einmal, geht es mit der Lebensenergie schnell dem Ende entgegen. Die Zahl der Gegner dezimieren, gekonnt ausweichen, abwarten - in "Sifu" gibt es viele Wege zum Erfolg, die aber alle ein gewisses Maß an Gelassenheit und Konzentration erfordern.

Mit Angriffen und Paraden lädt sich zudem eine kleine Fokusleiste auf. Damit kann man für einen kurzen Moment in eine Art Zeitlupenansicht wechseln und einen besonders starken Angriff starten. Das kann ein gezielter Schlag in die Augen, in die Weichteile oder einer besonders kräftiger Fußfeger sein. Die Angriffe bedeuten aber nicht zwingend, dass ein Gegner ausgeschaltet wird. Die Fokus-Attacken richten ordentlichen Schaden ab, helfen aber auch, sich aus engen Situationen zu befreien.

Die gute alte Eisenstange

Die Kampfkünste lassen sich im Laufe der Entwicklung um neue Techniken erweitern und, sofern man genügend Punkte für ausgeschaltete Gegner sammelt, auch dauerhaft freischalten. Nur so lassen sich bestimmte Angriffe erneut einsetzen, denn nach dem Tod im hohen Alter gehen alle Fortschritte verloren und man muss von neuem ran. Auf Hände und Füße alleine muss man sich aber nicht verlassen. In "Sifu" gilt es, geschickt die Umgebung in den einzelnen Level zu nutzen.

Und überall liegen nützliche Dinge herum. Flaschen, Backsteine, Bambusstäbe: So ziemlich alles lässt sich auch gegen die Gegner einsetzen - entweder als Wurfgeschoss oder als Schlaginstrument. Besonders effektiv sind Gegenstände wie Baseballschläger und Eisenstange, mit denen Gegner nach drei bis vier Schlägen am Boden sind. Aber auch die kleinen Hilfsmittel zerbrechen irgendwann. Teilweise sind die Objekte sogar versteckt und kommen erst zum Vorschein, wenn die Umgebung im Kampfgetümmel zu Bruch geht.

Das Motto des Spiels: Ruhig bleiben, durchatmen, zuschlagen.

Das Motto des Spiels: Ruhig bleiben, durchatmen, zuschlagen.

(Foto: Sloclap)

Die Levelstruktur ist daher neben dem Kampfsystem ein weiteres Element, das man lernen muss. Schließlich wird man die einzelnen Gebiete mehrere Male durchspielen müssen. Wer nach dem ersten Level bereits in den 50er Jahren seines Lebens angekommen ist, hat wenig Chancen, die weiteren vier Endbosse noch zu bezwingen. Mit zunehmenden Alter werden die Attacken zwar stärker, gleichzeitig geht die Lebensenergie jedoch zurück.

So läuft in "Sifu" alles darauf hinaus, möglichst wenig Lebenszeit für die einzelnen Level aufzuwenden. Man kann jedes Gebiet von neuem beginnen, um einen besseren Durchgang hinzulegen. Dabei muss man die Level nicht komplett durchspielen, eine Abkürzung, die mehr oder weniger schnell zum Endboss führt, gibt es immer - Schlüssel oder Türcodes, die man im Laufe des Durchgangs findet. Solche Informationen und Gegenstände bleiben dauerhaft erhalten.

Schläge und Tritte mit hörbarem Wumms

Das klingt nun so, als hätte "Sifu" ein enormes Frustpotenzial. Das ist durchaus gegeben, aber der Schwierigkeitsgrad ist bei weitem nicht so hoch wie bei Titel wie "Sekiro: Shadows Die Twice". Die Action wird auch nie langweilig, denn neben dem tollen Soundtrack haben alle Schläge und Tritte auch akustisch ordentlich Wumms. Das erinnert schnell an die Bruce-Lee-Filme aus den 1970er Jahren.

Bemängeln kann man den Rollespiel-Anteil in "Sifu". In bestimmten Situationen kommt es zu Dialogen mit NPCs, in denen drei Antwortmöglichkeiten geliefert werden, die aber keinerlei Auswirkungen auf den weiteren Verlauf haben. Es hagelt Schellen, egal was man antwortet.

Aber das ist ja auch der Kern des Spiels, das herrlich schön aussieht und super funktioniert - wenn man sich auf das Kampfsystem einlässt. "Geduld ist nicht passiv zu bewerten, im Gegenteil, sie ist konzentrierte Stärke", hat Bruce Lee ebenfalls gesagt. Auch das trifft bei "Sifu" wie die Faust aufs Auge.

Quelle: ntv.de

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