Technik

Rennsimulation der Extraklasse "Gran Turismo 7" - der schönste Drift für Autonarren

Einsteigen, anschnallen und genießen: GT7 bietet Highspeed in allen Varianten.

Einsteigen, anschnallen und genießen: GT7 bietet Highspeed in allen Varianten.

(Foto: Sony)

Röhrende Boliden im Wettkampf um Top-Platzierungen und Hundertstelsekunden. "Gran Turismo 7" bietet das volle Paket einer Rennsimulation. Neben einer genialen Optik vermittelt das Playstation-Spiel auf der neuen Konsole ein bislang nie dagewesenes Fahrgefühl.

Keine zwei Stunden sind gespielt, da sitze ich virtuell wieder am Steuer meines ersten Autos. Einem VW Polo. Wohlgemerkt eine neue Version des II-Modells, das ich mit 18 Jahren mein Eigen nennen durfte, aber dieser kleine Anflug von Nostalgie beschreibt eigentlich ganz gut, was "Gran Turismo 7" (GT7) fast schon in Perfektion auf die Rennstrecke zaubert. Den Entwicklern von Polyphony Digital gelingt es beim Exklusivtitel für die Playstation, das traditionell gute Gespür für Autorennen und den modernen Touch von Boliden und neuester Konsolentechnik zu vereinen.

"Gran Turismo 7" legt wieder mehr Wert auf den Kampagnen-Modus mit seiner Weltkarte. Versehen mit mehreren Gebäuden, die die typischen Gran-Turismo-Features beherbergen: Der Gebrauchtwagenhändler, ein Kolosseum für die Wettkämpfe auf der Piste, die Tuning-Werkstatt und und und. Zentrale Anlaufstelle ist allerdings das Café. Idyllisch im Wald gelegen, kann der Spieler dort neue Aufgaben annehmen, etwas über die Historie der über 400 verschiedenen Autos lernen, seinen eigenen Sportflitzer bewerten lassen oder die eigenen Rennpokale bestaunen. Wirklich ein charmanter Gedanke der Entwickler, einen Ruhepol in der Natur zu schaffen, wo es rund herum nur um Highspeed und Bestzeiten geht.

Feuerroter Ferrari, das muss nicht sein. Man kann sogar auf original Farbmischungen der Hersteller zugreifen.

Feuerroter Ferrari, das muss nicht sein. Man kann sogar auf original Farbmischungen der Hersteller zugreifen.

(Foto: Sony)

Die Aufgaben im Café, die ähnlich wie Tutorials in die Strecken und Fahrzeugklassen einführen, werden als Menü gereicht: Wie in einem Restaurant werden drei Gänge aufgetischt, mit denen man dann drei neue fahrbare Untersätze freispielen kann. Während sich die eigene Sammlung an Autos vergrößert, müssen zudem diverse Fahrerlizenzen erworben werden, um in bestimmten Rennklassen mitdüsen zu können. Die Lizenzprüfungen reichen vom Fahren der Ideallinie, Bremsmanövern bis gezielten Drifts in Kurven. Klassisches "Gran Turismo" eben.

Die einzelnen Aufgaben bleiben aber stets kurzweilig, gerade weil sie in wenigen Minuten abgehandelt sind - sofern man sein Auto unter Kontrolle hat. Ist ein Menü erstmal abgeschlossen, gibt es jedes Mal ein sehr schönes Porträtvideo des neuen Trios für den Fuhrpark und gleichzeitig wird deren Bedeutung für die Automobilbranche erklärt. Das ist genau die richtige Mischung aus: Sieht toll aus und wissenswert ist es auch noch. Für GT-Veteranen könnten die gereichten Menüs etwas langatmig wirken, denn es gibt über 40 davon.

Vielfalt bei Fahrzeugen und Rennstrecken

Der Fuhrpark wirkt enorm groß und man freut sich über jeden Neuzugang, den man mit dem Erfüllen der Aufgaben erspielt. Vom wendigen Kleinwagen, bulligen Musclecar bis hin zu Hypercars ist alles dabei, was das Herz begehrt. Die 424 verschiedenen Autos bieten genügend Abwechslung, es fehlt aber an ganz aktuellen Modellen - die neuesten im Spiel sind von 2017. Man hat trotzdem viele Möglichkeiten, ein jedes Mal unterschiedliches Fahrgefühl mit den einzelnen Modellen zu erleben.

Nicht nur auf Asphalt. Staubpisten gibt es in GT7 ebenfalls.

Nicht nur auf Asphalt. Staubpisten gibt es in GT7 ebenfalls.

(Foto: Sony)

Und die Steuerung der Autos ist beeindruckend. Unterschiede beim Fahren mit einem Fiat oder einem Ferrari feststellen zu können, ist keine Schwierigkeit, doch selbst Fahrzeugtypen des gleichen Herstellers, bei denen nur das Baujahr variiert, weisen Unterschiede auf. Die Nuancen lassen sich dank des zurückgekehrten "Performance Tunings" noch manuell anpassen. Ein Fest für Tuningfreunde, Laien können von dieser Funktion auch einfach die Finger lassen.

Es gibt insgesamt 35 Rennstrecken in GT7 und die sehen alle sensationell gut aus. Das klingt zwar erstmal nach nicht übermäßig viel, doch jede Destination hat mehrere Layouts, also veränderte Streckenverläufe. Manche lassen sich auch rückwärts oder im Regen fahren. Das Streckenangebot ist also vielfältiger als es auf den ersten Blick aussieht. Ein kleiner Nachteil ist, dass man sie über den Kampagnen-Modus freispielen muss und legendäre Tracks wie Le Mans bekommt man erst relativ spät.

Dual-Sense-Controller trumpft auf

Sind die Flitzer dann erst einmal auf der Rennstrecke, trumpfen die Dual-Sense-Controller so richtig auf. Die adaptiven Trigger sind wie gemacht für Gaspedal und Bremse. So kann per Tastendruck Beschleunigung und Bremsvorgang sehr gut dosiert werden. Die Vibration vermittelt zudem gekonnt die Einflüsse von Außen auf Fahrer und Wagen. Jede Bodenwelle gibt kleine Ausschläge, sollte das Kies oder die Wiese abseits der Strecke mal touchiert werden, wird der Spieler es an der ganz individuellen Vibration mehr. Und auch bei Crashs rappelt es ordentlich zwischen den Fingern. Selbst das Schalten in einen höheren Gang wird genial übermittelt. Das sind nur kleine Details, in der Summe machen die aber enorm viel aus.

Die Blickwinkel lassen sich im Spiel ändern. So bekommt man einen besseren Blick auf die tollen Panoramen.

Die Blickwinkel lassen sich im Spiel ändern. So bekommt man einen besseren Blick auf die tollen Panoramen.

(Foto: Sony)

ntv.de konnte das Spiel auch mit dem Logitech G29 Driving Force Lenkrad samt Pedalen testen. Und ja: Das ist nochmal etwas anders und vom Gefühl natürlich näher dran am echten Rennsport. Aber gerade wer eine PS5 hat, der kann dank der Dual-Sense-Controller darauf verzichten.

Die neue Konsolengeneration hat in Sachen Grafik natürlich auch das bessere Paket zu bieten. Lichteffekte und 4K-Auflösung lassen die Rennstrecken und Autos realistischer aussehen als je zuvor. Vor allem Wettererscheinungen und der Wechsel bei Lichtverhältnissen im Tageszeitenablauf sind optische und atmosphärische Elemente, die der Spieler als Fahrer wahrnimmt. Die PS5 hat auch zwei Grafik-Modi, die sich zum einen auf die Bildrate und zum anderen eben auf Ray-Tracing-Effekte konzentrieren. Deutlich mehr Schärfe bietet insgesamt der Modus auf 60 Frames pro Sekunde. Ray Tracing wird nicht im Renngeschehen angewendet, die Abläufe sind ohnehin so schnell, dass man davon kaum etwas mitbekommen würde.

Tuning-Kosten schlecht ausbalanciert

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Wer sich weniger im Kampagnen-Modus sieht, kann natürlich auch die Multiplayer-Funktionen nutzen. Das kann man direkt an der heimischen Konsole in Splitscreen-Duellen ausleben oder online gegen andere Fahrer. Für erfahrene GT-Zocker gibt es den kompetitiven "Sport"-Bereich. Hier misst man sich in Einzelrennen oder Meisterschaften, um Credits zu verdienen. Anfänger können hier gerne mal reinschnuppern, aber meistens sieht man nur die Rücklichter der Konkurrenz. Man kann aber auch seine eigenen Online-Lobbies erstellen und mit Freunden oder anderen Online-Spielern um die Wette rasen.

Es gibt aber auch ein paar Sachen die weniger gelungen sind. Mit jedem Rennen, mit jedem erreichten Meilenstein oder neuen Fahrerleveln verdient man Credits als Ingame-Währung. Die lässt sich auch mit Echtgeld erwerben. Hätte es eigentlich nicht gebraucht, da man den Spielern ja Fahrgefühl vermitteln will. Dazu sind die Kosten für das Tuning stellenweise nicht gut ausbalanciert. So mancher Reifensatz kostet mehr als ein guter Gebrauchtwagen, das NOS-System kostet gleich so viel wie fünf Autos. Alles hat seinen Preis, egal ob es der optische oder technische Feinschliff am eigenen Auto ist.

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Die Startkonstellation des Kampagnen-Modus in GT7 ist gelinde gesagt einfallslos. Fast immer beginnt das Rennen mit einem fliegenden Start und der Spieler bildet das Schlusslicht einer langen Karossenkette. Das ist nicht nur eintönig, sondern auch ein krasser Nachteil. Die Autos starten in rund 40 Metern Abstand zueinander, das beträgt der Abstand zur Poleposition schon gerne mal mehrere Hundert Meter. Qualifikationen oder bereits absolvierte Rennen ändern nichts an der Reihenfolge.

Das sind aber beim Betrachten des großen Ganzen nur Kleinigkeiten, die von den Entwicklern eventuell per Patch angepasst werden können. In GT7 macht jedes Rennen, jede Kurve und jedes Überholmanöver Spaß. Das begeistert nicht nur die große Fangemeinde, die mit einem ordentlichen Schuss Nostalgie abgeholt wird. Das geniale Fahrgefühl lässt sich auch Zockern vermitteln, die nicht allzu viel vom Innenleben eines Autos verstehen. Vom VW Polo habe ich mich in "Gran Turismo 7" schnell verabschiedet. Zu groß sind der Drang nach höherer Geschwindigkeit und die Neugier auf Autos, die man sich im Leben nicht leisten kann. Zumindest virtuell ist das drin.

Quelle: ntv.de

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