
2030 sollen alle deutschen Haushalte Glasfaseranschlüsse haben.
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Der Glasfaserausbau nimmt an Fahrt auf, viele Menschen erhalten derzeit ein Angebot, Haus oder Wohnung anzuschließen. Oft lohnt es sich, es anzunehmen, manchmal nicht. Vieles hängt dabei von der eingesetzten Technik ab, denn nicht immer ist ein Glasfaseranschluss besser als der bestehende.
Lange Zeit hinkte Deutschland beim Glasfaserausbau der europäischen Entwicklung weit hinterher. Doch inzwischen scheint die im vergangenen Juli beschlossene Gigabitstrategie der Bundesregierung, bis Ende 2025 die Anzahl der Anschlüsse zu verdreifachen und 50 Prozent der Haushalte und Unternehmen anzubinden, nicht mehr unrealistisch zu sein. 2030 soll die Abdeckung 100 Prozent betragen. Laut dem Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO) sollen Ende Juni 2022 sogar schon 26 Prozent angeschlossen gewesen sein.
Aktuell scheint der Ausbau nochmal einen zusätzlichen Schub zu bekommen, denn viele Nutzer finden derzeit ein Anschluss-Angebot in ihren Briefkästen oder werden direkt angesprochen. Oft lohnt es sich, es anzunehmen, aber nicht immer. Entscheidend ist neben dem Preis die verwendete Technik und ob man die Vorzüge des Glasfasernetzes überhaupt benötigt.
Klare Vorteile
Grundsätzlich sind Glasfaserleitungen Kupferkabeln klar überlegen. Bei DSL-Anschlüssen ist selbst durch Ausschöpfung aller technischen Möglichkeiten (Super-Vectoring) spätestens bei 250 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) das Ende der Fahnenstange erreicht. Glasfaser schafft jetzt schon problemlos 1 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s), künftig soll sogar noch deutlich mehr drin sein.
Mit Internet über das TV-Kabel sind zwar ebenfalls Datenraten bis zu 1 Gbit/s möglich. Das betrifft aber nur Downloads. Beim Upload ist viel weniger möglich. Vodafone-Kabel-Kunden kommen im schnellsten Tarif derzeit beispielsweise nicht über 50 Mbit/s hinaus. Glasfaseranschlüsse bieten bis zu 500 Mbit/s.
Selbst wenn die Höchstgeschwindigkeiten auf dem Papier gleich hoch sind, erreicht man sie annähernd oder sogar vollständig viel eher im Glasfasernetz als über Kupferkabel. Die Technik ist weit weniger störanfällig, und für die Qualität der Verbindung spielt es auch keine Rolle, wie viele Nutzer gleichzeitig im Internet sind.
Hinzu kommt eine extrem geringe Latenz (Verzögerung). Bei DSL- und TV-Kabel-Verbindungen beträgt sie 10 bis 50 Millisekunden, bei Glasfaseranschlüssen 2 bis 15 Millisekunden. Das ist vor allem für Computerspieler ein wichtiger Faktor.
Glasfaseranschluss ist nicht gleich Glasfaseranschluss
Um alle Geschwindigkeitsvorteile voll ausnutzen zu können, muss es sich aber um einen hundertprozentigen Glasfaseranschluss handeln. Das heißt, die Glasfaserleitung muss bis zum Modem beziehungsweise Router in die Wohnung führen, was auf Englisch Fiber To The Home heißt. Daher spricht man hier auch von FTTH-Anschlüssen.
Oft reicht die Glasfaserverbindung nur bis zum Haus (Building), was entsprechend als FTTB-Anschluss bezeichnet wird. Vom Keller geht es dann wie bisher mit Kupferkabeln weiter. Die geringen Geschwindigkeitsunterschiede spielen für Privatnutzer aber kaum eine Rolle.
Anders sieht das bei FTTC-Anschlüssen aus, bei denen die Glasfaserleitung im Verteilerkasten an der Bordsteinkante (Curb) endet. Dann hat man nämlich auch nur einen besseren DSL-Anschluss mit bis zu 100 Mbit/s.
Es kann teuer werden
Die Vorteile von Glasfaseranschlüssen haben leider auch ihren Preis, die Tarife sind grundsätzlich höher als bei anderen Anschlussarten. Die Deutsche Telekom verlangt für den Gigabit-Tarif beispielsweise rund 80 Euro im Monat, 500 Mbit/s kosten knapp 60 Euro, 250 Mbit/s 55 Euro. Für den Tarif mit 100 Mbit/s muss man rund 45 Euro, bei 50 Mbit/s 40 Euro hinblättern. Dabei darf man sich nicht durch die groß angezeigten Preise täuschen lassen. Sie gelten nur für die ersten drei Monate. Ähnlich verfahren auch andere Anbieter.
Teuer kann es auch werden, wenn noch kein Glasfaseranschluss im Haus ist. Laut Verbraucherzentrale muss man dann mit Anschlusskosten von 500 bis 1000 Euro rechnen. Man sollte daher ein Angebot im Rahmen diverser Förderprogramme zu einem kostenlosen Anschluss annehmen. Ob man Glasfaser dann letztendlich nutzen möchte, kann man dann auch später entscheiden.
Tut's nicht auch noch der alte Anschluss?
Weil die Glasfaser-Tarife vergleichsweise teuer sind, stellt sich dabei für viele Nutzer vor allem die Frage, ob es nicht der alte Anschluss mit dem günstigeren Tarif noch tut. Als Faustregel gilt: Hatte man bisher nicht das Gefühl unterversorgt zu sein, ist keine Eile geboten. Wird man aber zu oft von Aussetzern genervt und/oder das Tempo reicht nicht für die eigenen Ansprüche, ist ein Wechsel ratsam. Es sei denn, man hat durch ein Upgrade des bisherigen Tarifs eine vielleicht günstigere Option.
Nicht übertreiben
Dabei darf man sich nicht durch hohe Werte blenden lassen. Ein Gigabit-Tarif ist für Normalnutzer eigentlich immer zu viel des Guten. Auch 500 Mbit/s benötigen nur sehr wenige Haushalte, selbst 200 sind oft unnötig viel Speed. Mit 100 Mbit/s kommt man im Glasfasernetz normalerweise gut aus. Denn man darf nicht vergessen, dass hier nicht die gleichen Regeln wie bei DSL- oder TV-Kabel-Anschlüssen gelten. Vor allem muss man keine Schwankungen befürchten und einplanen.
Um bei einem Streaming-Dienst Videos in 4K-Qualität zu genießen, benötigt man meistens nur 25 Mbit/s, auf keinen Fall mehr als 50 Mbit/s. Vodafone empfiehlt beispielsweise eine 100er-Leitung für Haushalte mit bis zu drei Personen. Man darf davon ausgehen, dass das Unternehmen als Anbieter dabei viel Luft nach oben lässt.
Auf den Upload achten
Unter Umständen muss man aber trotzdem zu einem teureren Tarif greifen, falls man auf eine höhere Datenrate beim Upload angewiesen ist. Denn die angebotenen Geschwindigkeiten kommen gewöhnlich nicht mal annähernd in die Nähe der möglichen 500 Mbit/s. Der Berliner Anbieter Pÿur knausert beispielsweise bei 200 Mbit/s Download mit lediglich 8 Mbit/s Upload. Bei der Telekom bekommt man dagegen schon im 100er-Tarif 40 Mbit/s.
Falls man den tatsächlichen Bedarf nicht kennt, lohnt es sich - falls möglich - zunächst einen Tarif mit kleinerer Bandbreite und kurzer Laufzeit zu wählen. So kann man zur Not schnell zu einem teureren Tarif wechseln, falls die Geschwindigkeit nicht ausreicht.
Quelle: ntv.de