Spionage

Der BND-Chef Gerhard Schindler hat die zentrale Verantwortung für den derzeitigen Skandal. Sein Rücktritt liegt in der Luft, zumal der kantige FDP-Mann keine politische Rückendeckung hat. Und doch könnte er Glück haben. Von Wolfram Weimer

Das Geheimdienst-Kontrollgremium berät in einer Sondersitzung über die Spionageaffäre. Der Vorsitzende Hahn kritisiert vorab die bisherige "häppchenweise" Informationspolitik der Regierung. Linken-Fraktionschef Gysi fordert die Vernehmung von Kanzlerin Merkel "unter Eid". Und auch die SPD verschärft ihren Ton.

Der NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages will die Suchbegriffe des US-Geheimdienstes einsehen, die Ergebnisse nutzte der BND womöglich auch selbst. Dazu gehören Inhalte von Gesprächen und E-Mails. Die Bundesregierung zeigt mit dem Finger auf die USA, der Ausschuss droht mit der Justiz.

• Nicht nur Metadaten abgefangen BND nutzte NSA-Daten selbst

Jahrelang half der BND dem amerikanischen NSA bei der Spionage. Laut einem Medienbericht nutzte der Bundesnachrichtendienst die dabei erhaltenen Daten aber auch für eigene Zwecke. Oder ist alles nur ein kulturelles Missverständnis, wie der US-Botschafter meint?

• Bundesanwalt prüft Affäre BND trainierte geheim für "Monkeyshoulder"

Das Kanzleramt beaufsichtigt den BND - was den Geheimdienst nicht daran hindert, mit der NSA und dem britischen GCHQ eine komplexe Spionageaktion an deutschen Datenleitungen zu planen. Nun schaltet sich auch der Generalbundesanwalt ein.

Im BND-Skandal wächst der Druck auf das Kanzleramt gewaltig. EU-Kommissionspräsident Juncker erwartet Aufklärung, in der Opposition brodelt es und der Airbus-Konzern, ein mutmaßliches Opfer der Spionage, stellt nun Strafanzeige.

Medienberichten zufolge soll der deutsche Geheimdienst unter anderem für die USA im französischen Präsidentenpalast spioniert haben. Bundesregierung und Kanzleramt verwirren mit unterschiedlichen Aussagen. Die Opposition wittert Lügen, Innenminister de Maizière spricht von "Unterstellungen".

• Video Kanzleramt bereits 2008 unterrichtet
• Merkel, De Maizière, Steinmeier Die Akteure der NSA-BND-Spionageaffäre

Der BND half den US-Amerikanern bei Wirtschaftsspionage, das Kanzleramt wusste davon - tat aber nichts. Wer ist verantwortlich? Die Antwort darauf liegt noch im Dunkeln - aber die Verwicklungen reichen womöglich bis zu Bundeskanzlerin Merkel.

• Wurde das Parlament belogen? BND-Affäre wächst zu Krise heran
• Video BND-Skandal fällt de Maizière auf die Füße

Der heutige Innenminister Thomas de Maizière muss sich die Frage gefallen lassen, ob er schon 2008 von NSA-Spitzeleien mit Hilfe des BND erfahren hat. Dokumente aus dem Untersuchungsausschuss des Bundestages legen das zumindest nahe.

Hat das Kanzleramt gelogen? SPD-Generalsekretärin Fahimi spricht von möglichen personellen Konsequenzen in der BND-NSA-Affäre, aber die Vizesprecherin der Regierung ist dagegen. Der U-Ausschussvorsitzende will Innenminister de Maizière nicht befragen.