IPO der Superlative AgBank plant Rekord
07.06.2010, 07:17 UhrDavon können deutsche Unternehmen nur träumen: Mit einem Emissionserlös von 30 Mrd. US-Dollar will die chinesische Agricultural Bank (AgBank) in den IPO-Olymp aufsteigen. Ein Spaziergang wird der Gipfelsturm allerdings nicht.
Anleger aufgepasst: Vergessen Sie alle Vorurteile, die sie chinesischen Unternehmen gegenüber haben. Denn bei diesem Konzern machen allein zwei nackte Zahlen Lust auf mehr. 350 Millionen Kunden, das sind mehr als die USA Einwohner hat, und rund acht Milliarden Euro Gewinn im vergangenen Jahr. Als einziges Manko erscheint in der heutigen Zeit, dass es sich um eine Bank handelt, und die befindet sich im Staatsbesitz. Noch in Staatsbesitz, muss es heißen. Denn Chinas Regierung braucht dringend Geld.
Die 1951 gegründete Agricultural Bank of China, kurz AgBank, soll an die Börse. Als letzte der ehemals vier großen Staatsbanken soll das Institut, das mit fast 450.000 Angestellten mehr als 24.000 Filialen und 30.000 Geldautomaten betreibt, aus dem Staatseigentum in die freie Marktwirtschaft entlassen werden. Bank of China, China Construction Bank und ICBC haben diesen Schritt bereits hinter sich und das chinesische Staatssäckel kräftig aufgefüllt. Die heute weltgrößte Bank ICBC sammelte bei ihrem "Initial Public Offering" im Jahr 2006 immerhin 22 Mrd. Dollar ein
AgBank, viertgrößter Geldgeber Chinas, könnte 270 Mrd. Aktien anbieten. Der angestrebte Erlös beträgt 30 Mrd. Dollar. Damit würde sie den Olymp der weltgrößten Börsengänge erklimmen. Der Gipfelsturm gestaltet sich aber aus mehreren Gründen schwieriger als gedacht.
Da wäre zum einen die weltweite Konjunkturflaute, die Hand-in-Hand mit der Schuldenkrise in der Euro-Zone dafür sorgt, dass die Investoren ihr Kapital beisammenhalten. Zum anderen lädt der Aktienmarkt in China derzeit nicht gerade zu Börsengängen ein: Seit rund einem Jahr befindet er sich in einem Abwärtstrend mit immer wieder kurzen Erholungsphasen. Der Shanghai Index fiel in diesem Zeitraum von etwa 3600 auf 2600 Punkte.
Wie viel Hunger hat der Markt?
Zudem gilt der chinesische IPO-Markt nach einer wahren Flut von Börsengängen unter Experten mittlerweile als gesättigt: An der Börse in Shanghai haben Unternehmen seit Anfang des Jahres bereits umgerechnet fast 40 Mrd. Euro eingesackt – ungefähr dieselbe Summe wie im gesamten Jahr 2009. Zur Sättigung trägt auch bei, dass viele chinesische Banken, die bereits börsennotiert sind, eine weitere Ausgabe von Anteilsscheinen im Milliardenvolumen planen.
Die angepeilten Kapitalerhöhungen könnten ein Hinweis auf den Geldbedarf der Finanzinstitute sein. Chinas Regierung hat bereits dreimal in diesem Jahr die Anforderungen an die Mindestreserven der Institute erhöht. Sie will damit erreichen, dass die Institute ihre Kreditvergabe drosseln und damit die Investitionen der Wirtschaft zurückgehen. Eine konjunkturelle Überhitzung soll dadurch verhindert werden.
"Plan B" in der Schublade
Das alles könnte dem AgBank-IPO auf die Füße fallen: Aus Finanzkreisen ist deshalb auch schon zu hören, dass die Agricultural Bank of China von ihrem hehren Ziel, 30 Mrd. Dollar zu erlösen, notfalls Abstand nimmt. Das Geld fließt so oder so in die Staatskassen. Die Kapitalbasis der Bank wird deshalb nur zum Teil gestärkt - in kreditintensiven Zeiten nicht unbedingt ein Vorteil.
Die Bank, die momentan zu gleichen Teilen dem Finanzministerium und dem Staatsfonds Central Huijin Investment gehört, baut bereits vor und befindet sich laut chinesischen Presseberichten bereits auf der Suche nach Investoren oder Partnern: Rabobank unterzeichnete einem Zeitungsbericht zufolge eine Vereinbarung für eine Zusammenarbeit. Die größte niederländische Bank wolle als Investor einsteigen, berichtete "Ming Pao Daily" Reuters zufolge.
Wie das Engagement der Niederländer letzten Endes aussehen soll, ist noch völlig unklar. Rabobank wollte sich dazu nicht äußern. Eine Kooperation der beiden Häuser würde wegen der Konzentration auf die Landwirtschaft aber Sinn machen. Bereits im Frühjahr hatte Rabobank eine Zusammenarbeit mit dem chinesischen Pendant ins Gespräch gebracht.
Wie auch immer: Die Formalia für ein IPO der AgBank sind Finanzkreisen zufolge demnächst erfüllt. Bereits am 10. Juni soll die Erlaubnis für die Notierung in Hongkong gesichert sein. Mitte Juli ist der Gang aufs Parkett geplant - zuerst am 15. Juli in Shanghai, einen Tag später dann in Hongkong.
Quelle: ntv.de