Wirtschaft

Cosco erhält geringeren Anteil Ampel fremdelt noch mit Hafen-"Notlösung"

Der Einstieg des chinesischen Staatskonzerns Cosco beim Hamburger Hafen verursacht lautes Gegrummel in der Ampel-Koalition. Während die Regierung den Deal mit einem Kompromiss zu retten versucht, werden Politiker von FDP und Grünen deutlich. Auch Ökonomen halten die Entscheidung für unglücklich.

Mehrere Ampel-Politiker kritisieren den sich abzeichnenden Kompromiss über den Einstieg des chinesischen Konzerns Cosco beim Hamburger Hafen. FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sagte: "So wenig, wie es in der Natur ein bisschen schwanger gibt, so wenig gibt es bei dem Hafendeal in Hamburg ein bisschen chinesisch. Entweder man lässt sich auf das Geschäft ein oder man lässt es", sagte sie. Strack-Zimmermann bezeichnete den Kompromiss mit einer geringeren chinesischen Beteiligung als einen "weiteren folgenschweren Fehler in Zeiten großer Ungewissheit". "Der biegsame Rücken gehört ins Hamburg Ballett, nicht in den Hamburger Hafen."

FDP-Vizechef Johannes Vogel äußerte sich zwar positiver: "Dass es jetzt nicht zu einer Sperrminorität kommt, ist ein Schritt in die richtige Richtung", sagte er der "Wirtschaftswoche". "Aber wir müssen verstehen, dass wir es im Fall von China mit einem System zu tun haben, das in fundamentalen Fragen anders tickt als wir. Da darf es keine Naivität und keine Schwäche geben." Vogel forderte ein "Stoppschild" für China sowie eine gemeinsame europäische Hafenstrategie, damit die großen Häfen nicht länger gegeneinander ausgespielt werden könnten. Eine Absprache sei aber nicht allein mit europäischen Partnern wichtig, "sondern wir sollten uns auch mit unseren transatlantischen Partnern und den marktwirtschaftlichen Demokratien im Pazifikraum wie Japan, Südkorea und Australien zu einer gemeinsamen Chinastrategie abstimmen."

Der Grünen-Außenpolitiker Anton Hofreiter lehnte auch eine chinesische Beteiligung von 24,9 Prozent ab. Zwar hätte China damit "deutlich weniger Einfluss" als bei einem Anteil von 35 Prozent. "Aber es wäre weiter kritisch, denn wir hätten weiterhin ein diktatorisches Regime, das mithilfe von Staatskonzernen sich bei uns in Infrastruktur einkauft", sagte Hofreiter im ARD-"Morgenmagazin".

Derzeit läuft noch die Ressortabstimmung zwischen den beteiligten Ministerien über den Deal. Es zeichnet sich ab, dass sich Cosco an einem Terminal des Hamburger Hafens beteiligen dürfen - aber nur mit einem kleineren Anteil. Cosco soll nicht wie geplant 35 Prozent des Terminals Tollerort übernehmen können, sondern nur 24,9 Prozent. In Regierungskreisen war von einer "Notlösung" die Rede. Am Mittwoch könnte sich das Kabinett damit befassen. Offen ist, wie sich der chinesische Konzern dann zu einer neuen Sachlage verhält.

Cosco soll nur Minderheitsaktionär werden

Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" von Montagabend hatten sich die sechs Ministerien, die den Deal bislang abgelehnt hatten, auf einen solchen Kompromiss geeinigt. Demnach werde die Bundesregierung eine sogenannte Teilversagung beschließen. Mit einer Beteiligung von 24,9 Prozent könnte Cosco als Minderheitsaktionär formal keinen inhaltlichen Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben.

Unter dem Eindruck der jüngsten Erfahrungen mit Russland und der Abhängigkeit von dessen Gaslieferungen war politischer Streit entbrannt über die Frage, ob eine chinesische Beteiligung zugelassen werden soll. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck warnte vor neuen Abhängigkeiten, ebenso FDP-Politiker. Bundeskanzler Olaf Scholz betonte zuletzt, dass noch nichts entschieden sei und noch viele Fragen geklärt werden müssten.

Warnungen vor Risiken kommen auch aus der Wissenschaft. Analyst Jacob Gunter vom China-Institut Merics warnte: "Cosco und seine Investition in den Hamburger Hafen bergen verschiedene Risiken für die Sicherheit und die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands." Cosco sei nicht nur ein weiteres multinationales Unternehmen, das einfach nur eine Rendite anstrebt - sondern ein Instrument der chinesischen Regierung, um deren strategische Ziele voranzutreiben. Je abhängiger Deutschland von Investitionen und Geschäften mit Cosco werde, desto mehr Einfluss könnten Cosco und Parteifunktionäre auf die deutsche China-Politik ausüben.

DIW-Präsident Marcel Fratzscher sagte: "Die Bundesregierung wiederholt den Fehler vieler vorheriger Bundesregierungen und setzt kurzfristige wirtschaftliche Interessen über langfristigen Wohlstand und Stabilität." Cosco erhalte über die Beteiligung an der Terminalgesellschaft "einen indirekten Einfluss und wichtige Informationen über eine kritische Infrastruktur in Deutschland und Europa". Deutschland und die EU sollten sich ein Beispiel an den USA nehmen und jegliche Beteiligung nicht-europäischer Unternehmen an wichtiger Infrastruktur nicht nur strikt untersagen, sondern auch wieder rückgängig machen. Dies sollte nicht nur für Unternehmen autokratischer Länder gelten, sondern für Unternehmen aller Nicht-EU-Länder.

Quelle: ntv.de, jog/AFP/dpa/rts

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