Schlagabtausch mit Middelhoff Arcandor-Insolvenzverwalter klagt
19.02.2011, 15:27 Uhr
High-Noon bei Arcandor:
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die Pleite des Handelsriesen Arcandor sorgt weiter für mächtigen Wirbel vor Gericht. Der ehemalige Konzernchef Thomas Middelhoff und Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg überziehen sich gegenseitig mit Klagen. Untreue und Prozessbetrug sind zwei der Stichwörter, die sich die Manager um die Ohren hauen.
Im Streit um die Pleite des Handelsriesen Arcandor beharken sich der ehemalige Konzernchef Thomas Middelhoff und Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg immer heftiger vor Gericht. Görg habe beim Landgericht Essen eine weitere Schadenersatzklage gegen Middelhoff, fünf Ex-Vorstände und zwei frühere Aufsichtsratsvorsitzende eingereicht, meldete "Der Spiegel". Auch "Bild am Sonntag" berichtete über die Klage. Der Insolvenzverwalter des Karstadt-Mutterkonzerns werfe den Managern vor, weit überzogene Bonuszahlungen und Abfindungen kassiert oder bewilligt zu haben. Fast 24 Mio. Euro wolle Görg von den Beschuldigten zurückholen, 15,9 Mio. Euro verlangt er laut "Spiegel" allein von Middelhoff. Görg war am Samstag nicht zu erreichen.

Ex-Chef Middelhoff soll zu dicke Boni und Abfindungen gezahlt haben und...
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Erst am Freitag hatte Middelhoffs Anwalt Winfried Holtermüller angekündigt, er wolle Strafanzeige wegen versuchten Prozessbetrugs gegen Görg stellen. Görg wiederum hatte im Sommer vergangenen Jahres ebenfalls vor dem Landgericht Essen Klage gegen Middelhoff und weitere frühere Führungskräfte eingereicht. Dabei geht es um Schadenersatzforderungen in Höhe von 175 Mio. Euro. Die Staatsanwaltschaft Bochum hatte im Oktober Wohn- und Geschäftsräume von Middelhoff durchsuchen lassen.
Millionen zu Unrecht?
In Görgs neuer Klage geht es den Berichten zufolge um Sonderboni für Middelhoff von 3,81 Mio. Euro zwischen 2006 und 2008, die der Manager "ohne rechtlichen Grund" erhalten habe. Außerdem seien Middelhoff bei seinem Ausscheiden 2,63 Mio. Euro zu viel überwiesen worden. Zudem sei Middelhoff statt mit Linienfliegern im Privatjet unterwegs gewesen, den Schaden für Arcandor daraus beziffert Görg laut "Bild am Sonntag" auf über vier Mio. Euro.
Middelhoffs Anwalt Hartmut Fromm erklärte, mit der Veröffentlichung "vermeintlicher Vorwürfe aus eine r Klageschrift desArcandor-Insolvenzverwalters" setze der "Spiegel" eine "Kampagne" gegen Middelhoff fort. Er behalte sich rechtliche Schritte vor.
Gegenüber "Bild am Sonntag" wies Fromm die Vorwürfe Görgs zurück. "Der Langzeitbonus ist bereits 2005 vertraglich geregelt worden. Das gilt auch für die Abfindungsvereinbarung, die vom Ständigen Ausschuss des Aufsichtsrats ordnungsgemäß beschlossen wurde", erklärte der Anwalt. Die Nutzung des privaten Charterjets sei ebenfalls vertraglich vereinbart und "dienstlich" gewesen.
25.000 Mitarbeiter in Existenzangst
Ex-Bertelsmann-Manager Middelhoff hatte das Arcandor-Ruder 2005 übernommen. Nach rund vier Jahren war er ausgeschieden und hatte die Führung an den ehemaligen Telekom-Manager Karl-Gerhard Eick übergeben - nach eine m Jahresverlust von eine r Dreiviertel Milliarde Euro. Wenige Monate später stellt Arcandor Insolvenzantrag. Im Herbst 2009 dann wurde die Karstadt-Schwester Quelle geschlossen - der Traditionsversender machte nach 82 Jahren dicht. Allein bei Karstadt zitterten jahrelang rund 25.000 Mitarbeiter um ihre Jobs und waren zu Gehaltseinbußen bereit, um die marode Warenhauskette zu retten.
Görg hatte auch das Karstadt-Insolvenzverfahren geleitet und 15 Monate mit eine m Team von rund 20 Insolvenzanwälten nach eine m Käufergesucht. Nach eine m Tauziehen mit Gläubigern und Vermietern Ende September 2010 brachte er die Warenhauskette beim Investor Nicolas Berggruen unter. Dafür erhielt der Anwalt 32,3 Mio. Euro einschließlich Mehrwertsteuer.
Quelle: ntv.de, rts