Wirtschaft

Schwarze Zahlen bei Karstadt Arcandor pokert hoch

Der insolvente Karstadt-Mutterkonzern Arcandor will sich so teuer wie möglich verkaufen. Dazu will das Unternehmen nicht nur mit Rivale Metro reden, sondern auch für andere Interessenten offen sein. Karstadt hat derweil in den vergangenen sechs Monaten offenbar einen Gewinn erwirtschaftet.

Arcandor-Chef Eick leistet "Kerner-Arbeit".

Arcandor-Chef Eick leistet "Kerner-Arbeit".

(Foto: dpa)

"Wir werden natürlich die Gespräche mit der Metro weiterführen, ob diese so oft diskutierte Deutsche Warenhaus AG eine Zukunft ist", sagte Eick im ZDF. "Aber wir werden diese Gespräche nicht nur mit der Metro suchen." Seit der Pleite der Karstadt-Mutter liegen die Gespräche über eine Warenhaus-Allianz mit Kaufhof-Eigner Metro auf Eis.

Eick kritisierte indirekt das von Metro-Chef Eckhard Cordes bislang unterbreitete Angebot. Der Rivale habe ausschließlich die attraktiven Karstadt-Häuser erwerben wollen, dadurch wäre die Insolvenz nicht verhindert worden. "Wir werden eine Lösung finden, die für die Mitarbeiter und das Unternehmen die Interessanteste ist." Wenn man mit mehreren Partnern verhandele, könnten bessere Preise für das Unternehmen erzielt werden.

Die Gewerkschaft Verdi sieht eine Allianz mit Metro skeptisch. "Wenn alle anderen Varianten schlechter sind, dann würden wir auch in diesen sauren Apfel beißen", sagte die stellvertretende Verdi-Chefin Margret Mönig-Raane in Berlin.

Plus bei Karstadt

Die Karstadt-Kaufhäuser laufen einem Zeitungsbericht besser als bekannt. Die Sparte habe im ersten Halbjahr des bis März laufenden Geschäftsjahrs einen operativen Gewinn von sieben Millionen Euro eingefahren, berichtet die "Financial Times Deutschland". Im gesamten vorigen Geschäftsjahr hatte Karstadt operativ einen Verlust von 272 Millionen Euro erlitten. Die neuen Zahlen gingen aus dem Gutachten über den gescheiterten Bürgschaftsantrag des Unternehmens hervor. Die Wirtschaftsprüfungsfirma PricewaterhouseCoopers (PwC) hatte für die Expertise Zugriff auf sämtliche Daten Arcandors. Der Konzern will die Ergebnisse erst am 18. Juni veröffentlichen.

PwC lobt dem Bericht zufolge die Geschäftsentwicklung. "Bezogen auf die Umsatzrendite zeigt sich bei Karstadt ein klar positiver Trend", zitiert die Zeitung aus dem Gutachten. Ihre Skepsis bezüglich der Kreditbürgschaft über 650 Millionen Euro begründeten die Wirtschaftsprüfer vor allem mit dem fehlenden Kapitalpuffer. Arcandor verfüge "nach den Restrukturierungsaktivitäten der vergangenen Jahre mittlerweile über keine freie Substanz mehr".

Im zweiten operativen Kerngeschäft Arcandors, dem unter Primondo zusammengefassten Versandhandel mit der Hauptmarke Quelle, sehe es dagegen schlechter aus, schreibt das Blatt weiter. Allein in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahrs sei ein operativer Verlust von 57 Millionen Euro aufgelaufen.

Merkel will helfen

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Arcandor Unterstützung beim Insolvenzprozess zugesagt. Die Politik könne etwa über die Bundesagentur für Arbeit oder Stadtentwicklungsprogramme hilfreich zur Seite stehen, sagte Merkel im ZDF. "Die Chancen, die in dieser Insolvenz bestehen, die wollen wir nutzen", fügte sie hinzu.

Zugleich verteidigte Merkel die Entscheidung, dem Handels- und Touristikkonzern keine finanzielle Staatshilfe zu gewähren. Das Unternehmen sei nach einhelliger Auffassung schon 2008 in Schwierigkeiten gewesen und erfülle daher nicht die Voraussetzungen. Sie verstehe aber die Ängste der Mitarbeiter, die Opfer einer verfehlten Unternehmenspolitik geworden seien.

Derweil hält Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg Staatshilfen für Arcandor auch im laufenden Insolvenzverfahren für möglich. "Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch im weiteren Verfahren noch der Ruf nach Staatshilfe kommt. Das wäre nicht außergewöhnlich und war bei anderen größeren Insolvenzen schon der Fall", sagte der CSU-Politiker dem "Handelsblatts". Deshalb bleibe die Regierung in engem Kontakt mit allen Verantwortlichen, "mit dem nötigen Fingerspitzengefühl und ohne pauschale Heilsversprechen". Zunächst müsse es jedoch darum gehen, dass die Privatwirtschaft eine Lösung finde.

Die Weichen für die Zukunft des insolventen Konzerns mit über 50.000 Beschäftigten werden womöglich bereits in der kommenden Woche gestellt. "Ziel ist es, sich bis nach dem Wochenende einen ersten Überblick zu verschaffen", sagte der Sprecher des Insolvenzverwalters Klaus Hubert Görg. "Die Stabilisierung des Geschäftsbetriebs hat erste Priorität." Dazu spreche der Insolvenzverwalter derzeit mit den Führungskräften des Konzerns. "Es geht dabei auch um Liquiditätsplanung und die Beziehung zu den Lieferanten", sagte der Sprecher weiter.

Arcandor hatte am Dienstag Insolvenzantrag gestellt, nachdem die Bundesregierung Staatshilfen abgelehnt hatte. Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick will den Konzern mit seinen drei Säulen Warenhaus, Versandhandel und Touristik "als Ganzes" erhalten. Von der Pleite betroffen sind nach Unternehmensangaben 43.000 Beschäftigte in Deutschland.

Metro lässt nicht locker

Mandac: "Zur Lage bei Karstadt haben Managementfehler geführt."

Mandac: "Zur Lage bei Karstadt haben Managementfehler geführt."

(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)

Metro signalisierte Gesprächsbereitschaft. "Wir stehen zu unserem Angebot. Etwa 60 Karstadt-Standorte würden wir gerne übernehmen und damit auch dem Großteil der Mitarbeiter eine sichere und langfristige Perspektive bieten", sagte Kaufhof-Chef Lovro Mandac der "Wirtschaftswoche". Karstadt hat 89 Filialen. "Zudem würden wir sicherlich auch eine größere Anzahl von Mitarbeitern aus der Karstadt-Hauptverwaltung in Essen übernehmen wollen", sagte Mandac. "Wir würden uns jeden Standort einzeln näher anschauen, sobald der Insolvenzverwalter Interesse hinsichtlich der Übernahme von Karstadt-Warenhäusern durch Kaufhof signalisiert hat und uns in diesem Zuge auch Einblick in die Geschäftsunterlagen gewährt", sagte Mandac. Es gebe nur in 32 Städten Überschneidungen von Kaufhof und Karstadt.

"Bei Karstadt haben aus meiner Sicht insbesondere Managementfehler zu der aktuellen Lage geführt", betonte Mandac. Ein Warenhaus habe Kernkompetenzen - dazu gehörten in erster Linie Sortiment und Warenbeschaffung. Karstadt habe große Teile dieses Bereiches ebenso wie die Logistik und die IT ausgelagert. "Das sind die Herzstücke des Geschäfts, die würde ich niemals aus der Hand geben." Mandac zeigte sich optimistisch, dass Kaufhof die Karstadt-Probleme lösen könne. "Das Übertragen des Galeria-Modells würde den Karstadt-Filialen die Möglichkeit geben, sich völlig neu aufzustellen", sagte er.

Eine Fusion der Warenhausketten Karstadt und Kaufhof wäre nach Ansicht von Behördenchef Bernhard Heitzer ein Fall fürs Bundeskartellamt. "Wir würden einen möglichen Zusammenschluss zwischen Kaufhof und Karstadt genau prüfen", sagte  der Präsident des Bundeskartellamtes der "Süddeutschen Zeitung". Dem Kaufhof-Mutterkonzern Metro sei signalisiert  worden, dass die wettbewerbliche Einschätzung derzeit noch völlig  offen sei. Zudem würde sich das Kartellamt bei der EU-Kommission um  Verweisung des "rein nationalen Falls" bemühen, sagte Heitzer der Zeitung.

Weitere Interessenten

Während sich die Verantwortlichen in Essen Gedanken machen, wie der Konzern als Ganzes saniert werden kann, bringen sich neben der Metro weitere Interessenten für Unternehmensteile in Stellung. Für die Versandhandelsparte Primondo rund um die Traditionsmarke Quelle gibt es Regierungskreisen zufolge mehrere Interessenten aus dem In- und Ausland. Interesse hatte etwa Konkurrent Otto gezeigt, der mit seiner Tochter Sport-Scheck auch als möglicher Käufer für die Sporthäuser von Karstadt gilt.

Auf die Reisetochter Thomas Cook, die fast 60 Prozent zum Konzernumsatz und annähernd 90 Prozent zum operativen Ergebnis beiträgt, hat die Rewe-Gruppe ein Auge geworfen. Cook ist von der Insolvenz ebenso unberührt wie die Spezialversender von Primondo und der TV-Shopping-Sender HSE 24.

Quelle: ntv.de, nne/afp/rts

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