Wirtschaft

Widersprüchliche Signale Athen darf auf Hilfe hoffen

Vor dem EU-Gipfel zeichnet sich eine klare Rückendeckung der Gemeinschaft für das krisengeschüttelte Griechenland ab. "Wir müssen Griechenland unterstützen", sagt der spanische Regierungschef Zapatero. Der österreichische Kanzler Faymann wird konkret. Doch Berlin und Paris halten sich merklich zurück.

Eine Sokrates-Staue vor der griechischen Nationalbank.

Eine Sokrates-Staue vor der griechischen Nationalbank.

(Foto: REUTERS)

Ob und wie die Europäische Union dem hoch verschuldeten Griechenland hilft, bleibt unklar. Im Vorfeld des Treffens der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel gibt es widersprüchliche Signale. Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann sagte, die Euro-Länder wollen Griechenland mit Krediten unter die Arme greifen. "Es läuft auf Kreditlinien hinaus", sagte er vor dem EU-Sondergipfel in Brüssel. Das Geld könne mit Hilfe des Internationalen Währungsfonds IWF vergeben werden. "Es geht nicht um geschenktes Geld oder um Subventionen, sondern es geht um Kredite mit Zinsen, die man zur Verfügung stellt, um möglichst rasch einem Land zu helfen, damit es hier nicht auf den Finanzmärkten zu Irritationen kommt", sagte Faymann.

Konkrete Hilfen der Euro-Partner oder bilaterale Rettungsmaßnahmen einzelner Länder wird es nach Angaben aus dem Umfeld der Bundesregierung nicht geben. "Es gibt keine Entscheidung zu solchen Hilfen, und sie steht auch nicht an", verlautete aus dem Regierungsumfeld in Berlin. "Sie stehen nicht auf der Agenda", hieß es weiter. Es würden zwar verschiedene Situationen durchgespielt. Die Bundesregierung sehe aber Athen in der Verantwortung.

Skepsis in Berlin

"Die Übernahme von Schulden durch andere Staaten (seitens der EU) ist unzulässig, damit ist alles gesagt", erklärten Regierungsvertreter. Das für die EU geltende Verbot einer gemeinsamen Rettungsaktion für ein Land gelte auch für die nationale Ebene. "Grundsätzlich gilt das Bail-out-Verbot nicht nur für Gemeinschaftsinstrumente, sondern auch für bilaterale", hieß es. Diese Klausel des EU-Vertrags stellt sicher, dass ein Euro-Land nicht für Verbindlichkeiten und Schulden anderer Teilnehmerländer haften oder aufkommen muss. Für die Rückzahlung öffentlicher Schulden sind die Staaten selbst verantwortlich.

In Griechenland fallen wegen eines Streiks sämtliche Flüge aus.

In Griechenland fallen wegen eines Streiks sämtliche Flüge aus.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Es gebe in der Bundesregierung keine Zweifel an der Zahlungsfähigkeit Griechenlands, beschwichtigte Berlin.Die griechische Regierung habe ihre Staatsanleihen zuletzt zwar "nicht billig", aber immer "problemlos" finanzieren können. Es bestehe für Athen derzeit auch kein Finanzierungsbedarf.

"Wir müssen Griechenland unterstützen", sagte dagegen der spanische Regierungschef und amtierende EU-Ratspräsident José Luis Rodríguez Zapatero. Französischen Diplomaten zufolge wollen Paris und Berlin bei dem Treffen den Staats- und Regierungschefs lediglich vage Hilfsvorschläge unterbreiten. Die EU und insbesondere die Eurogruppe würden Griechenland zur Seite springen, sagte Zapatero in Brüssel. Dortige Diplomaten sagten, dass "eine bestimmte Anzahl" von EU-Mitgliedstaaten bei dem Spitzentreffen am Donnerstag in einer Erklärung ihre Unterstützung zum Ausdruck bringen würden.

Aus Diplomatenkreisen in Paris will die Nachrichtenagentur AFP erfahren haben, dass die deutsch-französischen Vorschläge auf dem Gipfel einen gemeinsamen Rettungsplan ergeben könnten und damit ein "Signal an die Spekulanten" auf den Finanzmärkten gesendet würde. Die angestrebte Erklärung dürfte aber lediglich "Ziele und große Prinzipien" zur Lösung der griechischen Schuldenkrise beinhalten. Über konkrete Hilfen dürfte dagegen erst später entschieden werden. Vor allem Berlin sei bei einigen Punkten "zurückhaltend" gewesen.

Einig seien sich Paris und Berlin, dass ein Eingreifen des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu diesem Zeitpunkt nicht nötig sei, sagten französische Diplomaten. Die Lösung des Problems obliege "zunächst der Verantwortung der Griechen und der Euro-Zone". Eine Schuldenübernahme durch andere Mitgliedstaaten ist nicht mit EU-Recht vereinbar. Im Gespräch sind deshalb unter anderem zwischenstaatliche Kredite oder eine gemeinsame Anleihe der Euro-Länder.

Kein deutscher Alleingang

Zuvor hatte es in Berlin geheißen, es sei nach wie vor offen, ob und wie Deutschland sich im Rahmen eines europäisch abgestimmten, an Bedingungen geknüpften und bilateralen Hilfspakets für das Euro-Mitglied Griechenland beteiligt. Die Bereitschaft ist aber offenbar gering. Verschiede Szenarien würden dennoch durchgespielt, hieß es weiter. Es werde allerdings keinen deutschen Alleingang geben. Da die europäischen Verträge keine Schuldenübernahme durch andere EU-Staaten erlauben, sind in Europa unter anderem bilaterale Kredithilfen und eine gemeinsame Anleihe der Euro-Länder im Gespräch

Während Berlin zunächst weitere Anstrengungen Athens zur Bewältigung der Haushaltskrise sehen will, drängen andere EU-Länder Deutschland zu rascher Hilfe.

Das hochverschuldete Griechenland will nach eigenen Angaben "alles Notwendige" tun, um sein Haushaltsloch in diesem Jahr zumindest um vier Prozentpunkte zu verringern. Die Regierung werde alle nötigen Maßnahmen ergreifen, um ihr Ziel zu erreichen, nämlich das Defizit dieses Jahr von 12,7 auf 8,7 Prozent zu bringen, sagte der griechische Regierungschef Giorgos Papandreou nach einem Arbeitsessen mit Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy in Paris.

Athen will "Verschnaufpause"

Griechenland hat in den vergangenen Jahren Rekordschulden angehäuft und die tatsächlichen Zahlen lange Zeit vertuscht - im Herbst wurde dann bekannt, dass das Defizit 2009 nicht etwa bei 3,7 Prozent, sondern bei 12,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) liegen werde. Die Regierung kündigte ein Sparprogramm an, das allerdings in weiten Teilen der Bevölkerung auf Widerstand stößt. So demonstrierten tausende Staatsbedienstete gegen die drastischen Sparpläne.

Papandreou machte im Elysée-Palast dem Vernehmen nach deutlich, dass er zur Zeit keine weiteren Einschnitte ankündigen kann, ohne neuen Ärger in der Bevölkerung zu provozieren. "Verschnaufpause" - so lautet das Zauberwort in Athen. Ob die Europäer bereit sind, diese zu gewähren, werde sich beim Gipfeltreffen am Donnerstag zeigen, meinten Diplomaten. In der zurückliegenden Woche hatte die EU-Kommission Papandreous Sparplan gebilligt. Bei dem informellen Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel werde Griechenland darlegen, wie es die Haushaltskrise nachhaltig bewältigen werde, hieß es. Ein positives Ergebnis des Treffens könnte sein, dass Griechenland glaubhaft sein Hilfsprogramm darlegen könne und Athen und die EU-Kommission sowie die Europäische Zentralbank (EZB) sich über den Umfang der Sparmaßnahmen einig sind. Das würde auch die Märkte überzeugen, hieß es. Kommission und EZB hatten zuletzt Nachbesserungen gefordert.

Moody's droht

Unterdessen droht die Rating-Agentur Moody's Griechenland mit einer schlechteren Bewertung seiner Kreditwürdigkeit. Sollte sich die Lage der öffentlichen Finanzen nicht deutlich verbessern, bestehe das Risiko einer Herabstufung der Bonität um mehrere Noten, erklärte Moody's. Sollten die von der Regierung in Athen angekündigten Haushaltsreformen nur teilweise umgesetzt werden, drohe sogar eine Verschlechterung auf "Baa1". Schon bei geringen Abstrichen an dem Sparprogramm sei in den kommenden Monaten die Note "A3" zu erwarten, erklärte die Agentur. Derzeit bewertet Moody's griechische Anleihen mit der Note "A2" - "A3" ist eine Stufe darunter, "Baa1" zwei Stufen. In Folge der Moody's-Äußerungen stieg der Risikoaufschlag auf zehnjährige griechische Anleihen um elf Basispunkte auf 297 Basispunkte über den vergleichbaren deutschen Papieren.

Quelle: ntv.de, jga/dpa/rts/AFP

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