Wirtschaft

Börse auf Talfahrt Athens Schuldenberg wächst

Griechenlands Regierung versucht, das Vertrauen der EU und der Finanzmärkte wiederzugewinnen. Nun stellt ein Ausschuss fest: Die Schulden des Landes sind möglicherweise deutlich höher als bisher bekannt.

(Foto: REUTERS)

Griechenlands Staatsschulden sind möglicherweise noch höher als die offiziell bezifferten 300 Mrd. Euro. Das berichtet die Zeitung "Kathimerini. Demnach habe der unabhängige Ausschuss zur Untersuchung der Finanzdaten des Landes festgestellt, dass bestimmte offene Verpflichtungen potenziell als Staatsschulden betrachtet werden könnten. Dazu zählten unbezahlte Forderungen von Lieferanten, Zinsgeschäfte mit Geschäftsbanken und Schuldengarantien für Staatsunternehmen.

Das finanzielle Chaos Griechenlands verdecke Staatsschulden in Höhe von "vielen Milliarden Euro", hieß es unter Berufung auf den Ausschussbericht. Das Gremium war gegen Ende vergangenen Jahres auf Geheiß der neu gewählten Regierung gebildet worden. Er besteht aus Vertretern der Zentralbank, mehrerer Denkfabriken und des griechischen Bankenverbandes.

Börse blickt nach unten

Unterdessen setzen die Finanzprobleme Griechenlands der Börse in Athen zu und sorgen für anhaltend starken Verkaufsdruck. Das Börsenbarometer ASE rutschte mehr als 3 Prozent ab und fiel damit deutlich unter die psychologisch bedeutsame 2000er Marke. Nächstes Ziel seien nun 1900 Zähler, hieß es. Bereits am Mittwoch hatte der ASE 3 Prozent verloren. Während die Mehrzahl der europäischen Börsen seit Jahresbeginn Kursgewinne oder allenfalls moderate Verluste verzeichnet hat, haben sich griechische Aktien im Schnitt um mehr als 10 Prozent verbilligt.

Vor allem die Aktien der Banken stehen unter Druck. Vor allem starke Leerverkäufe sorgen für Druck auf den Index. Bei Leerverkäufen spekulieren Investoren auf fallende Kurse. Im Finanzsektor verlieren National Bank 6 Prozent, Alpha Bank 5,2 Prozent, Piraeus Bank 5,9 Prozent und Eurobank 7,3 Prozent.

Auch am Anleihemarkt macht sich das Misstrauen der Anleger bemerkbar. Die Versicherungsprämien gegen den Ausfall Griechenlands mit einer Laufzeit mit einem Jahr zogen deutlich an und notierten im Verlauf bei 485 Basispunkten nach zuvor 450 Basispunkten. Damit preisten die Marktteilnehmer ein Stressszenario ein. Dies werde dadurch verstärkt, dass die Ausfallprämien für fünfjährige Papiere mit 363 Basispunkten nach 350 deutlich niedriger notierten. Das bedeutet, dass Investoren bereits mit einem schnellen Ausfall des Schuldners rechneten.

Am Mittwoch waren die Kosten für die Versicherung griechischer Staatsanleihen gegen Zahlungsausfälle auf Sicht von fünf Jahren auf jährlich 345.500 Euro je 10 Mio. Euro Anleihevolumen gestiegen. Am Dienstag wurde der Zahlungsausfall noch für 317.000 Euro versichert. Beobachter vergleichen die Entwicklung mit Island. Isländische CDS (Credit Default Swaps) hätten kurz vor dem Zusammenbruch auf ähnlichem Niveau notiert. CDS sind Finanzinstrumente, mit denen Kredite versichert werden können.

Proteste und Streiks

Mit Blockaden wollen Landwirte ihrer Forderung nach Subventionen Nachdruck verleihen.

Mit Blockaden wollen Landwirte ihrer Forderung nach Subventionen Nachdruck verleihen.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Griechenland steht unter scharfer Beobachtung seitens der Europäischen Union, der Finanzmärkte und der Ratingagenturen. Im Herbst hatte die neue sozialistische Regierung in Athen das Defizit für 2009 auf 12,7 Prozent revidiert und zudem Manipulationen der Schuldenstatistik durch die Vorgängerregierung offenbart. Die Rating-Agenturen stuften daraufhin die Bonität des Landes herab, womit sich neue Kredite verteuern. Das Mittelmeerland will nun binnen drei Jahren die desolaten Staatsfinanzen wieder in Ordnung bringen. Die EU-Obergrenze für das Defizit von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) soll 2012 wieder eingehalten werden.

Die Regierung in Athen hat ein drastisches Sparprogramm angekündigt, außerdem sollen Steuern erhöht werden. Diese Pläne stoßen aber in Teilen der Bevölkerung auf wenig Gegenliebe. Nach dem öffentlichen Dienst kündigte mittlerweile auch die Dachgewerkschaft des privaten Sektors für Februar Streiks an. Griechische Bauern blockierten aus Protest gegen den Sparkurs wichtige Straßenverbindungen.

Im Februar will die EU über eine Verschärfung des Defizit- Strafverfahrens gegen Athen in Richtung von Strafmaßnahmen beraten. Die Kommission wird nach derzeitigem Fahrplan Ende Januar dazu einen Vorschlag machen. Allein im laufenden Jahr soll es drei Kontrollen geben. De facto bedeutet dies, dass der griechische Haushalt unter EU- Aufsicht gestellt wird.

Sollte Griechenland es bis Juni nicht schaffen, das Ruder herumzureißen, könnte die EU das Verfahren weiter verschärfen - dann wäre die Ebene von Sanktionen wie Geldbußen oder der Sperrung von neuen Geldern aus dem sogenannte Kohäsionsfonds erreicht. Mit diesem Fonds fördert die EU ärmere Regionen. Griechenland ist in der EU größter Profiteur dieses Topfes. 2008 flossen 4,7 Milliarden Euro in das Land.

Quelle: ntv.de, jga/Dj/rts/dpa

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