Wirtschaft

Anleger verkaufen Bayer-Aktie stürzt nach Urteil ab

Bayer kündigte an, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen.

Bayer kündigte an, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen.

(Foto: picture alliance / Oliver Berg/d)

Für Bayer droht der teuerste Zukauf in der Firmengeschichte zum Milliardengrab zu werden: Das US-Urteil zum hohen Schadenersatz gegen das neue Tochterunternehmen Monsanto, löst eine massive Verkaufswelle bei der Aktie des Chemie-Riesen aus.

Nach der Verurteilung des Agrarkonzerns Monsanto zur Zahlung von fast 290 Millionen US-Dollar Schadenersatz strafen Anleger den Mutterkonzern Bayer ab. Ein Gericht in San Francisco befand, dass die glyphosathaltigen Unkrautvernichtungsmittel von Monsanto "wesentlich" zur Krebserkrankung eines ehemaligen Hausmeisters beigetragen hätten.

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Investoren reagieren verunsichert und schicken die Bayer-Aktie auf Talfahrt. Das Wertpapier bricht um über 11 Prozent ein und drückt den Leitindex DAX um etwa 100 Punkte. Zwar glaubt man im Handel, dass die Höhe der Zahlung in Berufungsverfahren deutlich reduziert wird, nicht aber, dass Bayer ungeschoren davonkommen wird. Zudem verweisen Experten darauf, dass mit dem Urteil das Risiko anderer Klagen gestiegen sei und auf Bayer Strafzahlungen in Milliardenhöhe zukommen könnten.

Zwar sei Bayer gegen die Rechtsrisiken zum Teil versichert, heißt es von Independent Research (IR). Allerdings stiegen die finanziellen Risiken wegen möglicher Vergleichszahlungen zur Vermeidung langwieriger gerichtlicher Auseinandersetzungen. Darüber hinaus seien auch die negativen Auswirkungen durch langfristige Imageprobleme nicht zu vernachlässigen. Letztlich sei der Ausgang des Verfahrens derzeit aber noch gar nicht genau abzuschätzen.

So halten es Analysten der DZ Bank mit Blick auf die Entwicklung in der US-Tabakindustrie durchaus für möglich, dass das negative erstinstanzliche Urteil gegen Monsanto/Bayer in der Revision abgewiesen wird. Im Fall der US-Tabakfirmen seien Ansprüche aus erstinstanzlichen Urteilen in der Regel in späteren Revisionen widerrufen worden. Nicht auszuschließen sei jedoch ein gewisser Reputationsschaden von Glyphosat im US-Markt.

Urteil könnte Signalwirkung haben

Das Geschworenengericht in San Francisco hatte Monsanto verurteilt, dem an Krebs erkrankten früheren Hausmeister Dewayne Johnson Schadenersatz in Millionenhöhe zu zahlen. Der US-Konzern habe den Mann und andere Verbraucher nicht ausreichend über das Krebsrisiko der Unkrautvernichter "Ranger Pro" und "Roundup" informiert zu haben. Die Jury sprach ihm 39,2 Millionen Dollar Entschädigung zu und zusätzlich 250 Millionen Dollar als Strafzahlung.

Monsanto muss Johnson Schadenersatz in Millionenhöhe zahlen. Das Unternehmen habe den früheren Hausmeister nicht ausreichend über das Krebsrisiko seiner Unkrautvernichter aufgeklärt.

Monsanto muss Johnson Schadenersatz in Millionenhöhe zahlen. Das Unternehmen habe den früheren Hausmeister nicht ausreichend über das Krebsrisiko seiner Unkrautvernichter aufgeklärt.

(Foto: picture alliance/dpa)

Das Urteil könnte Signalwirkung für andere Klagen haben. Einige hundert Landwirte, Gärtner und private Verbraucher werfen dem US-Agrarchemiekonzern ebenfalls vor, "Roundup" habe bei ihnen Lymphdrüsenkrebs ausgelöst. Monsanto streitet diesen Zusammenhang ab. Die Frage ist auch unter Experten umstritten; die meisten Behörden weltweit halten Glyphosat für nicht krebserregend. Einzig die Krebsforschungsagentur bei der Weltgesundheitsorganisation WHO stufte den Stoff 2015 als "wahrscheinlich krebserregend" ein.

Trotz des millionenschweren Schadenersatz-Urteils in den USA bleibt es in Europa bei der Zulassung des Unkrautvernichters in Europa. Die EU-Kommission verwies in Brüssel auf die Entscheidung vom Dezember, das Mittel grundsätzlich weitere fünf Jahre auf dem Markt zu lassen. Es liege aber in der Hand der Mitgliedsstaaten, Lizenzen für die Nutzung zu erteilen. So soll nach Ansicht des Bundesumweltministeriums ab 2021 Glyphosat nicht mehr verwendet werden. "Es gilt der Koalitionsvertrag, dass die Anwendung von Glyphosat grundsätzlich innerhalb dieser Legislaturperiode zu beenden ist", sagte ein Ministeriumssprecher.

Bayer kritisiert das Urteil

Monsanto kündigte nach der Entscheidung des Gerichts umgehend Berufung an. Die Produkte hätten eine 40-jährige Geschichte der sicheren Anwendung und seien weiterhin ein "wichtiges, wirksames und sicheres Mittel für Farmer und andere Anwender, so das US-Unternehmen.

Auch Bayer kritisierte das Urteil. Der Konzern sei "der Auffassung, dass das Urteil der Jury im Widerspruch steht zu bestehenden wissenschaftlichen Erkenntnissen, jahrzehntelangen praktischen Erfahrungen und den Einschätzungen von Regulierungsbehörden weltweit", heißt es in einer Stellungnahme der Bayer AG. "Alle diese Erkenntnisse, Erfahrungen und Einschätzungen bestätigen, dass Glyphosat sicher ist und nicht das Non-Hodgkin-Lymphom verursacht." Der Konzern kündigte ebenfalls an, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen.

Ein Unternehmenssprecher wollte sich nicht dazu äußern, ob Bayer Rückstellungen für den Rechtsstreit gebildet hat und verwies darauf, dass die beiden Unternehmen trotz der Übernahme bislang noch weiterhin unabhängig voneinander operativ tätig sind.

Bayer hatte die Übernahme von Monsanto, mit 62,5 Milliarden Dollar die größte in der Unternehmensgeschichte, vor gut zwei Jahren angekündigt. Damals gab es bereits Bedenken, ob der Deal Bayer angesichts der Kritik an dem Unkrautvernichter möglicherweise Risiken berge. Das Totalherbizid "Roundup" ist einer der großen Umsatzbringer von Monsanto.

Quelle: ntv.de, hny/dj/dpa

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