Wirtschaft

"Kauflaune schwer zu bändigen" Bitcoin springt locker über die 23.000 Dollar

Eine große Werbung für Bitcoin in Tokio. Japan gilt als eine Hochburg für den Handel mit Digitalwährungen wie Bitcoin.

Eine große Werbung für Bitcoin in Tokio. Japan gilt als eine Hochburg für den Handel mit Digitalwährungen wie Bitcoin.

(Foto: picture alliance / Koji Sasahara/AP/dpa)

Es ist ein raketenhafter Anstieg: Nachdem der Bitcoin die Marke von 20.000-Dollar geknackt hat, steigt der Kurs immer schneller. In der Nacht nimmt er die 22.000 und am Morgen schon wieder die nächste Tausendermarke. Experten beobachten die Rally mit gemischten Gefühlen.

Der Bitcoin kennt kein Halten mehr. Seit gestern überspringt die älteste und wichtigste Cyber-Währung in unglaublichem Tempo eine Tausendermarke nach der anderen. Auf der Handelsplattform Bitstamp hat sie am Morgen bereits die Marke von 23.000 Dollar genommen - das sind 5000 Dollar mehr als er noch Anfang der Woche wert war. So teuer war der Bitcoin noch nie. Erst am Vortag hatte er die psychologisch wichtige Marke von 20.000 Dollar genommen, vor drei Jahren war er an dieser Hürde knapp gescheitert.

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Angesichts der immensen Kursbeschleunigung warnen Beobachter davor, dass jederzeit Gewinnmitnahmen einsetzen und der Kurs einknicken könnte. Ob und wann das passiert, daran scheiden sich die Geister. Zumal in den vergangenen Jahren die Akzeptanz des Bitcoin deutlich zugenommen hat. Lange Zeit interessierten sich vor allem Anleger mit kleinerer Kasse für digitale Währungen. Inzwischen sind auch professionelle Investoren hellhörig geworden.

Ein wichtiger Treiber des Bitcoin-Kurses ist das wachsende Misstrauen vieler Anleger gegenüber Dollar und Euro. Die zahlreichen Rettungsprogramme der weltweiten Notenbanken, die in der Corona-Krise noch weiter hochgefahren werden, vergrößern die Geldflut immer weiter. Das schürt Inflationssorgen und Misstrauen gegenüber den traditionellen Währungen und stärkt gleichzeitig das Interesse an Alternativ-Währungen. Digitaldevisen wie der Bitcoin gehören damit auch zu den Profiteuren der Corona-Pandemie.

Ob die neuartigen Digitalwährungen einen Schutz gegen hohe Inflatiosnraten bieten, ist aufgrund der hohen Kursschwankungen zwar zweifelhaft. Doch immerhin hat der Bitcoin einen eingebauten Inflationsschutz vorzuweisen: Die Menge der Bitcoin, die durch das Bereitstellen von Rechenleistung in der Blockchain "geschürft" werden kann, ist auf 21 Millionen Einheiten begrenzt. Das ist ein wichtiger Unterschied zu Euro oder Dollar, die theoretisch unendlich gedruckt werden können.

Vor sechs Jahren kostete ein Bitcoin 375 Dollar

Viele Bitcoin-Fans sind deshalb der Meinung, dass sich Digitalwährungen zunehmend als ernst zu nehmende Alternative zu herkömmlichen Währungen durchsetzen könnten. Das wachsende Interesse wird nicht zuletzt auch durch die Digitalgeld-Bestrebungen großer Notenbanken wie der Europäischen Zentralbank (EZB) geschürt. Angesichts des aktuellen Bitcoin-Rausches scheint keine Experten-Prognose abwegig: Ganze 400.000 Dollar hält Scott Minerd von Guggenheim Investments je Bitcoin für möglich. Die Deckelung der Coins in Kombination mit der Geldplut der Notenbanken mache es möglich, zitiert die US-Agentur Bloomberg den Anlage-Chef.

Citigroup-Analyst Tom Fitzpatrick traut Bitcoin im kommenden Jahr einen Anstieg auf bis zu 318.000 Dollar zu, mit der derselben Begründung. Brian Estes, Chef-Anleger des Hedgefonds Off the Chain Capital, ist ebenfalls optimistisch. Er sieht den Kurs Ende 2021 bei 288.000 Dollar. "Ich habe schon gesehen, wie sich Bitcoin binnen eines Jahres verzehn-, verzwanzig- und verdreißigfacht hat." Die nun erreichte Verfünffachung des Kurses im Vergleich zum Tief vom März sei daher keine große Sache.

Auch Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade, argumentiert so. Er ruft dabei ein vergleichsweise niedriges Kursziel von 100.000 Dollar aus. "Beim Gedanken daran möchte man vielleicht lachen, aber man darf nicht vergessen, wo der Kurs vor sechs Jahren stand." Ende November 2014 kostete ein Bitcoin etwa 375 Dollar. Seither hat sich der Kurs mehr als verfünfzigfacht.

Beobacher warnen vor Rücksetzern

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Andere Experten reagieren auf solche Prognosen nur mit Kopfschütteln: "Keine der Bitcoin-Vorhersagen von Hedgefonds taugt etwas. Man kann eine Manie nicht in ein Modell gießen", sagt Kevin Muir, ein unabhängiger Kryptowährungshändler. Es sei zwar durchaus denkbar, dass Bitcoin auf 200.000 oder 300.000 Dollar steige. "Aber hat irgendjemand wirklich Ahnung? Nie im Leben!"

Auch Devisenhändler Juan Perez vom Finanzdienstleister Tempus ist skeptisch. Ein Bitcoin-Kurs von 100.000 Dollar wäre eine Wette auf den Kollaps des Weltfinanzsystems. "Die Regierungen der Welt werden das nicht zulassen." Und Timo Emden vom gleichnamigen Analysehaus warnt: Die Eroberung der Marke bei 20.000 Dollar habe den Weg für die Cyberdevise in den Mainstream freigemacht, sagt . Die Kauflaune sei offensichtlich nur schwer zu bändigen, was im Gegenzug die Volatilität erhöhe. "Damit wächst auch das Potenzial von kräftigen Rücksetzern."

Quelle: ntv.de, ddi/rts/dpa

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