Umsatz schrumpft, Stimmung steigt Branche hofft auf die Gamescom
15.08.2010, 21:00 UhrDie deutsche Computerspiele-Industrie erreicht eine neue Marktphase: Erstmals seit Jahren blickt die Zukunftsbranche auf ein leichtes Umsatzminus. Für Spiele-Entwickler, Konsolen-Hersteller und Händler hängt nun vieles davon ab, wie gut die Neuheiten der anstehenden Computerspielmesse beim Publikum ankommen.

Schwer bewaffnet mit einem fragenden Blick: Lara-Croft-Model Alison Carroll schien bereits 2008 zu ahnen, dass sich der Markt sehr schnell weiter entwickeln wird.
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Zum ersten Mal seit sieben Jahren geht der Umsatz mit Computerspielen in Deutschland leicht zurück. Das zumindest geht aus Studien des Branchenverbandes BIU sowie der Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PwC) hervor. Die Branchenvertreter vom BIU hatten ihre Studie ebenso wie die Marktbeobachter von PwC im Vorfeld der Gamescom vorgestellt. Die Computerspielmesse gilt als wichtigstes Branchenereignis Europas. Die Messe beginnt am 18. August in Köln.
Im ersten Halbjahr sei der Umsatz mit Computerspielen im Vergleich zum Vorjahr um 4 Prozent auf 632 Mio. Euro gesunken, erklärte der BIU. Die Stückzahlen schrumpften ebenfalls um 4 Prozent auf 24,7 Mio. verkaufte Einheiten. Für das Gesamtjahr erwartet BIU-Geschäftsführer Olaf Wolters "eine schwarze Null". Wolters kann sich dabei auf Angaben der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), die das Konsumentverhalten auch auf dem Gebiet der Computerspiele mit Hilfe repräsentativer Umfragen unter rund 25.000 Konsumenten ermittelt.

Hält für den Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) den deutschen Spielemarkt im Blick. Olaf Wolters.
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"Besonderes Sorgenkind" sind laut Verband die mobilen Spielkonsolen: Der Umsatz mit Software für Geräte wie Nintendo DS und Sonys Playstation Portable brach um ein Viertel ein. Grund sei wahrscheinlich, dass es in diesem Bereich schon länger keine großen Neuheiten mehr gegeben habe, sagte Wolters. Rückläufig entwickelten sich auch PC-Spiele. Dagegen gab es zumindest bei den Spielen für stationäre Videospielkonsolen wie die Xbox von Microsoft, die Wii von Nintendo oder die Playstation von Sony ein Plus.
Online-Spiele auf der Überholspur
Anzeichen, die auf ein Ende der Boom-Phase hindeuten, gibt es auf der Hardware-Seite längst: Dem Elektronikverband Bitkom zufolge werden 2010 deutlich weniger Spielekonsolen verkauft als in den Vorjahren. Der Umsatz mit den Geräten von Sony, Microsoft Nintendo und anderen werde um fast ein Zehntel auf rund 730 Mio. Euro schrumpfen, prognostizierte der Verband unter Berufung auf eine Umfrage von GfK media control. Damit läge das Umsatzvolumen für Konsolen der drei marktbeherrschenden Anbieter in diesem Jahr allein in Deutschland immerhin noch bei knapp einer dreiviertel Milliarde Euro.

Im Jahr 2006 präsentierte Nintendo die neuartige Bewegungssteuerung für die schneeweiße Wii in Deutschland. Damals fand die Games Convention noch in Leipzig statt.
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Einige der Geräte gelten mittlerweile als nicht mehr ganz auf der Höhe der Zeit. Große Hoffnungen im Handel ruhen daher auf den Neuvorstellungen zur Gamescom - zum Beispiel im Hinblick auf die neue 3D-Technologie und vor allem auch die berührungslosen Steuerungsgeräte. Nach dem Vorreiter Nintendo "Wii" kommen im Herbst 2010 nun auch Sony mit "Playstation Move" und Microsoft mit "Kinect" auf den Markt.
Einen anderen Grund für das schwache Abschneiden der deutschen Games-Industrie im ersten Halbjahr nannte BIU-Chef Wolters: Im zweiten Quartal hätten die Deutschen schlicht weniger Lust auf elektronische Unterhaltung gehabt. "Mit der Fußball-WM und der Hitzewelle hatte die Gamesbranche vor allem in den Sommermonaten eine starke Konkurrenz. Das spiegelt sich auch in den Umsatzzahlen wieder", sagte Wolters.
Knapp zwei Milliarden Euro
Die PwC-Experten kommen mit anderen Methoden zu einer ähnlichen Tendenz. Demnach gaben die Verbraucher im vergangenen Jahr für Spiele-Software und Online-Spiele 2,4 Prozent weniger aus als 2008, bei einem Volumen von insgesamt 1,8 Mrd. Euro. Das sei der erste Rückgang der Branche seit sieben Jahren, erklärte ein PwC-Sprecher. Für das laufende Jahr sei mit einer minimalen Steigerung um 0,4 Prozent auf knapp 1,81 Mrd. Euro zu rechnen.
Die Abweichungen zu den BIU-Zahlen erklären sich dadurch, dass die PwC-Experten in ihrer Marktbetrachtung nicht nur Datenträger, sondern auch den Download von Software sowie die Ausgaben bei Online-Spielen berücksichtigt. Gerade die Online-Spiele gelten als eines der wichtigsten Wachstumssegmente der vergangenen Jahre.
"Viele Konsumenten übten sich in Zurückhaltung, und auch Spielehersteller brachten aufgrund des schwierigen Marktumfelds weniger neue Titel auf den Markt", erklärte PwC-Experte Werner Ballhaus. Für 2011 erwartet PwC ein Wachstum von 1,5 Prozent, ab 2012 aber auch wieder Wachstumsraten von mehr als fünf Prozent. Die stärksten Impulse sollen dabei vom Online-Spielen ausgehen, gerade auch im mobilen Internet.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts