Wirtschaft

Krise bringt negative Renditen Bund verdient an Verschuldung

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(Foto: picture alliance / dpa)

Verkehrte Welt am Geldmarkt: Die anhaltende Flucht in Sicherheit treibt die Renditen kurzfristiger deutscher Schuldpapiere in den Minusbereich. Im Klartext: Deutschland zahlt für geliehenes Geld keine Zinsen, sondern bekommt von Investoren noch einen Obolus obendrauf.

Finanzminister Wolfgang Schäuble verdient beim Schuldenmachen erneut Geld. Die Auktion von Schatzanweisungen mit sechsmonatiger Laufzeit spülte dem Bund 3,29 Mrd. Euro in die Kasse. Die Investoren nahmen dafür sogar eine Rendite von durchschnittlich minus 0,0344 Prozent in Kauf, um in den Besitz der als ausfallsicher geltenden Papiere zu kommen. Die für das Schuldenmanagement des Bundes zuständige Finanzagentur sprach von einer positiven Resonanz der Anleger in einem sehr unruhigen Marktumfeld. "Das ist die bisher höchste negative Rendite bei Geldmarktinstrumenten", sagte ein Sprecher der Finanzagentur.

Die Zinsen für Bundeswertpapiere sind zuletzt wegen der eskalierenden Schuldenkrise in Europa in den Keller gerauscht. Während Spanien und Italien Investoren nur noch mit hohen Zinsen zum Kauf von Staatsanleihen locken können, gelten deutsche Papiere als sicherer Hafen. Anleger sind deshalb bereit, deutliche Abschläge bei der Rendite hinzunehmen. Bereits im Januar nahmen sie bei einer Emission eine negative Rendite in Kauf und zahlten dem Bund damit faktisch eine Prämie. In Frankreich gewährten die Käufer von Staatsanleihen mit Laufzeit von 13 und 24 Wochen dem Staat ebenfalls eine minimale Prämie - die negative Rendite lag hier bei 0,005 und 0,006 Prozent.

Folgen der Zinssenkung

Die Marktentwicklung ist auch eine Folge der jüngsten Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Die hatte im Zuge der Senkung des Leitzinses von 1,0 auf 0,75 Prozent den Einlagenzins auf 0,0 Prozent gesenkt. Banken, die ihre überschüssige Liquidität über Nacht bei der Zentralbank parken, erhalten damit keine Verzinsung mehr. Damit will die Notenbank verhindern, dass die Finanzhäuser aus Angst vor Verlusten ihr Geld lieber bei der Zentralbank bunkern, statt es durch Kreditvergabe dem Wirtschaftskreislauf zur Verfügung zu stellen.

Bei der aktuellen deutschen Emission überstieg die Nachfrage der Investoren das Angebot des Bundes um das 1,7-Fache. Die Anleger können die Bundeswertpapiere jederzeit am Sekundärmarkt wieder losschlagen und dabei im Fall steigender Kurse sogar auf einen Gewinn spekulieren. Ob Schäuble auch künftig mit einer Prämie rechnen kann, ließ die Finanzagentur offen. "Da muss man abwarten", sagte der Sprecher. "Wir haben historisch niedrige Zinsen. Auch Bundeswertpapiere folgen der allgemeinen Marktentwicklung." Die Europäische Zentralbank hatte den Leitzins für die Euro-Zone vorige Woche auf das Rekordtief von 0,75 Prozent gesenkt.

Im laufenden Jahr will sich der Bund insgesamt rund 255 Mrd. Euro am Kapitalmarkt beschaffen. In der ersten Jahreshälfte sammelte er bereits 136,5 Mrd. Euro ein.

Quelle: ntv.de, nne/rts

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