Weltmeister im Sparen China will Zinsen völlig freigeben
11.03.2014, 09:47 UhrPeking macht Tempo: Die Zinsen sollen liberalisiert, die Währung konvertibel werden. Die Bankenaufsicht beteuert, die Risiken durch Schuldenberge und Schattenbanken seien "unter Kontrolle". Zugleich arbeitet sie daran, dass der Yuan künftig eine größere Rolle spielt.
China treibt die Liberalisierung seiner Zinsen schneller als erwartet voran, so dass Spareinlagen attraktiver werden. "Ich persönlich denke, dass es sehr wahrscheinlich schon in ein bis zwei Jahren realisiert wird", sagte Zentralbankchef Zhou Xiaochuan. China werde auch die Konvertibilität seiner Währung vorantreiben. Die jüngste Abwertung des Yuan auf seinen niedrigsten Stand seit eineinhalb Jahren nannte Zhou Xiaochuan "normal" und eher vom Markt getrieben.
Der Zeitrahmen für die Zins-Liberalisierung ist konkreter als bisher genannte Pläne. Chinesen sind Weltmeister im Sparen, bekommen aber nur in einem engen Band festgelegte, sehr geringe Zinsen. Über die Jahre lagen die Zinsen weit unter der Inflationsrate. Banken hingegen profitierten von dem billigen Kapital. Anders ausgedrückt: Die bisherigen Höchstgrenzen für Einlagenzinsen wirken wie eine implizite Steuer für Sparer und subventionieren die Bankhäuser.
Nun will Peking den Chinesen mehr Anlagemöglichkeiten bieten und auch damit den Druck auf Banken verstärken, künftig höhere Zinsen anzubieten. Der Zentralbankchef rechnet damit, dass die Zinsen anfangs in die Höhe getrieben werden. Langfristig dürften sie sich aber mit Angebot und Nachfrage wieder zurück entwickeln, meinte Zhou Xiaochuan. Die Freigabe der Zinsen für Spareinlagen sei "der letzte Schritt der Liberalisierung der Zinsen", die Teil weitreichender Reformen im Finanzsektor sei.
Pilotversuch startet
China tastet sich zugleich an die Entwicklung von Banken in privater Hand heran. Die staatliche Banken-Regulierung kündigte ein entsprechendes Pilotprojekt in Shanghai, Tianjin, Zhejiang und Guangdong an. Es ist der erste zaghafte Schritt des Landes hin zu einer Öffnung seines bislang stark abgeschirmten Bankensektors für private Investoren.
Das Projekt war im Januar beschlossen worden. Es soll unter anderem den Wettbewerb fördern. Ziel ist eine bessere Geldversorgung für kleine und mittelgroße Firmen, die für den Großteil der Wirtschaftsleistung und der neuen Arbeitsplätze stehen. Bisher dominieren mächtige Staatsbanken die Branche, die vorwiegend die ebenfalls großen Staatsbetriebe bedienen.
Chinas kommunistische Führung hatte im November entschieden, dem Markt eine "entscheidende" Rolle einzuräumen. Angesichts hoher Schuldenberge, einem undurchsichtigen Schattenbankenwesen und versteckter Risiken im Finanzsystem wachsen auch in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt die Sorgen über finanzielle Instabilität. Der Chef der Bankenaufsicht, Shang Fulin, räumte "tatsächlich einige Risiken" ein: "Aber die Risiken sind insgesamt unter Kontrolle." Die Vorkehrungen für faule Kredite seien ausreichend.
Yuan soll den Dollar herausfordern
Wie Zentralbankchef Zhou Xiaochuan sagte, sollen die Marktkräfte auch den Einsatz des Yuan als Abrechnungswährung im internationalen Handel vorantreiben. Die globale Wirtschaftskrise seit 2008 biete eine Gelegenheit, die Internationalisierung des Yuan zu fördern, weil Zweifel am gegenwärtigen Finanzsystem entstanden seien, sagte Zhou Xiachuan. Marktteilnehmer seien eher geneigt, mit Yuan abzurechnen.
China müsse allerdings noch viele Hindernisse beseitigen. "Es muss noch eine Menge Arbeit geleistet werden." Es gebe "keinen Zeitplan". "Für eine völlige Internationalisierung haben wir noch einen weiten Weg vor uns", sagte er. Vage stellte Zhou Xiaochuan eine Lockerung der Kontrollen im grenzüberschreitenden Kapitalverkehr in Aussicht.
China werde die Internationalisierung des Yuan "nicht übermäßig vorantreiben", aber das Vertrauen in seine Währung fördern. Am Ende werde es aber den Marktteilnehmern überlassen, ob sie sich für den Yuan entscheiden. "Wer ihn benutzen will, kann ihn benutzen." Obwohl Chinas Zentralbank nach Angaben von Händlern die Abschwächung der chinesischen Währung vorantreibt, beteuerte Zhou Xiaochuan, hinter der Fluktuation im Wechselkurs steckten Marktkräfte.
Mit der Yuan-Schwäche will die Notenbank offenbar die Spekulanten verschrecken, die auf weitere Aufwertung setzten. Der seit Jahren ständige Wertzuwachs hatte viel "heißes Geld" an den Kapitalkontrollen vorbei nach China fließen lassen. Das erschwert die Bemühungen, die Risiken durch den aufgeblähten Immobilienmarkt, das Kreditwachstum und Schattenbankenwesen einzudämmen.
Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa/DJ