Wirtschaft

Blessing kündigt maues Jahr an Coba-Aktionäre leiden weiter

Commerzbank-Chef Martin Blessing gibt auch für 2012 nur eine verhaltene Prognose ab.

Commerzbank-Chef Martin Blessing gibt auch für 2012 nur eine verhaltene Prognose ab.

(Foto: picture alliance / dpa)

Commerzbank-Chef Martin Blessing lässt seine Aktionäre weiter zappeln: Ein konkretes Gewinnziel nennt er nicht, die Aussicht auf Gewinne ist alles andere als sicher. Dem Staat will die Krisenbank trotzdem erstmals Zinsen für ihre Finanzhilfen bezahlen. Sich selbst genehmigt der Bankchef eine stattliche Gehaltserhöhung.

Die teilverstaatlichte Commerzbank stimmt ihre leidgeprüften Aktionäre auf ein weiteres maues Jahr ein. "Die Rahmenbedingungen für unser Geschäft bleiben bis auf weiteres herausfordernd", sagte Vorstandschef Martin Blessing auf der Hauptversammlung in der Frankfurter Jahrhunderthalle. Die Euro-Schuldenkrise sei noch längst nicht überwunden, die Zinsen blieben niedrig und das Wirtschaftswachstum eher verhalten. Eine konkrete Gewinnprognose für 2012 traut sich Deutschlands zweitgrößtes Geldhaus deshalb weiter nicht zu. Blessing bekräftigte aber, in der Kernbank solle ein "solides" operatives Ergebnis geschafft werden. Zum laufenden zweiten Quartal äußerte sich der Bankchef in seiner Rede überhaupt nicht.

Das einst ausgegebene Gewinnziel von vier Mrd. Euro vor Steuern - formuliert im Strategie-Fahrplan "Roadmap 2012" - ist in weite Ferne gerückt, auch weil die Commerzbank wegen der Beinahe-Pleite und dem Schuldenschnitt in Griechenland milliardenschwere Abschreibungen bei seinem verlustreichen Immobilien- und Staatsfinanzierer Eurohypo schultern musste. 2011 hatte es die Commerzbank nur dank Sondereffekten in die Gewinnzone geschafft. Der Nettogewinn im ersten Quartal schrumpfte um fast zwei Drittel auf 369 Mio. Euro zusammen – der Preis dafür, dass die Bank ihr gigantisches Kapitalloch von 5,3 Mrd. Euro vorzeitig stopfte.

Der Erfüllung der Kapitalanforderungen der europäischen Bankenaufsicht EBA ordnete Blessing alles andere unter. Das von der EBA ausgemachte Kapitalloch von gut fünf Mrd. Euro ist bereits gestopft, die Commerzbank hat sogar einen zusätzlichen Milliarden-Puffer aufgebaut. Dieser Puffer soll ausgebaut werden, wie Blessing betonte. Um die Kapitaldecke zu schonen, sollen die Mitarbeiter auch auf Bargeld-Boni verzichten und stattdessen Aktien nehmen. "Nach heutigem Stand haben mehr als 80 Prozent der außertariflichen Mitarbeiter daran teilgenommen", bezifferte Blessing erstmals die Teilnahmequote. Das bringt nach Schätzungen der Bank weitere 150 bis 200 Mio. Euro.

Prinzip Hoffnung für die Steuerzahler

Dem Steuerzahler machte Blessing weiter Hoffnung auf Zinszahlungen für die Milliardenhilfen des Staates: "Was die verbliebene Stille Einlage des Bundes betrifft: Es bleibt unser Ziel, sie zu bedienen". Die Geldspritze des Bankenrettungsfonds Soffin belaufe sich aktuell auf 1,71 Mrd. Euro. Der Staat hatte Deutschlands zweitgrößte Bank kurz nach der riskanten Übernahme der Dresdner Bank mitten in der Finanzkrise mit 18,2 Mrd. Euro gestützt. Der Löwenanteil von gut 16 Mrd. Euro floss als Stille Einlage. 14,3 Mrd. Euro davon zahlte die Commerzbank im vergangenen Jahr zurück.

Zinsen auf die Rettungsgelder zahlte die Bank bislang nie, leistete aber bei der Tilgung im vergangenen Jahr eine Sonderzahlung von gut einer Milliarde Euro. Blessing betonte: "Dem Steuerzahler ist kein Nachteil aus den Stillen Einlagen entstanden, die der Soffin in die Commerzbank eingebracht hat."

Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller verteidigte, dass Blessing und seine Vorstandskollegen nach vier mageren Jahren 2012 wieder deutlich mehr Gehalt kassieren. Es handele sich nicht um eine Gehaltserhöhung, sondern "lediglich um die Einsetzung des regulären Gehalts", betonte Müller. Die Bank müsse eine dauerhaft wettbewerbsfähige Vergütung bieten. Die Obergrenze von jährlich 500 000 Euro, die wegen der staatlichen Rettungsmilliarden. gezogen werden musste, gilt nicht mehr. Damit erhält Blessing für das Jahr 2012 ein Festgehalt von 1,3 Mio. Euro. Seine acht Vorstandskollegen bekommen fix pro Jahr 750 000 Euro. Dazu können noch leistungsabhängige Boni kommen.

Wut bei den Aktionären

Vor dem Hintergrund sinkender Gewinne ist der Unmut bei den Aktionären groß, von denen einzelne Blessings Rede mit "Buh"- und "Pfui"-Rufen quittierten. "Heute wissen wir, dass die Roadmap 2012 eher Roadmap 2015, wenn nicht 2020 heißen sollte", kritisierte Rechtsanwalt Klaus Nieding von der Aktionärsvereinigung DSW. Die zentrale Frage sei noch immer nicht beantwortet: wie das Geldhaus in der Zukunft wieder Geld verdienen will. Andere Banken hätten auch mit der Euro-Schuldenkrise zu kämpfen, dort mache das Management aber anscheinend weniger Fehler. Im vergangenen Jahr war die Commerzbank-Aktie mit 70 Prozent Kursverlust der schlechteste Wert im Dax.

Die Anteilseigner hatten in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Kapitalmaßnahmen über sich ergehen lassen müssen. Die erhoffte Erholung des Aktienkurses haben sie bis heute nicht gesehen: Die Commerzbank-Aktie dümpelt seit Monaten bei Kursen deutlich unter zwei Euro vor sich hin. Blessing machte den Aktionären dennoch Hoffnung auf bessere Zeiten: Das Management strebe "für das Geschäftsjahr 2013 auch wieder eine Dividende an". Es wäre die erste seit dem Jahr 2007. Hansgeorg Martius von der Aktionärsvereinigung SdK setzt dahinter "ganz viele Fragezeichen". Zu oft seien die Anteilseigner schon vertröstet worden. "Aber wir lassen uns gerne positiv überraschen."

Quelle: ntv.de, rts/dpa

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