"Der Grieche muss motiviert sein" Costa Cordalis hält die Fackel hoch
28.02.2012, 15:10 Uhr
Schlagersänger Costa Cordalis ist sich sicher: "Mit der Eurokrise wird das Land nicht untergehen." Cordalis kam mit 16 Jahren nach Deutschland.
(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)
Während die internationalen Gläubiger Griechenland mit drakonischen Sparmaßnahmen in die Knie zwingen, bleiben die Bürger gefasst, sagt der deutsch-griechische Schlagersänger Costa Cordalis. Anders als einige Medien berichten, seien sie Deutschland auch für die Hilfsbereitschaft dankbar. Ihre Kraft schöpften sie aus ihrer Vergangenheit. An den Wurzeln gepackt, könnten sie sich "wie Phönix aus der Asche" erheben, sagt Cordalis über seine ehemaligen Landsleute.
n-tv.de: Wann waren Sie das letzte Mal in Griechenland? Haben Sie viel Kontakt mit Ihrer Familie dort?
Costa Cordalis: Ich habe täglich Kontakt mit meinen Verwandten, meiner Mutter, meiner Schwester, meinen Cousins ...
Und wie ist die Stimmung?
Die Griechen sind ein tapferes Völkchen. Natürlich ist die Lage finanziell prekär für sie. Aber das Finanzielle ist nicht alles im Leben. Der Grieche hat in der Vergangenheit sehr tapfer gegen seine Feinde gekämpft. Er hat auch schon gegen verschiedene finanzielle Depressionen gekämpft. 1891 hat der damalige Ministerpräsident Charilaos Trikoupis einfach die Gehälter halbiert. Damals gab es allerdings die Drachme, heute haben wir den Euro. Dass der Euro so viel stärker ist, macht es den Griechen nicht leichter, sondern schwerer. Sie sind mit dem Euro einfach nicht wettbewerbsfähig. Griechenland ist ein touristisches Land. Die Griechen müssten die Preise senken können.
Welche Rückmeldungen bekommen Sie aus Griechenland. Sind die Griechen sauer auf Deutschland?
Nein, das sind Märchen. Das, was man in Deutschland in den Hetzmedien liest, stimmt alles nicht. Das ist so, als würde man die Skinheads im Ausland als "echte Deutsche" verkaufen. Die, die pöbeln, sind Chaoten. Das sind Leute mit griechischem Temperament, die bei jeder Gelegenheit protestieren. Das dient nicht zur Verbesserung der Lage. Der "normale, echte" Grieche erkennt an, dass der Fehler bei ihm selber zu suchen ist. Für die enorme Hilfe, die Griechenland aus Deutschland bekommt, sind die Leute dankbar. Sie verehren die Deutschen. Das Gros, über neuneinhalb Millionen Griechen, sind pro Deutsch. Die finden das ehrenwert, dass die Deutschen die Großzügigkeit besitzen, den Griechen zu helfen.
Dann sind die Griechen eher sauer auf das jahrzehntelange Versagen der griechischen Politik?
Das auch. Nur, das haben sie sich auch selbst zuzuschreiben. Der Politiker ist nichts anderes als der Spiegel seiner Anhänger. Was mir an Griechenland nicht gefällt, ist die Vetternwirtschaft. Im Sinne von, ich werde deiner Tochter oder deinem Sohn einen Job besorgen, wenn du mich wählst. Wo kommen wir denn da hin? Da bekommt man doch kein echtes Ergebnis bei den Wahlen, das zum Wohle des Volkes wäre.
Griechenland braucht dringend Strukturreformen, wenn es in der Eurozone in Zukunft erfolgreich bestehen will. Wo kann Griechenland ansetzen, um die Aufbauhilfen von EU und IWF zu flankieren? Wo sehen Sie das Potenzial Griechenlands?

Costa Cordalis, so wie man ihn früher kannte, mit langer Lockenpracht. Privat hat er Erfahrung mit Pleiten.
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Der Grieche ist ein kluger, geschäftstüchtiger Mensch, ein Dienstleister par excellence. Ein Arbeiter, der sich vor nichts fürchtet. Das ist auch der berühmte Spruch von Alexis Sorbas aus dem gleichnamigen Roman von Nikos Kazantzakis: Ich fürchte nichts. Ich besitze nichts. Ich bin frei. Die Griechen müssen ihren Glauben, ihre olympische Flamme wieder entfachen, und sie steigen wie Phönix aus der Asche. Sie können alles erreichen. Die Fußball-Europameisterschaft hat es doch gezeigt. König Otto Rehakles hat es geschafft, die Griechen so zu motivieren. Momentan fehlt den Griechen das Selbstvertrauen. Sie müssen ihre Mitte wiederfinden. Dabei versuchen viele Kollegen von mir, in Griechenland zu helfen.
Aber können Sie oder Ihre Kollegen mit Gesang allein das olympische Feuer bei den Griechen wieder entfachen? Das hilft vielleicht dem Selbstvertrauen, aber bringt doch keine Wirtschaft wieder auf die Beine?
Not macht erfinderisch. Die Griechen außerhalb Griechenlands sind fast alle Millionäre oder zumindest sehr gut situiert. Sie können für ihre Familien sorgen, sie bauen Häuser. Das gelingt in ihrem eigenen Land nicht, weil sie dort gebremst werden. Diese Barrieren müssen fallen. Der Grieche muss frei sein, er ist ein freiheitsliebender Mensch. Er war 400 Jahre unter türkischer Besatzung, trotzdem ist es ihm gelungen, seine Religion zu bewahren, indem die Mönche die Kinder nachts unterrichtet haben.
In deutschen Medien wird viel darüber berichtet, dass vor allem reiche Griechen entweder kaum Steuern zahlen oder ihr Geld gleich ins Ausland schaffen. Fehlt bei allem Nationalstolz der Griechen die notwendige Solidarität?
Natürlich. Die müssten mit gutem Beispiel vorangehen. Ich finde es bewundernswert, was die Deutschen tun. Bundeswirtschaftsminister Rösler war mit einigen Investoren in Griechenland. Aber wenn Mut und Moral fehlen, dann gibt es auch keinen Glauben. Der Grieche muss motiviert sein, dann kann er auch Berge versetzen. Es gibt genug, was Griechen tun könnten.
Ist die Neue Drachme eine Alternative?
Ja, das ist eine Alternative, wenn ein Land so viele Schwierigkeiten hat wie Griechenland. Nur muss man auch sehen, dass das Volk mit der Drachme völlig baden gehen würde. Die Griechen haben so viele Ersparnisse in Euro, die würden verloren gehen, wenn die Drachme wiederkommt.
Was sagen Sie deutschen Politikern, wenn Sie sie treffen?
Das sind die einzigen, die funktionieren. Die griechischen kannst du in der Pfeife rauchen. Die deutschen sehen die Dinge, wie sie wirklich sind, die haben Ahnung von Finanzen. Aber, wie gesagt, Finanzen sind nicht alles. Den Griechen packst du damit, dass du ihn motivierst. Das kannst du zum Beispiel sehr gut über die Vorbilder in den griechischen Götter- und Heldensagen machen. Über Sokrates, über Perikles, den Bürgermeister von Athen, der damals zu einem Chaoten, der ihn mit einem Stock schlagen wollte, gesagt hat: "Schlag mich zuerst, aber dann hör' mich an". Das sind die Sprüche, die einen wirklich motivieren können.
Mit Costa Cordalis sprach Diana Dittmer
Quelle: ntv.de