Vorschriften massiv verletzt Datenaffäre könnte Debeka Millionen kosten
23.01.2014, 13:10 Uhr
Datenschützer sprechen von Tausenden Fällen, in denen gegen Vorschriften verstoßen worden seien.
(Foto: picture alliance / dpa)
Über Jahre baggert Deutschlands größter privater Krankenversicherer gezielt Beamtenanwärter an. Dabei greifen Mitarbeiter auch zu fragwürdigen Methoden. Die Aufsichtsbehörden eröffnen nun ein Verfahren. Auch die Assekuranz handelt.
Vor dem Hintergrund der Vorwürfe illegalen Datenhandels hat der rheinland-pfälzische Landesdatenschutzbeauftragte ein Verfahren gegen den Versicherer Debeka eröffnet. Das sogenannte Ordnungswidrigkeitenverfahren richte sich gegen das Unternehmen und Mitglieder des Vorstandes, sagte Klaus Globig, Stellvertreter des Datenschutzbeauftragten Edgar Wagner, und bestätigte damit Medienberichte. "Die Debeka ist sehr kooperativ", sagte er weiter. Wie lange das nun eröffnete Verfahren dauern wird, sei noch nicht absehbar.
Es gehe um einen möglichen Verstoß gegen die Aufsichtspflicht des Unternehmens. Mitarbeiter der Versicherung sollen Beamte bestochen haben, um an Daten angehender Beamter zu kommen. Der Debeka droht ein Bußgeld in Millionenhöhe.
Mit dem eröffneten Verfahren werde der Anfangsverdacht bejaht, dass der Debeka-Vorstand vorsätzlich oder fahrlässig Aufsichtspflichten verletzt haben könnte, teilte die Behörde mit. Sollten sich die Vorwürfe gegen den Vorstand bewahrheiten, könnte dies eine Geldbuße von bis zu einer Million Euro nach sich ziehen. Zudem könnte gegen das Unternehmen ein Bußgeld von bis zu zehn Millionen Euro verhängt werden. Auf einzelne Vorstandsmitglieder könnte eine Bußgeld von bis zu einer Million Euro zukommen.
Ermittlungen seit November
Der Landesdatenschutzbeauftragte ermittelt bereits seit November. Bei ihm waren Hinweise von Mitarbeitern und Kunden des Versicherers zu den bisherigen Vertriebspraktiken eingegangen. Bei der Koblenzer Staatsanwaltschaft laufen parallel Ermittlungen gegen unbekannte Mitarbeiter der Versicherung sowie unbekannte Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung, auch die Finanzaufsicht Bafin beschäftigt sich mit dem Fall.
Debeka-Mitarbeiter hatten nach Unternehmensangaben in den 1980er und 90er Jahren massenhaft Adressen potenzieller Kunden gekauft. Sie hatten es dabei vor allem auf Beamtenanwärter abgesehen, die wichtigsten Kunden der Krankenkasse. Die Debeka bestreitet aber, davon gewusst zu haben. Versicherungsvertreter hätten die Daten auf eigene Rechnung erworben und untereinander verteilt, hatte Vorstandschef Uwe Laue eingeräumt.
Seine Behörde habe festgestellt, "dass Datenschutzvorschriften massiv verletzt wurden, nicht nur in Einzelfällen, sondern womöglich in Tausenden von Fällen", sagte Wagner. Den Berichten zufolge war das Verfahren bereits im Dezember eingeleitet worden. Das Unternehmen habe sich demnach auf Anfrage nicht näher äußern wollen. Es erklärte aber, dass es die Ermittlungen unterstützen wolle.
"System von Hinweisgebern"
Die Debeka hatte im November bestätigt, Beamte für sich als sogenannte Tippgeber nebenberuflich arbeiten zu lassen, um neue Versicherungskunden zu werben. Die Beamten nennen demnach der Versicherung Namen potenzieller Kunden und erhalten im Falle eines Versicherungsabschlusses eine Prämie.
Die Versicherung betonte, diese Tätigkeit sei nach dem Bundesbeamtengesetz zulässig und vergleichbar etwa mit der Abonnentenwerbung bei Zeitungsabonnements. Datenschützer Edgar Wagner geht den Berichten zufolge von einem "System von Hinweisgebern" mit mindestens 8000 aktiven Beamten aus.
Debeka strafft Aufsicht
Die Debeka hatte ihrerseits die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG mit internen Untersuchungen beauftragt. Erst vor wenigen Tagen hatte der Versicherer angekündigt, der Belegschaft künftig genauer auf die Finger schauen zu wollen. "Auch die Geschäftsprozesse im Rahmen der Kundengewinnung werden überarbeitet", hatte das Koblenzer Unternehmen mitgeteilt. Schon die Kontaktaufnahme zu möglichen Kunden soll künftig schriftlich erfasst werden. Damit sollen die 9000 Außendienstmitarbeiter nachweisen, dass sie alle Datenschutzbestimmungen eingehalten haben.
In der Konzernrevision der Debeka soll künftig eine eigene Einheit strafbare Handlungen verhindern oder aufdecken. Die Abteilung für Datenschutz und die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen wird aufgestockt. Statt regionaler Revisoren soll es 26 bundesweite "Beauftragte für Qualitätsmanagement und Datenschutz" geben". Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG ermittelt intern weiter bei der Debeka.
Von den 2,2 Millionen Debeka-Krankenversicherten sind 1,87 Millionen Beamte und deren Angehörige. Das Unternehmen kommt damit auf einen Marktanteil von 25 Prozent in der privaten Krankenversicherung und ist damit Marktführer.
Quelle: ntv.de, jwu//dpa/AFP/rts