USA nähern sich Strafzöllen Der Druck auf Peking wächst
24.09.2010, 19:14 UhrIm Währungsstreit mit China schlagen die USA einen Weg ein, um bald Strafmaßnahmen gegen die Volksrepublik festlegen zu können. Nicht nur die Amerikaner werfen Peking vor, den Kurs des Yuan künstlich niedrig zu halten.
Im Währungsstreit mit China erhöhen die USA den Druck auf Peking. Während US-Präsident Barack Obama den Ton verschärfte, unternahm der Kongress einen Schritt in Richtung Strafmaßnahmen. Der Haushaltsausschuss des Repräsentantenhauses stimmte für eine Gesetzesvorlage, derzufolge Strafzölle gegenüber Ländern verhängt werden können, die ihre Währung künstlich niedrig halten.
Der Gesetzentwurf zielt vor allem auf China ab. Das Land hat den Yuan faktisch an den Dollar gekoppelt und hält ihn damit künstlich niedrig. Ökonomen gehen davon aus, dass der Yuan zwischen 20 und 40 Prozent unterbewertet ist. Damit verbilligt Peking die Ausfuhren und verteuert die Einfuhren.
Wer Export subventioniert und Import beschränkt, gewinnt – auf Kosten der Handelspartner. "Chinas Wechselkurspolitik hat einen erheblichen Einfluss auf Unternehmen und Arbeitsplätze in den USA", sagte der Ausschussvorsitzende Sandy Levin.
Rasantes Wirtschaftswachstum
Während Chinas Wirtschaft dieses Jahr erneut kräftig wachsen wird und die Exporte stetig zulegen, erholen sich andere Volkswirtschaften nur mühsam von der Rezession. Im vergangenen Jahr wies Peking einen Handelsbilanzüberschuss von knapp 200 Mrd. US-Dollar aus. Für die USA bedeutete das: Der Wert der Importe aus China war viermal so hoch wie die Exporte nach China.
Peking sieht in dem niedrigen Yuan ein Konjunkturprogramm, das nicht nur der Volksrepublik, sondern der ganzen Welt nützt. Doch im Gegensatz zu den Konjunkturpaketen in den USA und in Europa steigert China nicht die globale Nachfrage, sondern nur die Nachfrage nach chinesischen Produkten.
In den USA wird der Ton gegenüber China deshalb schärfer. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit wächst dort die Wut auf die Politik. In einer überparteilichen Initiative will der Kongress vor diesem Hintergrund Strafzölle auf chinesische Produkte durchsetzen.
Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Zunächst muss das Repräsentantenhaus für die Vorlage stimmen. Dies soll zwar bereits in der kommenden Woche geschehen, doch danach muss der Senat folgen. Ob in der Kammer eine Mehrheit für das Gesetz stimmt, ist unsicher. Außerdem haben einige Senatoren bereits betont, dass sie nicht unter Zeitdruck vor den Wahlen entscheiden wollen. Im November finden Kongresswahlen statt. Der Währungsstreit gewinnt auch deshalb an Brisanz, denn US-Präsident Obama muss um seine Mehrheit im Parlament bangen. Insbesondere das Vertrauen in die Wirtschaftskompetenz des Präsidenten bröckelt, wie Umfragen zeigen.
Obama trifft Wen
Obama versucht nun, den Druck auf Peking zu erhöhen. Am Rande der UN-Vollversammlung in New York redete er bei einem als privat deklarierten Treffen mit Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao Klartext, wie sein außenpolitischer Berater nach der Unterredung mitteilte. "Der Präsident hat klargemacht, dass wir auf chinesisches Handeln setzen. Falls es nicht dazu kommt, haben wir andere Möglichkeiten, die US-Interessen zu schützen", sagte Jeffrey Bader, der im Nationalen Sicherheitsrat Obamas für Asienthemen zuständig ist. Er verwies zudem darauf, dass Obama bereits mehrere Beschwerden bei der Welthandelsorganisation (WTO) wegen der chinesischen Handelspraktiken auf den Weg gebracht habe.
Die USA werfen der Volksrepublik vor, ihre Zusage aus den Tagen vor dem G-20-Gipfel im Juni zur Aufwertung des Yuan nicht erfüllt zu haben. Peking hatte zwar die fast zwei Jahre währende starre Koppelung des Yuan an den Dollar etwas gelockert. Die seither erfolgte Aufwertung betrug jedoch nur 1,8 Prozent.
China sieht seinen Spielraum für Bewegung begrenzt und schließt eine kräftige Aufwertung des Yuan aus. Vor dem Gespräch mit Obama sagte Wen vor Unternehmern in New York, eine Aufwertung des Yuan um rund 20 Prozent würde in der Exportwirtschaft Chinas zu einer Pleitewelle führen. Die Bedingungen für eine große Aufwertung existierten nicht. "Sollte der Yuan um 20 bis 40 Prozent aufwerten, wie von der US-Regierung gefordert, dann wissen wir nicht, wie viele chinesische Unternehmen bankrottgehen, wie viele chinesische Arbeitnehmer entlassen werden und wie viele Arbeiter in ihre Dörfer zurückgehen müssen", sagte Wen. "Es würde große Turbulenzen in der chinesischen Gesellschaft geben."
Beim offiziellen Fototermin mit Obama war Wen vor der Unterredung mit dem US-Präsidenten sichtlich bemüht, die Wogen zu glätten: Er nehme eine konstruktive Haltung ein und setze auf den Dialog, versicherte der Pekinger Regierungschef.
Der künstlich niedrig gehaltene Yuan bereitet nicht nur den USA Probleme, sondern auch dem Rest der Welt. Chinesische Produkte verdrängen auf dem Weltmarkt die Erzeugnisse vieler Länder. Besonders hart trifft es die Entwicklungsländer, denen es damit noch schwerer fällt, sich von der Krise zu erholen. Auch in Europa wächst der Ärger. Die Europäische Union will auf einem Spitzentreffen Anfang Oktober die Volksrepublik zu einer stärkeren Aufwertung des Yuan auffordern.
Eine Aufwertung der chinesischen Währung liegt aber auch im Interesse Pekings. Angesichts des kräftigen Wirtschaftswachstums wäre China gut beraten, die Zinsen zu erhöhen und den Yuan aufzuwerten, um einen Anstieg der Inflation und Preisblasen am Immobilienmarkt zu verhindern. Außerdem ist der Exportweltmeister daran interessiert, dass sich die Wirtschaft seiner Absatzmärkte möglichst schnell erholt.
Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa/DJ/AFP