Wirtschaftsausblick 2010 Der lange Weg zurück
10.01.2010, 18:58 UhrDem Dax ist es nicht anzusehen, doch die Bundesrepublik hat 2009 den schwersten Konjunktureinbruch ihrer Geschichte überstanden. Jetzt rätseln die Experten: Wie geht es weiter?
Das Statistische Bundesamt legt am kommenden Mittwoch eine erste Einschätzung der Wirtschaftsentwicklung für 2009 vor. Experten rechnen damit, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Gesamtjahr um 4,8 Prozent geschrumpft ist. Solche tiefroten Zahlen gab es noch nie seit Gründung der Bundesrepublik. Größer war das Minus im 20. Jahrhundert nur in den Jahren 1931 und 1932. Volkswirte werden aber ein besonderes Augenmerk auf die Daten zum vierten Quartal legen, zu denen die Statistiker eine erste Schätzung abgeben dürften. Denn wie stark die Wirtschaftsleistung im Herbst 2009 zugelegt hat, gibt auch Aufschluss darüber, wie kräftig das Wachstum 2010 ausfällt.
"Wir gehen nur von einem leichten Zuwachs aus", sagt Uwe Dürkop von der Landesbank Berlin. Darauf deute ein schwächerer Auftragseingang in der Industrie hin, was die Produktion dämpfen dürfte. Dazu komme der Lagereffekt, der zum Jahresende deutlich schwächer ausfallen dürfte als im Sommerquartal. Die Firmen haben angesichts der scharfen Einbrüche zum Jahreswechsel 2008/2009 ihre Lagerbestände geräumt und mussten sie im Sommer wieder aufstocken, was die Wirtschaftsleistung spürbar nach oben trieb. Das Bruttoinlandsprodukt legte im dritten Quartal um 0,7 Prozent zu, so stark wie seit anderthalb Jahren nicht mehr.
Der Deutschland-Chefvolkswirt von Goldman Sachs, Dirk Schumacher, rechnet damit, dass sich das Wachstum im Schlussquartal noch beschleunigen wird. Ökonom Lothar Hessler von HSBC Trinkaus hält hingegen den Höhepunkt der Konjunkturdynamik für erreicht. Er rechnet für den Herbst mit einem Wachstum von 0,5 Prozent.
Statistische Verzerrung
Für das kommende Jahr hält der HSBC-Trinkaus-Ökonom nur noch Wachstumsraten pro Quartal von 0,2 bis 0,3 Prozent für möglich. Denn auch der private Konsum dürfte im laufenden Jahr angesichts der erwarteten Stellenverluste schwächeln. Und bei den Exporten sei der größte Teil des Aufholprozesses gelaufen, schätzt Hessler. Damit würde die deutsche Wirtschaft deutlich unterdurchschnittlich zulegen: Für die Jahre 1996 bis 2007 berechnet er ein Durchschnittswachstum von 0,4 Prozent pro Quartal.
Trotz der mageren Zuwachsraten von Vierteljahr zu Vierteljahr erwarten Experten für 2010 einen stärkeren Zuwachs - die Prognosen reichen von ungefähr 1,2 bis deutlich über zwei Prozent. Das liegt aber vor allem an einem statistischen Effekt: Weil die Wirtschaftsleistung zum Jahresende 2009 stärker gewachsen ist als im Jahresschnitt, kommt es zu einem sogenannten statistischen Überhang, der rein rechnerisch die Wirtschaftsleistung anhebt.
Quelle: ntv.de, Christina Amann, rts