Umstrittene Euro-Rettung Deutsche Ökonomen attackieren EZB
12.09.2013, 08:00 Uhr
EZB-Präsident Mario Draghi.
(Foto: REUTERS)
Das Anleihen-Kaufprogramm der Europäischen Zentralbank ist zwar nicht aktiviert, stößt bei einigen Ökonomen aber auf erbitterten Widerstand. Sie sehen darin verbotene Staatsfinanzierung durch die Notenpresse - und machen ihrem Ärger in einem Aufruf Luft.
In der Diskussion um das Anleihen-Kaufprogramm der Europäischen Zentralbank gehen Gegner erneut in die Offensive. In einem Aufruf greifen mehr als 130 deutsche Wirtschaftsprofessoren die Anleihekäufe der EZB als verbotene monetäre Staatsfinanzierung mit der Notenpresse an, wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" ("FAZ") berichtet. "Die Anleihekäufe der EZB sind rechtswidrig und ökonomisch verfehlt", zitiert die Zeitung aus dem Aufruf.
Die EZB hat diesen Vorwurf bereits zuvor mehrfach zurückgewiesen. Das Programm sieht die Möglichkeit eines unbegrenzten Ankaufs von Staatsanleihen krisengeschwächter Länder vor, soweit sich die jeweiligen Staaten zu Einsparungen und Strukturreformen verpflichten. Es ist derzeit beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Vermutlich im Herbst will das Gericht eine Entscheidung verkünden, ob das Programm mit dem deutschen Grundgesetz vereinbar ist.
Die Zentralbank hatte von 2010 bis Anfang 2012 Staatsanleihen von Euro-Krisenstaaten gekauft, um sie zu entlasten. Vor einem Jahr kündigte EZB-Chef Mario Draghi eine erweiterte Neuauflage des umstrittenen Programms an. Notfalls werde die Zentralbank unbegrenzt Anleihen von Staaten kaufen, denen der Kapitalmarkt zu hohe Zinsen abverlangt. Dabei würde die EZB die Anleihen am Sekundärmarkt tätig werden. Sie kauft dann Anleihen nicht direkt von den Staaten, sondern von Banken.
Ankündigung drückte Zinsen
Bisher ist das sogenannte OMT-Programm nicht aktiviert, aber bereits die Androhung der Währungshüter hat die Zinsen für einige angeschlagene Länder deutlich sinken lassen. Das offizielle Ziel ist geldpolitisch und liegt damit im Rahmen des Mandats der Notenbank: Die EZB will erreichen, dass die niedrigen Leitzinsen auch in den Krisenländern ankommen.
Die Wirtschaftsprofessoren stellen die Argumentation in ihrem Aufruf infrage: "Wenn die Anleihekäufe der EZB geldpolitisch motiviert wären, würde die EZB ein repräsentatives Portefeuille aller Staatsanleihen der Mitgliedstaaten oder auch privater Anleihen kaufen", zitiert die "FAZ". "Das tut sie aber nicht. Sie kauft nur Anleihen überschuldeter Mitgliedstaaten. Das ist monetäre Staatsfinanzierung", argumentieren die Professoren. Diese sei zu Recht verboten, weil sie die Unabhängigkeit der Zentralbank gefährde.
Initiiert wurde der Aufruf laut "FAZ" vom Mannheimer Volkswirt Roland Vaubel. Zu den Unterzeichnern gehören auch der Präsident des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, der frühere Vorsitzende des Sachverständigenrats, Jürgen Donges, und der Finanzwissenschaftler und frühere Ministerpräsident von Sachsen, Georg Milbradt. Im August hatten europäische und amerikanische Ökonomen in einem anderen Aufruf die EZB in ihrer Politik bestärkt.
Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa/AFP