Wirtschaft

Was einen Rückversicherer belastet Die Geschäfte der Munich Re

Edle Fassade in München: Am Hauptsitz der Münchener Rück.

Edle Fassade in München: Am Hauptsitz der Münchener Rück.

(Foto: AP)

Experten der Münchener Rück schauen hauptberuflich Nachrichten. Sobald irgendwo auf der Welt die Erde bebt, muss sich der Dax-Konzern auf neue Schäden einstellen. Doch allen Katastrophen zum Trotz: Der weltgrößte Rückversicherer steht weitaus besser da als erwartet.

Wenn die Welt aus den Angeln bricht: Erdbeben erschüttern den Menschen bis ins Innerste.

Wenn die Welt aus den Angeln bricht: Erdbeben erschüttern den Menschen bis ins Innerste.

(Foto: REUTERS)

Überschwemmungen, Feuersbrünste und Erdbeben gehören für Versicherungskonzerne zum Alltag. Die Schadensexperten berechnen das Risiko, legen die Prämien fest und begleichen den Schaden. Rückversicherer wiederum schützen die Branche vor den Belastungen, die sich aus großen Ereignissen wie Stürmen, Fluten, geologischen Aktivitäten oder durch Menschen verursachte Katastrophen ergeben. Oft entscheidet damit das Wetter, menschliches Versagen oder die noch viel weniger berechenbaren Launen der Natur über den geschäftlichen Erfolg.

Schlimmer kann es kaum werden, dachten sich die die Größen der Branche, nachdem sie zu Jahresbeginn für die Schäden aus Naturkatastrophen ungewöhnlich tief in die Tasche greifen mussten. Doch die Entspannung ist Experten zufolge im zweiten Quartal nur bedingt eingetreten. Von Januar bis Juni haben sich nach der Zählung von Munich Re insgesamt 440 Vorfälle mit rund 70 Mrd. Euro volkswirtschaftlichem Schaden ereignet. Besonders Überflutungen in Osteuropa und Frankreich, der Wintersturm "Xynthia", Erdbeben in Chile, Mexiko und zu Beginn des Jahres auf Haiti, sowie Stürme in Australien haben die Belastungen aus Naturereignissen bei Erst- und Rückversicherern weltweit anschwellen lassen. Hinzu kommen von Menschen verursachte Katastrophen. Denn auch der Untergang der Bohrplattform "Deepwater Horizon" im Golf von Mexiko drückt auf die Bilanzen.

Ölspuren bis an die Isar

In den Büchern des weltgrößten Rückversicherers Münchener Rück sorgt die größte Umweltkatastrophe in der Geschichte der Vereinigten Staaten in der Tat für hässliche Flecken. Allerdings fällt der versicherte Sachschaden für den deutschen Konzern kaum ins Gewicht. Die Kosten für die Aufräumarbeiten, Entschädigungen und erwartbaren Schadenersatzforderungen muss der verantwortliche Öl-Multi BP wohl weitgehend selbst tragen.

In ihrem Halbjahresbericht konnte die Munich Re die Belastungen aus dem Debakel im Golf von Mexiko noch nicht genau beziffern. Eingeplant wird für den Untergang der BP-Bohrinsel weiterhin nur ein niedriger dreistelliger Millionenbetrag. Davon entfallen 60 Mio. Euro auf den eigentlichen Sachschaden. Weitere Haftpflichtansprüche seien zunächst schwer abzuschätzen, hieß es.

Kaum Policen in Haiti

Für das Erdbeben in Chile wurden dagegen zusätzliche Zahlungen fällig, mehr als ursprünglich zurückgelegt. Nachdem im ersten Quartal bereits 700 Mio. Dollar (rund 530 Mio. Euro) verbucht worden waren, musste der Betrag im zweiten Quartal um 300 Mio. Dollar (rund 227 Mio. Euro) aufgestockt werden. Die Belastungen aus Naturkatastrophen übertrafen in der ersten Hälfte des Jahres 2010 die Zahlen aus dem Vorjahreszeitraum deutlich: Von der ursprünglich erwarteten Jahresschadenquote aus Naturkatastrophen in Höhe von 6,5 Prozent fielen rund 6 Prozentpunkte bereits im ersten Halbjahr an.

Das Beben in Chile war - gemessen am versicherten Schaden - teurer als das von Haiti.

Das Beben in Chile war - gemessen am versicherten Schaden - teurer als das von Haiti.

(Foto: REUTERS)

In Summe waren das rund 900 Mio. Euro nach 243 Mio. Euro vor Jahresfrist. Angesichts der hohen Versicherungsdichte im Gewerbe- und Industriegeschäft überrascht es nicht, dass das verheerende Erdbeben in Chile vom 27. Februar auch zum größten Einzelschaden im ersten Halbjahr führte. Gemessen an der Belastung für den Münchener Versicherer ist das Erdbeben der drittgrößte Schaden in der Firmengeschichte nach dem Anschlag auf das World Trade Center von 2001 und dem Wirbelsturm "Katrina" aus dem Jahr 2005.

In diesen Zahlen zeigt sich ein größeres Muster: Naturkatastrophen dominieren bei Munich Re das Geschäft. Vor diesem Hintergrund hatten Analysten im Vorfeld auch an den Zielen für das Gesamtjahr gezweifelt. Am Markt richteten sich bange Blicke auf die Wetterkarte: Ein verheerender Hurrikan, so hieß es, und das Management muss seine Ziele korrigieren.

Dunkle Wolken über dem Atlantik

Zunehmend ambitioniert nannte zum Beispiel Equinet-Analyst Philipp Häßler den Plan der Münchener Rück, 2010 unter dem Strich mindestens zwei Milliarden Euro zu verdienen. "Es ist aus unserer Sicht nur erreichbar, wenn es im zweiten Halbjahr keinen größeren Hurrikan gibt." Bisher sind die USA und die Karibik davon verschont geblieben. Bis Ende November besteht aber in der Regel die Gefahr solcher Wirbelstürme.

Ein Sturm zieht auf: Küstenbewohner in den USA stellen sich auf eine lange Hurrikan-Saison ein.

Ein Sturm zieht auf: Küstenbewohner in den USA stellen sich auf eine lange Hurrikan-Saison ein.

(Foto: REUTERS)

Mit ihren Ergbnissen zur Jahresmitte konnte die Münchener Rück die Sorgen der Analysten zum Teil entkräften. Der Gewinn im zweiten Quartal 2010 zog überraschend an. Der Überschuss stieg um 3,5 Prozent auf 709 Mio. Euro, teilte Konzernchef Nikolaus von Bomhard mit. Am Markt hatten die Beobachter dagegen im Schnitt mit einem deutlichen Rückgang auf 481 Mio. Euro gerechnet.

Traumergebnis der Profi-Anleger

Wichtigste Stütze der Entwicklung waren die Einnahmen aus Börsengeschäften: Die Profi-Anleger des Dax-Konzerns schraubten das Kapitalanlageergebnis um fast ein Fünftel auf 2,61 Mrd. Euro nach oben – und das trotz der Börsenturbulenzen im Zuge der Schuldenkrise Griechenlands. Nicht nur Privatanleger sahen darin ein beachtliche Leistung. Das Unternehmen profitierte dabei allerdings auch vom Verkauf von Unternehmens- und Staatsanleihen. Zudem reduzierte die Münchener Rück ihre Beteiligung am Schweizer Versicherer Helvetia, was den Gewinn um 90 Mio. Euro aufpäppelte. Im gesamten ersten Halbjahr beläuft sich das Kapitalanlageergebnis sogar auf 5,1 Mrd. Euro. Die Rendite auf die Kapitalanlagen lag zum Halbjahr bei annualisierten 5,3 Prozent.

Weiß wie es geht: Finanzvorstand Jörg Schneider.

Weiß wie es geht: Finanzvorstand Jörg Schneider.

In Anbetracht des zur Verfügung stehenden Kapitals ist das eine mehr als nur ansehnliche Verzinsung: Die Münchener Rück steckt mit insgesamt 192 Mrd. Euro sicher angelegten Geldern im Kapitalmarkt. Für das Gesamtjahr streben die Münchner eine Rendite von vier Prozent an. Und der gemessen am Prämienaufkommen weltgrößte Rückversicherer will seinen Aktienanteil im Anlageportfolio wieder ausbauen. In den vergangenen Jahren hatte sich das Unternehmen in Anbetracht neu aufkeimender Marktturbulenzen aus den Aktienmärkten zurückgezogen. Nun wolle man das Aktien-Exposure – also den Anteil des investierten Kapitals der dem Auf und Ab der Börsen ausgesetzt ist - tendenziell ausbauen, sagte Finanzvorstand Jörg Schneider. In den ersten sechs Monaten hatte der Konzern die Aktienquote von 2,8 Prozent zum Jahreswechsel auf 2,5 Prozent gesenkt.

Dank der Entwicklung hält der Vorstand an seinem Ziel fest, 2010 einen Nettogewinn von über zwei Milliarden Euro einzufahren. "Das bleibt ambitioniert, ist aber zu schaffen", sagte Munich-Re-Chef von Bomhard. Nach den ersten sechs Monaten waren es 1,2 Mrd. Euro. Von Bomhard weiß, dass nicht nur er, sondern auch Analysten wie Philipp Häßler die Wetternachrichten genau verfolgen werden.

Quelle: ntv.de, mmo/AFP/DJ/dpa/rts

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