Frühe Infos zum Abgasskandal Dokumente belasten Ex-VW-Chef Winterkorn
01.03.2018, 06:40 Uhr
Martin Winterkorn trat kurz nach Bekanntwerden des Abgasskandals zurück.
(Foto: picture alliance / Bernd von Jut)
In Stuttgart und Braunschweig liegen milliardenschwere Klagen gegen VW vor. Die Aktionäre meinen, der Konzern habe die Öffentlichkeit deutlich zu spät über die Dieselmanipulationen informiert. Neue Gerichtsdokumente bestätigen wohl die Annahme.
Der frühere VW-Chef Martin Winterkorn hat womöglich deutlich früher vom Abgasskandal gewusst als bisher bekannt. Das "Handelsblatt" berichtet, der Wolfsburger Autobauer müsse auf Verfügung des Stuttgarter Landgerichts zwei Dokumente aus dem Mai 2014 offenlegen. Darin werde der damalige Konzernchef detailliert über den Verstoß gegen US-Abgasvorschriften informiert - 16 Monate, bevor US-Behörden den Dieselskandal öffentlich gemacht hatten.
Die Schreiben stammen von Frank Tuch, dem damaligen Chef der Qualitätssicherung, und Bernd Gottweis, der den Ausschuss für Produktsicherheit leitete. "Bei Real Driving Emission Tests (RDE) in den USA wurden die Stickoxid-Grenzwerte deutlich überschritten - um den Faktor 15 bis 35", alarmiert Tuch laut "Handelsblatt" in dem Brief an Winterkorn. Die Behörden erwarteten eine entsprechende Kommentierung, die VW-Aggregate-Entwicklung habe deshalb eine Arbeitsgruppe gegründet.
Das Schreiben erhielt Winterkorn dem Bericht zufolge in seinem Wochenendkoffer Ende Mai 2014. Damit wurden Chefsachen übermittelt. Auch die Gottweis-Notiz war demnach darin enthalten. Dort sei explizit von einem "Defeat Device" die Rede, also einer illegalen Abschalteinrichtung, nach der die US-Behörden vermutlich suchen würden, schreibt das "Handelsblatt".
Die neuen Erkenntnisse sind im Hinblick auf die milliardenschweren Aktionärsklagen wichtig, die in Stuttgart und Braunschweig anhängig sind. Die Investoren machen geltend, dass VW erst am 22. September 2015 - und damit viel zu spät - über den Dieselskandal informiert hat. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe war die Aktie von VW abgestürzt.
Quelle: ntv.de, chr/AFP