Wirtschaft

Berater empfiehlt Schocktherapie Frankreich ringt um Reformkurs

Damit Frankreich wieder an Wettbewerbsfähigkeit gewinnt, empfiehlt der frühere Chef des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS der sozialistischen Regierung harte Reformen. Frankreichs Wirtschaft gilt im Vergleich zu anderen EU-Ländern wie Deutschland als wenig wettbewerbsfähig.

Louis Gallois.

Louis Gallois.

(Foto: REUTERS)

In Frankreich soll eine regierungsintern umstrittene "Schocktherapie" das ins Hintertreffen geratene Land wieder fit für den Wettbewerb machen. "Ich schlage 22 Maßnahmen vor, um die Rutschpartie zu stoppen", sagte Regierungsberater Louis Gallois nach der Übergabe seines Reformpapiers an Ministerpräsident Jean-Marc Ayrault. Es sei ein "Wettbewerbsschock" nötig, um die verlorene Industriebasis wieder aufzubauen. "Dafür wird wirklicher Patriotismus benötigt."

Der frühere EADS-Chef will unter anderem über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren Arbeitgeber und Arbeitnehmer um insgesamt 30 Mrd. Euro an Sozialabgaben entlasten. Die Summe soll durch Ausgabenkürzungen und höhere Mehrwertsteuern gegenfinanziert werden. Der Plan könnte am Ende aber - wie eine ähnliche Analyse 2008 - in der Schublade landen.

Als eine der größten Belastungen für die Wirtschaft sieht Gallois die Sozialabgaben. Er will die Arbeitgeber bei den Beiträgen um 20 Mrd. und die Arbeitnehmer um 10 Mrd. Euro entlasten. Gegenfinanziert werden soll das Ganze unter anderem durch eine Ökosteuer auf Diesel und höhere Abgaben auf Mieteinnahmen. Die Mehrwertsteuer soll auf 20 Prozent von 19,6 Prozent steigen. Zu den weiteren Vorschlägen gehören ein Abbau der Bürokratie, die kleinen Unternehmen das Wachstum erschwert und damit auch den Aufbau eines Mittelstands. Weiter sollen Jugendliche ermutig werden, wissenschaftliche und technische Berufe aufzugreifen.

Skeptische Regierung

In der Regierung, die ihre Pläne am Dienstag vorstellen will, stoßen die Vorschläge auf Vorbehalte. Die von dem ehemaligen Chef des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS erarbeiteten Reformen überforderten das Land in der jetzigen Lage, hieß es in Regierungskreisen: "Wir können nicht die Finanzen in Ordnung bringen und zugleich einen Wettbewerbsschock verabreichen." Der sozialistische Präsident Francois Hollande hatte bereits Pläne seines konservativen Vorgängers Nicolas Sarkozy zur Anhebung der Mehrwertsteuer gestoppt. Aus dem Umfeld des Staatschefs verlautete, eine Umverteilung von Steuerlasten auf die Schultern der Verbraucher komme nicht infrage. Der Minister für Soziale Ökonomie, Benoit Hamon, hatte jüngst betont, Gallois sitze nicht mit am Kabinettstisch: "Es ist die Aufgabe der Regierung zu regieren."

Hollande, der das Haushaltsdefizit 2013 auf das Maastricht-Kriterium von drei Prozent der Wirtschaftsleistung eindampfen muss, hat seine Pläne bislang nicht konkretisiert und lediglich einen "Pakt für Wettbewerbsfähigkeit" in Aussicht gestellt. Wie eine solche Version der Reformen aussehen könnte, umriss Mittelstandsministerin Fleur Pellerin. Demnach sollen gezielt bestimmte Branchen bei den Arbeitskosten entlastet werden, die besonders stark dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt sind. Konkret wurde sie allerdings nicht.

IWF warnt

Der IWF mahnte rasches Handeln an. "Der deutliche Verlust an Wettbewerbsfähigkeit verdüstert die Wachstumsaussichten." Der Fonds sieht die Gefahr, dass Frankreich ohne Reformen den Anschluss an seine europäischen Nachbarn verpassen könnte. Die Ursachen der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit reichten zwar in die Zeit vor der jetzigen Krise zurück. "Doch es besteht die Gefahr, dass sich die Lage verschlimmert, wenn sich Frankreich nicht im selben Tempo bewegt wie seine Handelspartner in Europa, insbesondere Italien und Spanien", sagte IWF-Chefin Christine Lagarde, die unter Sarkozy Frankreichs Finanzministerin war.

Die französische Industrie klagt darüber, weltweit mit die höchsten Arbeitskosten schultern zu müssen. Der Abbau von Arbeitsplätzen in der Branche hat in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone bereits dramatische Ausmaße angenommen. Die Wachstumskräfte in Frankreich lahmen schon seit drei Quartalen, die Arbeitslosigkeit ist so hoch wie seit 13 Jahren nicht mehr.

Quelle: ntv.de, jga/dpa/rts

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