Wirtschaft

Mehr US-Bürger kaufen Häuser Giftpapiere zurück an der Wall Street

Die Anzahl der zwangsverkauften Häuser in den USA  liegt auch jetzt noch bei 24 Prozent.

Die Anzahl der zwangsverkauften Häuser in den USA liegt auch jetzt noch bei 24 Prozent.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Vor fünf Jahren platzte in den USA die Immobilienblase, nun erholt sich der Häusermarkt allmählich. An der Wall Street wird vier Jahre nach der Pleite von Lehman Brothers wieder mit den zweitklassigen Hauskrediten von damals gehandelt. Dabei sind diese nach wie vor gefährlich.

Sie sind zugig, schlecht isoliert, haben eine miese Heizung, einfach verglaste Fenster und der Wurm ist in den Holzbauten auch drin. Und doch will fast jeder US-Amerikaner sein eigenes Haus haben. Zumindest war das bis zum Platzen der Immobilienblase im Jahr 2007 so, als die Preise einbrachen und die Verkäufe zum Erliegen kamen. Erst jetzt, fünf Jahre später, kommt wieder Schwung in den Markt.

"Häuser, bei denen der Preis stimmt, verkaufen sich zurzeit schnell", sagt Immobilienmakler Moe Veissi aus Miami. Veissi ist Präsident des Branchenverbandes "National Association of Realtors" (NAR), der genau Buch über die Entwicklungen führt. Die Daten zeigen: Nicht nur die Zahl der verkauften Häuser und Wohnungen nimmt mit einem Plus von rund zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Auch die Preise ziehen wieder an: Im Juli kostete eine gebrauchte Immobilie im Schnitt rund 146.000 Euro, knapp zehn Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor.

Der an der Börse viel beachtete Case-Shiller-Hauspreisindex und die vom US-Statistikamt erhobenen Verkäufe neuer Einfamilienhäuser bestätigen: Es geht aufwärts am US-Immobilienmarkt - wenngleich gemächlich, betrachtet man den dramatischen Einbruch. Von den Höhen 2006 bis zu den Tiefständen 2011 haben Häuser bis zu einem Drittel an Wert verloren. Für viele US-Bürger wurde der Traum vom eigenen Haus zum Albtraum: Nicht nur die Preise fielen, als die Immobilienblase platzte. Gleichzeitig zogen die Kreditzinsen an. Zu allem Überfluss verloren viele Menschen ihre Arbeit. Abermillionen Amerikanern wuchsen die Schulden über den Kopf.

Ein Viertel der Häuser wird heute noch zwangsverpfändet

"Foreclosures", bei denen die Bank das Haus pfändet, sind noch heute an der Tagesordnung. In Florida hängen die Schaufenster der Makler voll mit derartigen Angeboten. Die Lage bessert sich nur langsam: Die Zahl der zwangsverkauften Häuser ist laut dem NAR von 29 Prozent im vergangenen Jahr auf 24 Prozent in diesem Jahr gefallen. Doch der Aufschwung am Häusermarkt bleibt wackelig. Noch immer ist die Arbeitslosigkeit in den Vereinigten Staaten vergleichsweise hoch und die weltwirtschaftliche Lage unsicher.

Hinzu kommt, dass die Banken bei der Vergabe von Krediten übervorsichtig sind. Viele potenzielle Hauskäufer, die die niedrigen Zinsen gerne nutzen würden, bekommen kein Geld, sodass die Amerikaner vermehrt mieten. Mancher Investor hat bereits das große Geschäft gewittert, kauft Häuser im Block auf, richtet sie her und vermietet sie weiter.

Dass die Banken vorsichtig mit Krediten sind, ist wohl kein Wunder nach den Erfahrungen von 2008. Als die Wall-Street-Größe Lehman Brothers am 15. September in sich zusammenbrach und Schockwellen rund um den Globus sendete, nahm auch der Letzte Notiz von der Krise. Zweitklassige US-Hypothekenpapiere, sogenannte "Subprime"-Papiere, brachten damals um ein Haar das gesamte Finanzsystem zum Kollabieren.

Banken handeln wieder mit Giftpapieren

Heute, vier Jahre danach, handeln einige Banken schon wieder mit diesen Papieren, auch Gift- oder auch Schrottpapiere genannt. Und die Investoren greifen zu - dabei ist das Risiko hoher Verluste heute genauso hoch wie damals. "Das ist das Einzige, mit dem man im Moment Geld machen kann", sagt Hedgefonds-Manager Anthony Scaramucci mit Blick auf die Schuldenkrise in Europa und die weltwirtschaftliche Unsicherheit. Die Papiere seien billig zu haben, wirbt er. Und so wie er scheinen viele an der Wall Street zu denken.

Wie groß der Appetit von Investoren auf Hypothekenpapiere ist, hat der Verkauf eines milliardenschweren Portfolios durch die New Yorker Notenbank Fed im August gezeigt: Sie hatte während der Finanzkrise dem einstmals größten Versicherungskonzern AIG große Mengen an Giftpapieren abgenommen, damit er nicht unter ihnen zusammenbrach. Beim Wiederverkauf rissen sich die Banken um den Schrott und Fed strich einen Gewinn von 6,6 Milliarden Dollar ein.

Hinter den Giftpapieren verbergen sich zumeist Kredite für Einfamilienhäuser. Banken hatten Hunderte solcher Hypotheken zu großen Paketen gebündelt und an Investoren weiterverkauft. Diese hofften auf satte Renditen aus dem steten Strom an Kreditraten. Was sie nicht bedachten: Die US-Banken hatten Geld auch an Menschen verliehen, die in Deutschland als nicht kreditwürdig angesehen würden.

Elf Millionen Amerikaner noch immer verschuldet

Als die US-Immobilienblase im Jahr 2007 platzte, waren diese finanzschwachen Kreditnehmer die ersten, die nicht mehr zahlen konnten. Eine verhängnisvolle Kettenreaktion setzte sich in Gang, die bis zur Pleite von Lehman Brothers führte. Weil sich der US-Immobilienmarkt langsam erholt, werden die Giftpapiere von damals heute wieder interessant für Investoren. Mehr Menschen haben Arbeit und trauen sich einen Hauskauf zu. Das wiederum lässt die Preise steigen.

Von einer Entwarnung auf dem US-Hypothekenmarkt kann allerdings noch keine Rede sein: Bei geschätzt 11 Millionen Amerikanern ist die Hypothek immer noch "unter Wasser" - das heißt, der aktuelle Wert der Immobilie ist niedriger als der Betrag, den sie der Bank schulden. Zweitklassige Hypothekenpapiere bleiben eine riskante Wette.

Quelle: ntv.de, Daniel Schnettler, dpa

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