Experten mutiger als Regierung Höheres Wachstum erwartet
12.11.2009, 16:16 UhrDie fünf Wirtschaftsweisen sagen für das kommende Jahr eine kräftigere Konjunkturerholung voraus als die Bundesregierung. Die Wirtschaft werde voraussichtlich um 1,6 Prozent wachsen, berichteten "Handelsblatt" und "Financial Times Deutschland" unter Berufung auf das Jahresgutachten des Sachverständigenrates. Die Regierung geht von plus 1,2 Prozent aus.
Die Wirtschaftsweisen kritisierten demzufolge auch die geplanten Steuersenkungen der Koalition aus CDU/CSU und FDP. "Im Bereich der Einkommensteuer sieht der Sachverständigenrat zwar langfristigen Handlungsbedarf, aber in den kommenden Jahren nicht die Notwendigkeit für tarifbedingte Einkommensteuerentlastungen", zitierte die "FTD" aus dem Gutachten, das am Freitag veröffentlicht wird. Durch die Konjunkturprogramme und die höhere Absetzbarkeit der Krankenkassenbeiträge würden die Steuerzahler "bereits massiv und dauerhaft entlastet".
Die Steuererleichterungen würden den ohnehin schon enormen Konsolidierungsbedarf der öffentlichen Haushalte zusätzlich erhöhen. Schon ohne die Steuersenkungen müsse allein der Bund ab 2011 jedes Jahr erneut sechs Milliarden Euro einsparen, um die Vorgaben der Schuldenbremse zu erfüllen.
Die Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrages zum 1. Januar 2010 entlaste Familien zwar zusätzlich um 4,6 Mrd. Euro, werde die Konjunktur aber kaum ankurbeln. "Zu der von den Koalitionsparteien erhofften spürbaren Steigerung des wirtschaftlichen Wachstums dürften diese Maßnahmen so gut wie nichts beitragen", schreiben die Wirtschaftsweisen dem Bericht zufolge.
Knapp vier Millionen Arbeitslose
Für dieses Jahr sagen die Weisen ebenso wie die Regierung einen Konjunktureinbruch von 5,0 Prozent voraus, wie beide Zeitungen berichteten. Die Zahl der Arbeitslosen werde 2010 auf durchschnittlich 3,965 Mio. steigen nach 3,432 Mio. in diesem Jahr. Besonders deutlich werde die Zahl der Erwerbslosen in der ersten Jahreshälfte 2010 zulegen, wenn Unternehmen ihre Kapazitäten anpassten.
"Saisonbereinigt dürfte die Zahl der Arbeitslosen in diesem Zeitraum um etwas mehr als 500.000 Personen steigen, und damit so stark wie noch nie seit der Wiedervereinigung, sieht man von der Sondersituation zum Jahreswechsel 2004/2005 nach der Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe ab", berichtete die "FTD".
Problem Staatsdefizit
Das Staatsdefizit werde von 3,0 Prozent in diesem Jahr auf 5,1 Prozent im kommenden Jahr klettern und damit die Maastricht-Grenze deutlich überschreiten, hieß es in beiden Zeitungen. Auch der staatliche Schuldenberg werde kräftig steigen.
Die Wirtschaftsweisen riefen die Bundesregierung dazu auf, eine sogenannte Exit-Strategie vorzubereiten und umzusetzen, welche die Stabilisierung der Konjunktur nicht gefährde, aber die staatlichen Eingriffe auf ein normales Maß zurückführe.
Quelle: ntv.de, wne/rts