Wie ein Stein vom Himmel gefallen Eurocopter warnt EC135-Piloten
17.12.2013, 14:03 Uhr
"Alle Besatzungen sollten sich bewusst sein": Im schlimmsten Fall versagt die gelbe Treibstoff-Warnlampe.
(Foto: REUTERS)
Der mysteriöse Hubschrauberabsturz von Glasgow steht womöglich kurz vor der Aufklärung: Der Hersteller der Unglücksmaschine gibt eine Sicherheitsmitteilung heraus, in der von Problemen mit der Tankanzeige die Rede ist.

Absturz Ende November: Bei der Unglücksmaschine von Glasgow handelt es sich den Angaben zufolge um einen Eurocopter EC135 Type 2.
(Foto: AP)
Der Hubschrauber-Spezialist Eurocopter hat eine Sicherheitswarnung für Maschinen seines Typs EC135 ausgegeben. Einer dieser Helikopter war kürzlich in Glasgow abgestürzt, bei anderen wurde ein Fehler in der Kraftstoffanzeige festgestellt. Es könne sein, dass die Anzeige bei der EC135 nicht richtig funktioniere, teilte die EADS-Tochter mit. "Alle Besatzungen sollten sich bewusst sein, dass im schlimmsten Fall die rote Warnlampe 'Wenig Treibstoff' aufleuchten könnte, ohne dass zuvor die gelbe Treibstoff-Warnlampe angegangen ist."
Ob der katastrophale Hubschrauberabsturz von Glasgow mit zehn Toten auf dieses Problem zurückgeführt werden muss, bleibt bis auf weiteres offen. Mit einem offiziellen Abschlussbericht der Flugunfallermittler ist in der Regel frühestens nach mehreren Monaten zu rechnen. Experten halten es für unwahrscheinlich, dass ein Problem mit der Treibstanzeige der einzige Auslöser gewesen sein könnte. Nach Angaben von Eurocopter bleiben dem Piloten selbst nach dem Anspringen der roten Warnleuchte noch genügend Treibstoff für eine kontrollierte Landung. Die verbleibende Reserve im Tank reicht demnach noch für eine Restflugzeit von etwa acht bis zehn Minuten.
Von "Grün" auf "Rot"
Die aktuelle Eurocopter-Warnung geht zurück auf Probleme bei einer EC135 des britischen Flug-Dienstleisters "Bond Aviation", dem Betreiber der Glasgower Unglücksmaschine. Bei einem weiteren von Bond vermieteten Rettungshubschrauber war in den Tagen nach dem Absturz ein Problem an der Treibstoff-Anzeige festgestellt worden. Das Unternehmen spricht in diesem Zusammenhang von einem "Indication Defect", also einem Defekt in der Instrumentenanzeige. Bond hatte daraufhin am 11. Dezember ein Flugverbot für alle seine 38 Maschinen des Typs angeordnet. Seitdem spekulieren Beobachter über einen möglichen Zusammenhang.
Bei technischen Fehlfunktionen dieser Größenordnung setzen Hersteller in der Regel - ähnlich wie im Autobau - umgehend eigene Untersuchungen an. Eurocopter zufolge wurden mittlerweile bei zwei weiteren EC135 ähnliche Fehlfunktionen festgestellt. Unter ungünstigen Umständen könnten diese dazu führen, dass der Pilot die tatsächlich vorhandene Treibstoffreserve - und damit noch die verbleibende Zeit in der Luft - falsch einschätzen könnte.
Die Spritreserve ist für Hubschrauberpiloten lebenswichtig: Anders als Flugzeuge mit starren Tragflächen verfügen Drehflügler nur über sehr beschränkte Notflugeigenschaften. Wenn die beiden Triebwerke der EC135 tatsächlich ohne Vorwarnung trockenlaufen, ist die knapp drei Tonnen schwere Maschine kaum noch zu halten. Nur mit viel Glück und unter günstigen Bedingungen kann der Besatzung dann noch eine halbwegs glimpfliche Notlandung gelingen.
Standardmaschine der Luftretter
Eine zweifelsfrei bewiesene technische Ursache des Unglücks von Glasgow wäre für Eurocopter ein schwerer Rückschlag. Der Typ EC135 zählt bislang zu den erfolgreichsten Baureihen des Herstellers und galt bislang als ebenso vielseitig wie zuverlässig. Maschinen diesen Typs sind unter anderem bei der Bundespolizei und bei den "Gelben Engeln" des ADAC im Einsatz.
"Dieser Hubschraubertyp ist sehr leistungsstark, emissionsarm, kosteneffizient und durch den Fenestron (ummantelter Heckrotor) besonders sicher und leise", heißt es zum Beispiel beim Eurocopter-Kunden ADAC, der eine größere Luftrettungsflotte unterhält. "Durch die kompakten Ausmaße bietet sich die EC 135 speziell für Rettungseinsätze sowie Intensivverlegungen an und wird daher im Luftrettungsdienst am häufigsten eingesetzt."
Bei dem Glasgower Unglück waren Ende November zehn Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt worden. Nach Angaben der Behörden haben erste Untersuchungen keinerlei Hinweise auf Probleme am Motor oder Getriebe der Maschine ergeben. Sollten sich die Verdachtsmomente hinsichtlich einer fehlerhaften Tankanzeige erhärten, muss der Hersteller womöglich vor Gericht erklären, wie es zu dem katastrophalen Crash kommen konnte. Dabei droht der EADS-Tochter Eurocopter nicht nur ein kostspieliges juristisches Nachspiel. Auch beim Verkauf des EC135 könnte sich der Hersteller künftig mit Zweifeln an der Zuverlässigkeit konfrontiert sehen.
Am Aktienmarkt zeigten sich Beobachtern zufolge bereits erste Reaktionen. Die Papiere der Eurocopter-Mutter EADS, die künftig unter dem Namen Airbus Group firmieren wird, gaben im Handel an der Pariser Börse in einem allerdings allgemein schwachen Umfeld gut 1 Prozent nach.
Quelle: ntv.de, mmo/rts