Mehr Zuversicht als Brüderle IWF überholt Berlin
26.01.2010, 19:01 UhrDie deutsche Wirtschaft erholt sich nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds deutlich schneller als erwartet. Auch für die Weltwirtschaft insgesamt zeigen sich die IWF-Ökonomen zuversichtlich. Nach den scharfen Konjunktureinbrüchen könnte es wieder steil nach oben gehen - wenn die Politik auf den Rat der Experten hört.

Seit 2007 an der Spitze des Weltwährungsfonds: Dominique Strauss-Kahn (Archivbild).
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die Weltkonjunktur und auch die deutsche Wirtschaft gehen nach der schwersten Rezession seit Jahrzehnten deutlich stärker auf Wachstumskurs als erwartet. Der Internationale Währungsfonds (IWF) korrigierte seine diesjährige Wachstumsprognose für Deutschland kräftig um 1,2 Punkte auf 1,5 Prozent nach oben. Dank massiver staatlicher Hilfen soll die Weltwirtschaft derweil um 3,9 Prozent zulegen, 0,8 Punkte mehr als zunächst vorausberechnet. Allerdings warnt der Fonds Regierungen eindringlich davor, trotz besserer Aussichten nicht zu früh aus Hilfsprogrammen auszusteigen.
Noch immer gebe nur wenige Hinweise, dass sich zumindest in den Industriestaaten eine selbsttragende Nachfrage einstelle, heißt es im aktualisierten Weltwirtschaftsausblick des Fonds weiter. Der IWF legte die überarbeitete Fassung des Berichts am Dienstag in Washington vor. "Eine nachhaltige Nachfrage herzustellen, bleibt eine Herausforderung", sagte IWF-Chefökonom Olivier Blanchard. Die Erholung in den reichen Ländern werde mit einem Plus von durchschnittlich 2,1 Prozent nach historischen Maßstäben allenfalls schwach ausfallen. Größte Stolpersteine für den Aufschwung seien hohe Arbeitslosigkeit, ein nach wie vor angeschlagener Finanzsektor und in manchen Ländern die hohe Staatsverschuldung, warnt der Weltwährungsfonds.
Der Grund für die kräftige Aufwärtsrevision des Ausblicks für Deutschland ist laut IWF-Ökonom Jörg Decressin dreigeteilt: "Ein Drittel beruht auf einem besser als erwarteten dritten Quartal, ein Drittel auf zusätzlichen Konjunkturmaßnahmen und ein Drittel auf einer überraschend starken Außennachfrage, etwa aus Asien."
Pumpen und an den Exit denken
Da die Erholung noch immer erst in den Anfängen sei, müsse es "auf kurze Sicht" weiter staatliche Hilfen geben, mahnt der Fonds in seinem Bericht. "Die für 2010 eingeplanten Konjunkturmaßnahmen sollten voll und ganz umgesetzt werden", rät der IWF. Zugleich müssten aber schon Ausstiegsstrategien entworfen und kommuniziert werden.
Dass sich das Konjunkturbild insgesamt kräftiger aufhellt als zunächst gedacht, liege unter anderem an der schnellen Rückkehr des Vertrauens in die Märkte und einer rapideren Gesundung der Finanzmärkte, sagte Decressin. Beitragen hätten auch eine unerwartet solide Verfassung der Arbeitsmärkten in verschiedenen reichen Ländern sowie die solide Konjunktur der Schwellenländer. Für 2011 rechnet der IWF unterdessen mit einem Wachstum der deutschen Wirtschaft um 1,9 Prozent. Global erwartet der Fonds ein Plus von 4,3 Prozent.
Entwarnung mit Blick auf die Finanzmärkte will der IWF aber noch nicht geben: "Die Wiederherstellung des Finanzsystems ist auf keinen Fall abgeschlossen", warnte José Viñals, Chef der IWF-Abteilung für Geldpolitik und Kapitalmärkte. Die Banken seien weiterhin noch über den Berg. Zudem müsse der Kreditfluss wieder in Gang gebracht werden. "Das Finanzsystem ist noch immer angeschlagen", sagte er.
Steiler bergauf wird nach Einschätzung IWF-Experten in diesem Jahr auch für die USA gehen, dem Ursprungsland der Krise. Während für die Eurozone ein Wachstum von gerade einmal einem Prozent zu rechnen sei, könne Amerika ein Plus von 2,7 Prozent erwarten.
Die weltweite Erholung werde von asiatischen Schwellenländern in Asien angeführt, vor allem China und Indien. Für China prognostiziert der Fonds in diesem und im nächsten Jahr ein Plus von um die zehn Prozent, für Indien jeweils knapp acht Prozent. Impulsgeber werde dort die robuste Binnennachfrage sein. Einige Schwellenländer werden wegen ihres soliden Aufschwungs voraussichtlich früher als Industriestaaten auf ihren Hilfsprogrammen aussteigen, hieß es.
Quelle: ntv.de, dpa