Flaute gefährdet Sparziele Iberische Halbinsel in der Klemme
09.06.2010, 14:39 UhrDas zarte Pflänzchen Wachstum steht derzeit in ganz Europa unter Artenschutz. Aber ganz besonders gefährdet ist es auf der schuldengeplagten iberischen Halbinsel. In Spanien und Portugal könnten die harten Einschnitte schnell dafür sorgen, dass das Pflänzchen keine Wurzeln schlägt.
Spanien und Portugal haben erst im Mai weitere Sparpakete verabschiedet, um die Staatsschulden deutlich zu reduzieren und die Finanzmärkte zu beruhigen. Sie wollen eine Schuldenkrise wie in Griechenland mit allen Mitteln verhindern - und könnten sich nun mit ihrem Ehrgeiz selbst ein Bein stellen.
Spanien in schwacher Verfassung
In Spanien soll das Defizit mit Hilfe der zusätzlichen Kürzungen von 15 Mrd. Euro in diesem Jahr auf 9,3 Prozent der Wirtschaftsleistung gedrückt werden. Im vergangenen Jahr hatte es bei 11,2 Prozent gelegen. Spaniens Schuldenquote soll durch diese Maßnahmen - wie die Streichung der Babyprämie und den Stellenabbau im öffentlichen Dienst - um zwei Prozentpunkte auf 72,1 Prozent reduziert werden. Diesem Ziel liegen jedoch übertrieben optimistische Wachstumsprognosen der Regierung zugrunde.
Bereits Ende Mai hatten die Spanier ihre Vorhersagen für die kommenden Jahre gesenkt. So rechnet die Minderheitsregierung damit, dass die Wirtschaft 2011 lediglich um 1,3 Prozent und nicht mehr wie zuvor angenommen um 1,8 Prozent wächst. Werden diese neuen Schätzungen Realität, kann die Schuldenquote nicht um das gewünschte Maß gesenkt werden. Zudem würde ein schwächeres Wachstum auch in geringeren Steuereinnahmen resultieren - von politischen Unruhen in Folge der drastischen Einsparungen ganz abzusehen. Auch Neuwahlen werden nicht mehr ausgeschlossen. Alles Faktoren, die das Wirtschaftswachstum bremsen und die Defizitziele zur Makulatur machen würden.
Einige Analysten gehen davon aus, dass Spanien gezwungen sein könnte, seine Wachstumsprognose erneut zu kürzen. Das Konsumklima ist im Mai - auch wegen der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit - deutlich gefallen. "Ein Rückgang bei den Verbraucherausgaben könnte Spanien am Jahresende erneut in die Rezession treiben", sagte Raj Badiani von IHS Global Insight.
Auch Portugal zu optimistisch
Die Sparmaßnahmen in Portugal haben ein Volumen von zwei Mrd. Euro. Mit Steuererhöhungen und Gehaltskürzungen im öffentlichen Dienst soll die Schuldenquote bis 2013 auf 86,7 Prozent gedrückt werden. Im Vergleich zu Spanien scheinen die politischen Gefahren für die Regierung unter dem sozialistischen Ministerpräsidenten Jose Socrates gering zu sein. Socrates arbeitet mit der Opposition zusammen.
Sorgen machen allerdings die zugrundeliegenden Wachstumsannahmen. Ökonomen gehen davon aus, dass Portugals Wirtschaft nicht so stark wächst wie angenommen. Anfang des Jahres hatte die Europäische Kommission bereits erklärt, Lissabon sei allzu optimistisch. Die Ratingagentur Standard & Poor's prognostiziert, dass die portugiesische Wirtschaft dieses und nächstes Jahr stagniert. Erst 2012 werde ein einprozentiges Wachstum erreicht. Unter diesen Annahmen wird Portugal eine Reduzierung seiner Schuldenquote nicht gelingen - sie würde sogar weiter ansteigen.
Quelle: ntv.de