Wirtschaft

"Wal von London" und Kreditkarten JP Morgan bezahlt für Vergangenheit

(Foto: REUTERS)

Die US-Bank JP Morgan muss für ihre Sünden weiter tief in die Tasche greifen. Für das Spekulationsfiasko um den "Wal von London" sowie die Schröpfung von Kreditkartenkunden muss die Bank weit mehr als eine Milliarde Dollar zahlen. Und damit sind noch längst nicht Baustellen beseitigt.

JP Morgan Chase
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Teurer Tag für die US-Großbank JP Morgan: Erst muss das Geldhaus für das Debakel um einen 6,2 Milliarden Dollar hohen Spekulationsverlust tief in die Tasche greifen. Dann kommt eine Strafe wegen unfairer Geschäftspraktiken bei Kreditkarteninhabern hinzu. Unter dem Strich muss die Bank mehr als 1,3 Milliarden Dollar berappen.

Im ersten Fall haben mehrere Aufsichtsbehörden in den USA und Großbritannien Strafen über rund 920 Millionen Dollar (680 Millionen Euro) gegen die größte amerikanische Bank verhängt, wie die US-Notenbank Fed ankündigte. Demnach halten die Aufseher JP Morgan Chase vor, bei den Risikokontrollen geschludert zu haben.

Eine Londoner Abteilung hatte den Milliardenverlust im vergangenen Jahr durch waghalsige Geschäfte mit Kreditausfall-Versicherungen angehäuft. Einer der verantwortlichen Händler hatte wegen der marktbewegenden Größe der Spekulationen den Spitznamen "Wal von London" verpasst bekommen. Weitere Mitarbeiter hätten dann versucht, das Debakel zu verschleiern. Das Ausmaß des Desasters blieb der New Yorker Zentrale lange verborgen.

"Firmen müssen lernen"

"Die Firmen müssen aus diesem Vorfall lernen", forderte Tracey McDermott von der britischen Aufsichtsbehörde FCA. Das Spitzenmanagement bei JP Morgan habe erste Warnzeichen ignoriert. "Als die Dinge begannen, aus dem Ruder zu laufen, hat das Unternehmen die Größe und das Ausmaß der Probleme nicht schnell genug begriffen."

Immerhin kann JP Morgan damit zumindest in Teilen einen Schlussstrich unter die Affäre ziehen. Die Bank hatte den Verluste selbst auffangen können und dafür nicht den Staat anpumpen müssen. Seither steht sie jedoch unter besonderer Beobachtung.

Im zweiten Fall soll die Bank Kunden Dienstleistungen ohne ein schriftliches Einverständnis abgerechnet haben. An rund 2,1 Millionen Kunden hat die Bank bereits insgesamt 309 Millionen Dollar erstattet. Die restlichen 80 Millionen Euro fließen als Strafe an die Regulierungsbehörden. Die Bankenaufsicht OCC erhält davon 60 Millionen und die Verbraucherschutzbehörde Consumer Financial Protection Bureau (CFPB) 20 Millionen Dollar.

Ohne Gegenleistung kassiert

JP Morgan habe bei Kunden Dienstleistungen im Wert von 7,99 Dollar bis 11,99 Dollar im Monat abgerechnet, ohne das diese erbracht wurden, teilten die Behörden mit. Diese Fehler seien bedauerlich und man werde sicherstellen, dass die hohen Standards demnächst eingehalten werden, sagte Bill Wallace, Chef des operativen Geschäfts für die Sparte Consumer & Community Banking.

Die Großbank ist nicht das einzige Institut, dem die Behörden auf die Schliche gekommen sind. Capital One Financial musste den Kunden 150 Millionen Dollar und Discover Financial Services 200 Millionen Dollar zurückzahlen. Auch laufen derzeit ähnliche Untersuchungen gegen Bank of America und American Express.

Bank wird von weiteren Vorwürfen belastet

JP Morgan Chase galt zu Zeiten der Finanzkrise noch als amerikanisches Vorzeigeinstitut. Spätestens seit dem Desaster sind die New Yorker aber zur Zielscheibe der Bankenschelte in den USA geworden, zumal Konzernchef Jamie Dimon als einer der größten Kritiker der Bankenreform von Präsident Barack Obama gilt. Den eigentlichen Verlust hatte JP Morgan dabei gut verkraftet: Im vergangenen Jahr blieb trotzdem noch ein Rekordgewinn übrig.

JP Morgan muss derzeit an vielen Fronten kämpfen. Unter anderem geht es um den Vorwurf von Betrügereien bei Hypothekenpapieren sowie beim Referenzzinssatz Libor. Wegen der mutmaßlichen Manipulation des US-Strommarkts zahlte JP Morgan im Rahmen eines Vergleichs bereits 410 Millionen Dollar an die zuständige Aufsichtsbehörde, ohne indes eine Schuld einzuräumen.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/dpa/AFP

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