Brandgefährliche Airbags Japaner rufen Autos zurück
11.04.2013, 15:23 Uhr
Stumme Lebensretter: Im Testzentrum von Toyota ahnen Crashtest-Dummies nichts von der Schwäche beim Treibgas.
(Foto: REUTERS)
Ein neuer Rückrufaktion wirft dunkle Schatten auf das Image des japanischen Autobaus: Vier namhafte Hersteller rufen Kunden in aller Welt auf, sich mit ihren Autos in die Werkstatt zu begeben. Unter dem Armaturenbrett schlummert ein potenziell tödlicher Fehler. Auch in Deutschland sind tausende Kunden betroffen.
Dieses Problem könnte die japanische Automobilindustrie im harten internationalen Wettbewerb weit zurückwerfen: Mängel in der Funktion millionenfach verbauter Airbags zwingen den Autobauer Toyota und drei weitere japanische Hersteller zu einer weltumspannenden Rückrufaktion.
Insgesamt müssen Toyota, Honda, Mazda und Nissan zusammengenommen rund 3,4 Millionen Fahrzeuge in die Werkstätten bitten. Beim Marktführer Toyota sind nach Firmenangaben 1,73 Millionen Fahrzeugen der Modelle Yaris, Corolla, Avensis, Picnic, Camry und Lexus betroffen. Auch Kunden in Europa sind aufgerufen, ihre Fahrzeuge mit Airbags der japanischen Firma Takata in die Werkstätten zu bringen. Allein im Fall von Toyota sind auch 62.000 Pkw in Deutschland betroffen.
Hintergrund sind Schwierigkeiten mit der Sicherheitstechnik: Es könne sein, dass sich der Airbag am Beifahrersitz im Notfall nicht aufblase, sagte ein Toyota-Sprecher. Alle vier Autobauer hätten die betroffenen Beifahrer-Airbags vom selben Hersteller bezogen, teilte das japanische Verkehrsministerium mit.
Auslöser der Probleme ist das Treibgas, das der japanische Zulieferer verwendete. Bei einem Unfall blase sich das Luftkissen für den Beifahrer möglicherweise nicht richtig auf, teilten die Firmen mit. Zudem könnte ein Feuer ausbrechen. Tote oder Verletzte soll es in diesem Zusammenhang den Angaben zufolge bislang nicht gegeben haben.
Bei Toyota sind Fahrzeuge betroffen, die zwischen November 2000 und März 2004 gebaut wurden. Honda kündigte an, weltweit 1,14 Millionen Autos zurückrufen zu müssen. Bei Nissan sind es 480.000 Fahrzeuge. Mazda muss bei rund 45.500 Pkw nachbessern. Offenbar lässt sich das Zündversager-Problem mit einem vergleichsweise einfachen Austausch fehlerhafter Bauteile beheben.
Toyota und seine Kunden wurden in den vergangenen Jahren mehrfach von Rückrufaktionen geplagt. So wurden im Oktober sieben Millionen Autos in die Werkstätten gerufen. Die großen Zahlen kommen zustande, weil Autokonzerne aus Kostengründen bei bestimmten Teilen zunehmend auf einige wenige Zulieferer setzen.
Die jetzt beanstandeten Airbags wurden von der in Tokio ansässigen Firma Takata hergestellt, die auch Konzerne wie Daimler oder Ford zu ihren Kunden zählt. Ein Takata-Sprecher sagte, die fehlerhaften Airbags seien auch an ausländische Hersteller geliefert worden, nannte aber keine Namen. Volkswagen ist nach eigenen Angaben nicht betroffen. Takata gilt als erfahrener Sicherheitsspezialist, der neben Airbags auch Sicherheitsgurte, Rückhaltesysteme und Kindersitze entwickelt. Aufgrund des besonderen Bedeutung der Produkte, werden sicherheitsrelevante Komponenten von Takata üblicherweise ausführlich getestet.
Zulieferer in Erklärungsnot
Toyota bietet den Kunden an, den defekten Mechanismus am Airbag auszutauschen. Die Reparatur nehme bei den meisten Modellen ein bis maximal zweieinhalb Stunden in Anspruch und sei für die Kunden kostenlos. Zu den Kosten des Rückrufs machten die Hersteller zunächst keine Angaben.
Der Airbag-Hersteller Takata teilte mit, er sei von den Autobauern über einen Rückruf in der Größenordnung von zwei Millionen Fahrzeugen informiert worden, nicht 3,4 Millionen.
An der Börse straften Anleger vor allem den Hersteller der fehlerhaften Airbags ab: Takata-Aktien verloren im japanischen Handel 9 Prozent an Wert. Auf den Aktienkurs von Toyota wirkte sich die Rückrufaktion zunächst nicht negativ aus: Die Titel zogen in Tokio, getrieben von der exportfördernden Yen-Schwäche, knapp 6 Prozent an.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP/rts