Wirtschaft

Tradition dem Erfolg geopfert Kanadier erhört Nokias Notruf

Eine 145-jährige Epoche ist zu Ende: An der Spitze des finnischen Konzerns Nokia steht kein Finne mehr. Ein Kanadier, Stephen Elop, soll den angeschlagenen Handy-Weltmarktführer wieder auf Kurs bringen. Der Software-Experte kommt von Microsoft. Nicht unbedingt ein Nachteil.

Hand in Hand zurück zu alten Höhen: Nokia bricht mit Tradition, dass der Chef ein Finne sein muss.

Hand in Hand zurück zu alten Höhen: Nokia bricht mit Tradition, dass der Chef ein Finne sein muss.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Der finnische Handyhersteller Nokia bricht in der Not mit einer fast 150-jährigen Tradition und setzt den ersten Ausländer an seine Konzernspitze. Nach monatelanger Suche holt sich der Marktführer den Kanadier Stephen Elop vom Kooperationspartner Microsoft. Der Software-Experte soll Nokia zu neuem Glanz verhelfen und verlorenen Boden im Markt der Smartphones zurückerobern, wo die US-Rivalen Apple und Google höchst erfolgreich auf Beutezug sind. Elop ist der erste Nicht-Finne auf dem Chefsessel in der 145-jährigen Firmengeschichte. Auch an der Spitze des Verwaltungsrats soll es so schnell wie möglich einen Wechsel geben.

Der Neue an der Spitze soll's richten: Stephen Elop.

Der Neue an der Spitze soll's richten: Stephen Elop.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der 46-jährige Elop ersetzt den umstrittenen Vorstandschef Olli-Pekka Kallasvuo, der seinen Posten binnen elf Tagen räumen soll. An der Börse schürte der Abgang große Erwartungen: Der Nokia-Kurs schnellte zeitweise fast sechs Prozent nach oben. Kallasvuo ist bei Nokia großgeworden, mehr als die Hälfte seines Lebens verbrachte der 57-jährige bislang im Unternehmen. Ihm wird vorgeworfen, in den vergangenen Jahren hinter maßgeblichen Trends der Handy-Branche hinterhergelaufen zu sein. So brachte Nokia seit der Markteinführung des N95 im Jahr 2006 kein Spitzen-Modell für ein Multifunktions-Handy heraus und steht inzwischen tief im Schatten des iPhones von Apple. Seit Kallasvuo vor gut vier Jahren Vorstandschef wurde, hat sich der Nokia-Börsenwert auf etwa 29 Mrd. Euro ungefähr halbiert.

Viel Lob vorab

Richten soll es nun der bisherige Microsoft-Manager Elop, der mit einigen Vorschusslorbeeren sein Amt antritt. "Sein starker Software-Hintergrund und sein Geschick bei der Zusammenstellung von Führungsmannschaften helfen uns sehr dabei, die Umgestaltung des Unternehmens schneller voranzubringen", erklärte Nokia-Verwaltungsratschef Jorma Ollila, der den Konzern seinerseits lange geführt hat, sich nun aber "baldmöglichst" zurückziehen möchte. Elop selbst brachte die Anforderungen so auf den Punkt: "die Bedürfnisse der Kunden erfüllen und bessere Finanzergebnisse erzielen".

Der Konzern ist für die Volkswirtschaft des Landes von herausragender Bedeutung  und erwirtschaftet mit weltweit 124.000 Beschäftigten einen Umsatz von 41 Mrd. Euro. Dabei befindet er sich fest in finnischer Hand. Im Verwaltungsrat stammen acht der zehn Mitglieder aus dem Land.

Macromedia, Juniper, Microsoft, Nokia 

Nicht ganz überraschend: Nokia-Chef Olli-Pekka Kallasvuo dankt ab.

Nicht ganz überraschend: Nokia-Chef Olli-Pekka Kallasvuo dankt ab.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Nokia und Microsoft arbeiten seit langem zusammen. Im August vergangenen Jahres gründeten sie eine Allianz mit dem Ziel, Anwendungen von Microsoft Office wie das E-Mail-Programm Outlook auf Nokia-Geräte zu bringen. Elop hat seine Feuertaufe im Zentrum der US-Technologieschmieden, dem Silicon Valey, durchlaufen. Er war unter anderem Chef der Softwarefirma Macromedia, auf deren Graphik- und Internet-Programme auch die Applikations-Entwickler von Apple gerne zurückgreifen. Unter Elop dürfte Nokia das Erfolgsrezept des Rivalen besser verstehen lernen. 2008 stieß der Manager vom US-Netzwerkausrüster Juniper Networks zu Microsoft und half dem Softwareriesen bei der Entwicklung von Online-Versionen seiner PC-Programme Word, Outlook und Excel. Als Chef der Geschäftskunden-Sparte erwarb sich Elop insbesondere Meriten mit der erfolgreichen Einführung von Microsofts neuer Office-Version in diesem Jahr.

Neuer Besen kehrt gut

Anleger und Analysten begrüßten den Wechsel. "Es ist gut, dass etwas passiert", sagte Fondsmanagerin Inge Heydorn von Sentat Asset Management. Branchenkenner trauen dem Neuen insbesondere eine stärkere öffentliche Akzeptanz zu. "Es gibt keinen Zweifel, dass Stephen Elop ein besserer Kommunikator ist als Kallasvuo", sagte John Strand, der die Telekom-Beratungsfirma Strand Consult leitet. Doch auf Elop wartet eine gewaltige Aufgabe, wie Ben Wood, Chef der Marktforschungsfirma CCS Insight, zu bedenken gibt: "Alle Augen richten sich auf ihn, um etwas über seine Strategie zu erfahren." Elop selber wollte sich dazu noch nicht detailliert äußern. Er unterstrich lediglich die besondere Bedeutung des US-Markts, auf dem sein Vorgänger nicht die erhofften Erfolge erzielen konnte. Kallasvuo wird der Abschied mit einer Abfindung von 4,6 Mio. Euro versüßt.

Quelle: ntv.de, rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen