Wirtschaft

Ringen um Winterkorn-Entscheidung Kein Ersatz für "Mr. Qualität" in Sicht

Eine Lösung für die VW-Affäre ist noch nicht zu sehen.

Eine Lösung für die VW-Affäre ist noch nicht zu sehen.

(Foto: dpa)

Ein Konzernchef, unter dessen Federführung sich ein Skandal vom Ausmaß der Abgas-Affäre entwickelt, ist nicht haltbar. Darin sind sich alle in der Causa Winterkorn einig. Doch wer sollte den VW-Chef ersetzen? Und ist jetzt der richtige Zeitpunkt?

In Wolfsburg ist das Präsidium des VW-Aufsichtsrats zu Beratungen über den Abgas-Skandal zusammengekommen. Der noch amtierende Aufsichtsratschef und frühere IG-Metall-Vorsitzende Berthold Huber, Betriebsratschef Bernd Osterloh und sein Stellvertreter Stephan Wolf, Wolfgang Porsche als Vertreter des Hauptaktionärs Porsche SE sowie Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil haben sich an einen Tisch gesetzt, um über die Konsequenzen aus der Affäre um manipulierte Messungen beim Schadstoffausstoß von Dieselmotoren zu beraten. Dabei geht es auch um die berufliche Zukunft von VW-Chef Martin Winterkorn.

Das öffentliche Urteil über den Manager ist bereits gefällt: Winterkorn sei als VW-Chef nicht mehr tragbar und würde Unternehmen und Arbeitnehmer einen großen Gefallen tun, wenn er schnell seinen Stuhl räume, sagte etwa stellvertretend für viele die Grünen-Politikerin und ehemalige Verbraucherschutzministerin Renate Künast. "Wer den Ruf einer Firma derart ruiniert hat, kann den Chefposten nicht länger behalten."

Zum Verhängnis wird dem 68-Jährigen ausgerechnet eine Charaktereigenschaft, auf die "Mr. Qualität" immer besonders stolz war: seine Detailverliebtheit. Im Interview mit n-tv.de brachte es Autoexperte Helmut Becker auf den Punkt: "Wenn er es nicht gewusst hat, ist er schuld, weil er seine Aufsicht vernachlässigt hat. Und wenn er es gewusst hat, - was ich persönlich nicht glaube, denn Herr Winterkorn ist ein ehrenwerter Mann - ist er doppelt schuld. Er wird die Konsequenzen ziehen müssen: Denn er trägt die Last der Verantwortung, die – nebenbei bemerkt – mit einem Jahressalär von über 16 Millionen Euro ja auch entsprechend honoriert wird."

Kein Ersatz in Sicht

Winterkorn selbst will seinen Platz nicht räumen – er will aufräumen und zwar gründlich. In einem Video bat er Kunden und Mitarbeiter um Entschuldigung und um ihr Vertrauen in eine umfassende Aufklärung.

Nicht wenige sind bereit, ihm zumindest eine Chance zur Aufklärung zu geben. So hat sich die IG Metall gegen vorschnelle Personalentscheidungen ausgesprochen. "Zunächst müssen alle Fakten auf dem Tisch liegen", sagte der Zweite Vorsitzende der Gewerkschaft, Jörg Hofmann. Auch die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz spricht sich gegen eine schnelle Ablösung des VW-Chefs aus. "Man muss dem Unternehmen Zeit geben, aufzuklären, wer von der Affäre gewusst hat oder wer etwas hätte wissen müssen", sagte DSW-Sprecher Jürgen Kurz dem "Tagesspiegel".

Hinzu kommt, dass die Nachfolgefrage mehr als schwierig ist. "VW kann nicht auf die Schnelle jemand Neues aus der Tasche ziehen", erklärte Kurz.

Bislang wurde vor allem Porsche-Chef Matthias Müller als Nachfolger gehandelt. Es ist jedoch die Frage, ob Winterkorn ausgerechnet aus dem erweiterten eigenen Haus ersetzt werden sollte – denn möglicherweise steckte der Wurm in der gesamten Organisation des Konglomerats VW. Womöglich wird es sogar schwer, auf Branchenebene jemanden zu finden – denn zu diesem Zeitpunkt ist noch unklar, wie groß die Kreise werden, die der Abgasskandal ziehen wird. Das Vertrauen hat Martin Winterkorn verloren. Seinen Job aus Mangel an Alternativen möglicherweise noch nicht.

Quelle: ntv.de

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