Wirtschaft

IWF-Chef warnt vor rosa Brille Krise noch nicht ausgestanden

Dominique Strauss-Kahn erwartet den Höhepunkt der Jobkrise erst Mitte 2010.

Dominique Strauss-Kahn erwartet den Höhepunkt der Jobkrise erst Mitte 2010.

(Foto: REUTERS)

Die Finanz- und Wirtschaftskrise ist nach Einschätzung von IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn ein Jahr nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers noch nicht ausgestanden. In zu vielen Köpfen - auch von Spitzen-Politikern - sei die Krise schon vorbei, sagte Strauss-Kahn dem "Spiegel": "Dieses Denken ist gefährlich." Auch der Bankenverband warnte, für viele Unternehmen und Geldhäuser würden die kommenden Monate noch schwieriger. Zudem wachsen die Sorgen vor einer hohen Inflation.

Strauss-Kahn räumte ein, dass Deutschland und Frankreich im zweiten Quartal zwar einige gute Konjunkturdaten vorgelegt hätten. Die Arbeitslosigkeit werde trotzdem mindestens ein Jahr lang weiter steigen. Mitte 2010 werde sie am höchsten sein: "Der Finanzkrise folgt also nicht nur eine Wirtschafts-, sondern auch eine Sozialkrise, die ihren Höhepunkt noch nicht erreicht hat".

Der Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) warnte deshalb, schon jetzt aus den weltweiten Programmen zur Stützung von Konjunktur und Banken auszusteigen. Die Regierungschefs der 20 größten Industrie- und Schwellenländer (G20) beraten in knapp zwei Wochen im amerikanischen Pittsburgh über Szenarien zum Ausstieg aus den Programmen.

Die Lehman-Pleite am 15. September 2008 hatte in der Finanzwelt einen Flächenbrand ausgelöst und die Konjunktur nach unten gerissen. Wie Deutschland bekämpfen viele Länder die Krise mit schuldenfinanzierten Hilfspaketen. Gleichzeitig hatten die Zentralbanken ihre Leitzinsen auf historische Tiefstände gesenkt und die Wirtschaft mit billigen Krediten geflutet. Strauss-Kahn sagte, es bestehe kein Zweifel, dass diese zusätzliche Liquidität wieder abgezogen werden müsse. Die Gefahr, dass die Nachfrage durch steigende Leitzinsen zu früh abgewürgt werde, bewerte er aber derzeit höher als die Inflationsgefahr, die von dem billigen Zentralbank-Geld ausgeht.

Inflation und Insolvenzen bereiten Sorgen

Der Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), Thomas Straubhaar, warnte vor einer "Horror-Inflation" zwischen fünf und zehn Prozent im Jahr 2011. Von der derzeit nahe Null liegenden Preissteigerungsrate dürfe man sich nicht einlullen lassen, sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Die Geldentwertung wird so stark ausfallen wie seit Anfang der 1990er Jahre nicht mehr." Der Staat müsse von den hohen Schulden herunterkommen. Da sei Inflation eine sehr einfache Lösung.

HWWI-Direktor Straubhaar fürchtet hohe Inflationsraten.

HWWI-Direktor Straubhaar fürchtet hohe Inflationsraten.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Mit dem allmählich einsetzenden Aufschwung könnte nicht nur die Inflation anziehen, sondern auch der Eifer zur Reform der Finanzmärkte erlahmen. Strauss-Kahn sagte, er hoffe, dass der G20-Gipfel für neuen Schwung sorgen werde. Es nütze aber nicht viel, wenn Politiker und Akademiker ihre Lehren zögen, diese den Händler in einer Bank aber nicht erreichten. Unter anderem will der Gipfel über nachhaltigere Boni-Systeme für Banker beraten.

Der geschäftsführende Vorstand des Privatbankenverbandes BdB, Manfred Weber, warnte davor, die langfristigen Folgen der Krise zu unterschätzen. Viele Unternehmen könnten sich noch nicht aus den laufenden Einnahmen wieder selbst finanzieren, sagte er der "Rheinpfalz am Sonntag". So müsse in nächster Zeit mit einer hohen Zahl an Unternehmens-Insolvenzen gerechnet werden.

Quelle: ntv.de, rts

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