EU kann nun ermitteln MAN zeigt sich selbst an
04.03.2011, 17:40 UhrSeit geraumer Zeit besteht der Verdacht, dass sich mehrere Lkw-Bauer bei Preisen und Lieferzeiten abgesprochen haben. Nun kommt Schwung in die EU-Ermittlungen. Grund ist die Selbstanzeige des Münchner Herstellers MAN. Damit könnte das Dax-Unternehmen straffrei bleiben. Von der EU ist zu den laufenden Ermittlungen noch nichts zu vernehmen.

(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die Ermittlungen der EU-Kartellwächter gegen mehrere Lkw-Hersteller sind durch eine Selbstanzeige von MAN ins Rollen gekommen. Der Münchner Dax-Konzern selbst habe die EU-Kommission alarmiert, berichtete die britische "Financial Times" unter Berufung auf Branchenkreise.
MAN könne als Whistleblower damit rechnen, in dem Fall straffrei zu bleiben. Dem Bericht zufolge geht die EU dem Verdacht nach, dass einige der weltgrößten Lkw-Bauer seit mehr als einem Jahrzehnt Preise und Lieferzeiten in einem halben Dutzend europäischer Länder abgesprochen haben. MAN wollte sich - wie andere betroffene Lkw-Bauer auch - nicht zum Stand der Ermittlungen äußern.
Mitte Januar hatten Daimler, Volvo, MAN, Scania und die zu Fiat gehörende Lkw-Marke Iveco bestätigt, dass die EU-Kartellbehörde bei ihnen Durchsuchungen eingeleitet hat. Auch die Nutzfahrzeugsparte Renault soll betroffen sein. Unklar war, ob auch DAF (Paccar) im Verdacht steht. Dann wäre die gesamte europäische Lkw-Industrie, die in der Vergangenheit durch mehrere Korruptionsfälle Schlagzeilen gemacht hat, im Visier der Kartellwächter.
Die EU-Kommission äußert sich nicht zu laufenden Ermittlungen. Lediglich zu Beginn der Untersuchungen hatte die Brüsseler Behörde von mehreren Unternehmen gesprochen, die im Verdacht stünden, gegen Wettbewerbsregeln verstoßen oder dominante Marktpositionen missbraucht zu haben. Darauf deutete auch eine Mitteilung von Scania hin, wonach es sich um die unangemessene Weitergabe von Informationen handelt. Der schwedische Lkw-Konzern arbeitet eng mit MAN zusammen, beide Unternehmen sind durch den gemeinsamen Großaktionär Volkswagen verbunden.
"Die Leute sind nervös"
Die Untersuchungen sollen auf einen Mitarbeiter zurückgehen, der sich an die Compliance-Abteilung gewandt hat. Daraufhin habe MAN die EU-Behörde eingeschaltet, berichtete die Zeitung. MAN war unlängst in eine Korruptionsaffäre verwickelt und hat deswegen seine Kontrollen verschärft. Auch andere Firmen haben nach den Regeln guter Unternehmensführung Telefon-Hotlines eingerichtet, auf denen Mitarbeiter Verstöße melden können - auf Wunsch auch unter Geheimhaltung der Identität.
Die von der EU eingeleiteten Untersuchungen sorgen in der Lkw-Branche für erhebliche Unruhe. "Die Leute sind richtig nervös - nicht, weil sie besorgt sind, sondern weil sie nicht wissen, worum es geht", zitierte die Zeitung eine Person aus dem MAN-Umfeld. Die Überwachung von Abläufen behindere inzwischen sogar das Tagesgeschäft bei einigen Unternehmen. Die Alarmstimmung geht offenbar soweit, dass Firmen ihre Absatzzahlen nicht mehr an den Herstellerverband ACEA melden, weil sie befürchten, dies könnte ihnen als unangemessene Weitergabe von Informationen ausgelegt werden.
Quelle: ntv.de, rts