Kakophonie zu Opel Merkel erntet Kopfschütteln
10.06.2010, 12:23 UhrDer Fall Opel sorgt für einen weiteren Krach in der schwarz-gelben Koalition. In der FDP sorgt das Überstimmen ihres Ministers Brüderle durch Kanzlerin Merkel in der Frage der Staatsbürgschaften für großen Unmut. Die SPD wirft Merkel schwere Versäumnisse vor.
Bundeskanzlerin Merkel sorgt mit ihrem Vorstoß bei den Opel-Hilfen für Ärger beim Koalitionspartner FDP. "Ich finde die Reaktion der Kanzlerin und der Ministerpräsidenten schwer begreiflich", sagte Fraktionsvize Patrick Döring. Die Entscheidung von Wirtschaftsminister Rainer Brüderle gegen Staatsbürgschaften sei richtig. Döring wies darauf hin, dass Opel-Chef Nick Reilly erklärt habe, es werde auch ohne Bürgschaften der Regierung keine wesentlichen Änderungen am Sanierungskonzept und keine Werksschließungen in Deutschland geben. "Damit ist doch offensichtlich, dass die Amerikaner die ganze Zeit geblufft haben, um an billiges Geld zu kommen", sagte er.
Nach Ansicht des haushaltspolitischen Sprechers der FDP-Fraktion, Otto Fricke, sind Staatshilfen für Opel nicht vermittelbar. "Wir können nicht auf der einen Seite mit Sparappellen an die deutsche Bevölkerung herantreten und gleichzeitig General Motors, einem Unternehmen mit liquiden Mitteln von zehn Milliarden Euro, unter die Arme greifen."
Kurz nachdem Brüderle am Mittwoch Hilfen für Opel aus dem Deutschlandfonds abgelehnt hatte, hatte die Kanzlerin erklärt, über Opel sei noch nicht das letzte Wort gesprochen. Am Nachmittag will die Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Opel-Standortländer Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Thüringen über Möglichkeiten zur Hilfe beraten.
"Merkel braucht Minister nicht"
Der SPD-Wirtschaftspolitiker Garrelt Duin warf Merkel schwere Versäumnisse vor. "Warum findet das Spitzengespräch erst jetzt statt und nicht schon im März", bemängelte der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Das Treffen hätte nach seinen Worten vor der Entscheidung über Bundeshilfen laufen müssen und nicht danach. Dass Merkel nach dem Nein zu Bundeshilfen durch Brüderle ein Spitzengespräch mit den Regierungschefs der Opel-Länder ansetze, zeige, dass sie den Ressortchef in Wahrheit nicht brauche.
Merkel wolle sich nun offenbar als Wahrerin von Arbeitnehmer- und Standortinteressen präsentieren, vermutete Duin. "Das ist jetzt Sache der Kanzlerin - der Wirtschaftsminister ist aus dem Rennen." Die SPD trete weiterhin für Hilfen an Opel ein, um Arbeitsplätze abzusichern.
Franz attackiert Brüderle
Unterdessen bezichtigte Opel-Betriebsratschef Klaus Franz Brüderle der Lüge. "Wider besseres Wissen sagt Herr Brüderle die Unwahrheit", sagte Franz in Rüsselsheim.

Rainer Brüderle stößt beim Opel-Betriebsrat auf völliges Unverständnis.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der FDP-Politiker hatte Bürgschaften des Bundes für den angeschlagenen Autobauer abgelehnt und dies unter anderem damit begründet, dass Opel keine Bank gefunden habe, die die Kreditrisiken übernehmen wolle. Franz wies diese Darstellung zurück: "Seit mehreren Wochen hat Opel/Vauxhall unterschriebene Verträge mit der Deutschen Bank und der Barclays Bank. Das ist Herrn Brüderle bekannt." Es gebe kein Problem mit den Finanzinstituten.
Bei staatlichen Bürgschaften nimmt der Staat den Banken bis zu 90 Prozent des Risikos ab - das Darlehen bekommt das Unternehmen dann von seinen Hausbanken.
"GM will sich Zinsvorteile erschleichen"
Dagegen bezeichnete der Autoexperte Wolfgang Meinig das Nein von Brüderle zu Opel- Staatsbürgschaften als "sachgerecht und völlig richtig". "Die amerikanische Opel-Mutter GM versucht nämlich, sich unter Vorgabe falscher Gründe Zinsvorteile mit Hilfe einer Staatsbürgschaft zu erschleichen", sagte der Leiter Forschungsstelle Automobilwirtschaft FAW in Bamberg. Das sei umso gravierender, als GM ein amerikanisch-kanadischer Staatsbetrieb sei.
"Solange aber Opel zu GM gehört und nicht 'losgelassen' wird, wird die Öffentlichkeit stets zu hören bekommen: Opel geht es schlecht." Meinig wirft dem US-Konzern vor, mittels konzerninterner Verrechnungstaktiken seine Zahlen wie schon in der Vergangenheit immer so zu rechnen, dass die Mutter gut dasteht und die deutsche Tochter dahinsiecht.
Quelle: ntv.de, wne/rts/dpa