Finanzmarktreform jetzt Obama lässt nicht locker
18.04.2010, 11:12 UhrDie Vorwürfe der SEC gegen Goldman Sachs sind eine Steilvorlage für US-Präsident Obama und seine stockende Finanzmarktreform. Er bekräftigt noch einmal die Pläne seiner Regierung, nach denen die Wall Street künftig für verantwortungsloses Handeln zur Rechenschaft gezogen werden soll. Und droht sogar mit einem Veto, falls die Reform zu lasch ausfallen sollte.
Nach den schweren Täuschungsvorwürfen gegen die US-Großbank Goldman Sachs hat sich Präsident Barack Obama erneut für eine rasche Reform des Finanzmarktes stark gemacht. In seiner wöchentlichen Rundfunkansprache sagte Obama, in den Nachwehen der schweren Wirtschaftskrise sei diese Reform eine zu wichtige Angelegenheit, um weiterhin tatenlos zu bleiben. "Die Finanzindustrie und ihre mächtige Lobby haben sich gegen den moderaten Schutz vor derartigen rücksichtslosen Risiken und schlechten Praktiken gewehrt, die zu dieser drastischen Krise geführt haben", sagte Obama.
"Firmen wie AIG und andere, die verantwortungslos große Risiken, etwa mit Derivaten, eingegangen sind, haben die Krise mit herbeigeführt", sagte Obama. Die Regulierungsmaßnahmen "würden die Verbraucher zurück auf den Fahrersitz bringen". Sie würden Großbanken und Kreditkartenfirmen zwingen, "ihnen klare, verständliche Auskünfte zu geben, damit die Amerikaner die finanziellen Entscheidungen treffen können, die auch am Besten für sie sind", sagte Obama weiter.
Verhärtere Fronten
Obama appellierte zum wiederholten Mal an die Opposition, das entsprechende Gesetz zur Regulierung der Banken rasch durch den Senat zu bringen. Zuvor hatte er sogar mit seinem Veto gedroht, sollte das von ihm angestrebte Gesetz zur Finanzmarktreform nicht streng genug ausfallen. "Ich werde mein Veto gegen eine Gesetzgebung einlegen, wenn sie den Derivate-Markt nicht unter Kontrolle bringt und nicht ein Regelwerk aufstellt, das sicherstellt, dass sich eine solche Krise wie in der Vergangenheit nicht wiederholt", sagte der Staatschef bei einem Treffen eines Beratungsgremiums für die Wirtschaftserholung.
Die Republikaner wie die meisten Unternehmer stemmen sich vehement gegen den staatlichen Eingriff ins Finanzsystem. Erst vergangene Woche hatte Obama Vertreter beider Parteien im Weißen Haus empfangen, um die größten Finanzmarkt-Regulierungen der USA seit den 1930er Jahren möglichst bald gesetzlich zu verankern. Das Repräsentantenhaus hatte dem Gesetzentwurf im vergangenen Jahr zugestimmt, doch im Senat gibt es heftigen Widerstand.
Kernpunkte der Reform sind mehr Mitspracherechte für Aktionäre, ein größerer Schutz für Verbraucher und eine neue Rolle für die US-Notenbank. Der Plan enthält auch eine schärfere Aufsicht über den Handel mit Finanzprodukten, die in den falschen Händen hochriskant sein können. So sollen die umstrittenen Kreditausfallversicherungen, sogenannte Credit Default Swaps (CDS), oder Derivate nur noch an transparenten Plattformen wie Börsen gehandelt werden können.
Goldman schürt neue Krisenangst
Der Betrugsverdacht gegen das Wall-Street-Haus Goldman Sachs hat die Angst vor neuen Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten neu entfacht. Die US-Börsenaufsicht SEC wirft Goldman Sachs vor, Großinvestoren beim Verkauf von verbrieften Hypothekenkrediten (CDO) betrogen zu haben. Nachdem die SEC am Freitag die Investmentbank verklagt hatte, brachen weltweit die Aktienkurse großer Bankhäuser ein. Die Papiere von Goldman Sachs verloren bis zum Börsenschluss 13 Prozent, die der Deutschen Bank gaben mehr als sieben Prozent nach.
Goldman widerspricht den Vorwürfen der SEC vehement und verweist darauf, dass das renommierte Geldhaus selbst auf steigende Kurse gesetzt und Verluste von 90 Mio. Dollar eingefahren habe. Die Anleger - darunter auch die deutsche Mittelstandsbank IKB - seien erfahrene Marktteilnehmer gewesen und hätten um die Risiken gewusst.
IKB setzte alles in den Sand
Die IKB verlor laut Anklageschrift fast ihre gesamten 150 Mio. US-Dollar Einsatz. "Die IKB hätte in diese Transaktion nicht investiert, wenn sie gewusst hätte, dass Paulson eine wichtige Rolle in der Auswahl der Sicherheiten spielte", heißt es in der 22-seitigen Anklageschrift. Ab Mitte 2007 geriet die Bank in existenzielle Schwierigkeiten und musste vom deutschen Steuerzahler mit Mrd. gerettet werden. Ob sie mit Schadenersatz rechnen kann, ist unklar. Die Düsseldorfer - mittlerweile im Besitz des US-Finanzinvestors Lone Star - waren für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Die Bundesregierung behält sich die Prüfung rechtlicher Schritte gegen Goldman Sachs vor. "Die Finanzaufsicht BaFin wird ein Auskunftsersuchen an die (US-Börsenaufsicht) SEC stellen", sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm der "Welt am Sonntag". "Nach einer sorgfältigen Bewertung der Unterlagen werden wir rechtliche Schritte prüfen."
Quelle: ntv.de, dd/dpa