Wirtschaft

Hin und Her bei Griechenland-Hilfen Obama schaltet sich ein

Die unklare Haltung der europäischen Regierungen zu staatlichen Finanzhilfen für Griechenland ruft US-Präsident Obama auf den Plan. Spekulanten nutzen die Hängepartie zum Anlass für neue Rekordwetten gegen den Euro.

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(Foto: AP)

US-Präsident Barack Obama hat wegen der Unentschlossenheit Europas in der Griechenland-Krise in einer Telefonkonferenz mit Bundeskanzlerin Merkel und dem britischen Premier Brown über die Lage beraten. Präsidentensprecher Robert Gibbs sagte nach der Konferenz, Obama sei überzeugt, dass die EU angemessen und effektiv auf die Krise reagieren werde. In der EU wird seit Wochen über das Ob und Wie finanzieller Hilfen für das Euro-Land diskutiert. Dahinter stehen Zweifel, dass Griechenland sein Schuldenproblem alleine in den Griff bekommt. Zurzeit versucht die Regierung in Athen, eine Rosskur aus Reformen durchzusetzen.

Eine Staatspleite Griechenlands würde nicht nur Europa, sondern das gesamte Weltfinanzsystem erschüttern. Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou will am kommenden Freitag mit Merkel in Berlin über die Lage beraten und am 9. März in Washington mit Obama zusammentreffen.

KfW-Garantien für Finanzhäuser

Ob es zu bilateralen Hilfen der anderen Euro-Länder kommt, ist nach Angaben aus der Bundesregierung weiter offen. "Wir beraten über alles Mögliche", sagte ein Regierungsvertreter. Im Gespräch ist unter anderem, dass Staatsbanken einspringen, wenn griechische Staatsanleihen unter privaten Instituten keine Abnehmer mehr zu akzeptablen Konditionen finden. Wegen der Krise verlangen Investoren anhaltend hohe Renditen für die Papiere.

In Deutschland könnte im Notfall die staatseigene KfW bei griechischen Schuldverschreibungen zugreifen. Die "Financial Times" berichtete unter Berufung auf einen deutschen Bankmanager, es werde auch darüber nachgedacht, ob die KfW private Finanzinstitute mit Garantien dazu bewegen könnte, griechische Staatsanleihen zu kaufen.

In diesen Wochen geht es an den Finanzmärkten für Griechenland um alles.

In diesen Wochen geht es an den Finanzmärkten für Griechenland um alles.

(Foto: AP)

Die griechische Zeitung "Ta Nea" berichtete, Deutschland und Frankreich seien sich einig, dass die KfW und die französische Staatsbank Caisse des Depots griechische Anleihen kaufen oder garantieren sollten. In deutschen Regierungskreisen wurde das als "Unsinn" bezeichnet. Eine solche Vereinbarung gebe es nicht.

Milliardenschwere Umfinanzierung

Der griechische Staat muss in diesem Jahr rund 50 Mrd. Euro seines Schuldenberges umfinanzieren. An den Finanzmärkten wird in den kommenden Wochen eine zehnjährige Anleihe über mehrere Mrd. Euro erwartet. Die Nagelprobe folgt im Frühjahr mit einem weiteren Anleihevolumen von wohl über 15 Mrd. Euro.

Das Bundesfinanzministerium wies Berichte zurück, wonach die Regierung für mögliche deutsche Finanzhilfen im Bundeshaushalt 2010 Vorsorge treffen wolle. Solche Pläne gebe es nicht, sagte Ministeriumssprecher Michael Offer. Damit widersprach er anderslautenden Angaben aus Koalitionskreisen. Der Bundestags-Haushaltsausschuss will den Etatentwurf am Donnerstag festzurren. Danach muss ihm noch der Bundestag zustimmen.

An den Devisenmärkten löste die anhaltende Unsicherheit über eine Lösung der Griechenland-Krise eine neue Spekulationswelle gegen den Euro aus. Nach Angaben der US-Kontrollbehörde CFTC erreichte die Zahl der Kontrakte, die auf einen fallenden Euro-Kurs setzen, ein Rekordhoch. Seit Jahresbeginn hat der Euro zum Dollar rund zehn Prozent an Wert verloren.

Europas Chefstatistiker klagt an

Derweil hat der Generaldirektor des Europäischen Statistikamtes, Walter Radermacher, den Regierungen der anderen EU-Länder eine Mitschuld an der schweren Finanzkrise in Griechenland gegeben. Bereits in den Jahren 2004 und 2005 habe es Probleme mit den aus Athen gelieferten Daten gegeben, sagte er der "Süddeutschen Zeitung".

Einem Vorschlag der EU-Kommission, Eurostat mehr Rechte zu geben, hätten die nationalen Regierungen aber nicht vollständig zugestimmt, sagte Radermacher der Zeitung. "Die Mitgliedsstaaten haben uns nicht die Instrumente gegeben, mit denen wir die Krise hätten verhindern können."

Jahrelang gefälschte Daten, permanente Misswirtschaft, verschleppte Reformen und Korruption gelten als Hauptgründe für das unübersehbare Finanzdesaster, in dem sich Griechenland befindet. Ein Konkurs des größten Schuldners in der Währungsunion würde den Euro bedrohen. Die EU hat das Land unter Zwangsaufsicht gestellt.

"Gewisse Unschärfen"

Radermacher räumte ein, dass auch andere EU-Länder gelegentlich "Zahlen mit gewissen Unschärfen" übermittelten. Gravierende Fälschungen seien jedoch in keinem anderen Land vorgekommen. "Griechenland ist ein singulärer Fall."

Radermacher fordert nun erneut, sein Amt als unabhängiger Aufseher auszubauen. "Wir müssen nicht nur die Daten prüfen, die geliefert werden, sondern den Weg der Daten von der Erhebung vor Ort bis zu uns", sagte er. Quelle allen Übels in Griechenland sei, "dass sie kein ordentliches Rechnungswesen haben." Öffentlich finanzierte Krankenhäuser, aber auch Gemeinden führten über ihre Finanzen kaum Buch, weshalb praktisch keine Daten erfasst würden.

Quelle: ntv.de, rts/dpa

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