Wirtschaft

Lob für Ampel-Sondierungspapier Ökonomen hoffen auf Wirtschaftsreformen

SPD, Grüne und FDP wollen mithilfe von Investitionen einen modernen Staat schaffen.

SPD, Grüne und FDP wollen mithilfe von Investitionen einen modernen Staat schaffen.

(Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild)

Das Ergebnis der Sondierungen weckt bei Top-Ökonomen die Hoffnung auf eine Modernisierung von Staat und Haushalt. Insbesondere die Vorschläge für die Steuer- und Investitionspolitik stoßen auf Zuspruch. Bei einem entscheidenden Punkt sehen die Experten aber noch Fragezeichen.

Top-Ökonomen sehen in dem Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP gute Ansätze für Wirtschaftsreformen in Deutschland. "Insgesamt ist das ein konstruktiver Kompromiss und ein gutes Gesamtpaket, dass da schnell und vertraulich vereinbart wurde", sagte Ökonom Jens Südekum vom Institut für Wettbewerbsökonomie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. "Insgesamt ein gutes Paket", twitterte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Er verwies auf das Erhalten der Schuldenbremse, den Verzicht auf Steuererhöhungen sowie die Zusage, die nötigen Mittel für öffentliche und Förderung privater Investitionen im Rahmen vorhandener Regeln zu leisten.

ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski sprach von einem "verheißungsvollen Start". Südekums Einschätzung nach haben alle Parteien wirtschaftspolitische Prestigeprojekte durchsetzen können: Die SPD den Mindestlohn von zwölf Euro, die Grünen Kindergrundsicherung und Bürgergeld, die FDP Aktienrente. "Darüber schwebt mit dem Modernisierungsbegriff eine gemeinsame Erzählung, die durch eine Reihe von kleineren Projekten - wie der Beschleunigung von Planungsverfahren - konkretisiert wird", sagte Südekum, der auch im Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums sitzt.

Fragezeichen setzen die Experten hinter die Finanzierbarkeit der geplanten Zukunftsinvestitionen. Diese sollen ohne Steuererhöhungen gelingen. An etlichen Stellen sind sogar Entlastungen vorgesehen, etwa durch günstige Abschreibungsbedingungen für Unternehmen. Zwar sollen klimaschädliche Subventionen und andere verzichtbare Staatsausgaben gestrichen werden. "Aber das wird absehbar nicht reichen", sagte Südekum. "Deswegen wird die Koalition die Flexibilität der Schuldenbremse maximal nutzen müssen." 2022, wo die Schuldenbremse noch ausgesetzt ist, werde die Ampel wohl eine große Rücklage anfüllen, die in den Folgejahren abgeschmolzen werde.

Auch DGB ist zufrieden

Gleichzeitig werde sie, wo immer möglich, öffentliche Investitionen in Zweckgesellschaften auslagern, die neben der Schuldenbremse operieren. Zwischen den Zeilen sei deutlich zu sehen, dass eine Erhöhung bei der Erbschaftssteuer weiterhin kommen könne, denn die Koalition schließe nur die "Einführung neuer Substanzsteuern" aus, sagte Südekum. "Ob es ein großer Wurf wird, kann man jetzt noch nicht sagen", sagte ING-Chefvolkswirt Brzeski zum Sondierungspapier. "Es ist definitiv ein Schritt in die richtige Richtung, obwohl abzuwarten ist, wie die Details wirklich aussehen und wie die Umsetzung dann gelingt."

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Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger kritisierte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe fehlende Reformen im Bereich der Sozialversicherung. Hier drohten nun "vier weitere Jahre Stillstand". Grundsätzlich positiv mit Blick auf den angekündigten digitalen Aufbruch äußerte sich der Digitalverband Bitkom. Auch Christian Miele, Vorstandsvorsitzender des Startup-Verbandes, sagte: "Digitaler Aufbruch für den Staat, attraktivere Regeln für Mitarbeiterbeteiligungen, eine Stärkung der Startup-Finanzierung mit Elementen wie dem Zukunftsfonds und erleichterter Zugang zu Daten würden Deutschland nach vorne bringen."

Der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Reiner Hoffmann, hat das Sondierungsergebnis von SPD, Grünen und FDP als eine "erste beachtliche Grundlage" gewürdigt. Übereinstimmend hätten die Verhandlungspartner erheblichen Investitionsbedarf anerkannt, erklärte er - "ohne jedoch zu präzisieren, in welchen Bereichen investiert werden muss", fügte er hinzu. Völlig offen blieben die Fragen der Finanzierung. Für die Gewerkschaften komme es darauf an, dass die nächste Bundesregierung Modernisierung und mehr Gerechtigkeit miteinander verbindet, betonte Hoffmann. Die im Sondierungspapier vereinbarten Ziele - wie mehr tariflich bezahlte und mitbestimmte Arbeit, ein Mindestlohn in Höhe von zwölf Euro, eine Rente, die zum Leben reicht, und ein verlässlicher Sozialstaat - müssten zügig umgesetzt werden. Dazu gehörten auch bessere Möglichkeiten für Bildung und Weiterbildung.

Quelle: ntv.de

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