Wirtschaft

Die Krise ist nicht vorbei Peking fürchtet Rückschläge

Nach Ansicht der Regierung in Peking hat China die Wirtschaftskrise noch nicht überstanden. Ministerpräsident Wen warnt vor Rückschlägen. "Dieses Jahr wird das komplizierteste für die Wirtschaft", sagt er zum Abschluss des Nationalen Volkskongresses.

Wen Jiabao.

Wen Jiabao.

(Foto: REUTERS)

Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao hat trotz der leichten Erholung weltweit vor einem Rückfall in die Wirtschaftskrise gewarnt. Zum Abschluss der diesjährigen Plenartagung des Volkskongresses verwies der Regierungschef in Peking auf die Schuldenkrise und Arbeitslosigkeit in mehreren Ländern sowie instabile Rohstoffpreise und Wechselkurse. Diese Probleme könnten Rückschläge auslösen und sogar zu "einer zweiten Talsohle in der Rezession" führen. China stehe vor dem "schwierigsten Jahr". Schnelle Entwicklung, Umstrukturierung und Inflationsbekämpfung müssten gleichzeitig gelingen.

Am Ende ihrer zehntägigen Sitzung hatten die knapp 3000 Delegierten in der Großen Halle des Volkes zuvor erwartungsgemäß die Rechenschaftsberichte der Regierung und den Haushalt bestätigt, der in diesem Jahr ein Rekorddefizit vorsieht. China setzt weiter auf massive Staatsausgaben und eine lockere Geldpolitik, um seine Wirtschaft in Schwung zu halten und soziale Spannungen zu vermeiden. Wegen der Inflationsgefahr soll die stark gestiegene Kreditvergabe der Banken leicht gedrosselt werden. Die Regierung gibt als Wachstumsziel acht Prozent voraus, doch gehen Experten in diesem Jahr von einem höheren Anstieg aus.

Yuan wird nicht aufgewertet

Der Yuan ist de facto an den Dollar gekoppelt.

Der Yuan ist de facto an den Dollar gekoppelt.

(Foto: REUTERS)

Forderungen der USA und Europas nach einer Aufwertung der chinesischen Währung wies der Ministerpräsident zurück. "Ich halte den Yuan nicht für unterbewertet." Er lehne Schuldzuweisungen und massiven Druck anderer Länder ab, die China vorwerfen, damit seine Ausfuhren künstlich zu verbilligen. Der stabile Yuan habe eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise gespielt, sagte Wen Jiabao. Im Krisenjahr seien die Importe Chinas mit elf Prozent weniger stark gefallen als die Exporte mit 16 Prozent. China werde seine Währung "auf einem ausgeglichenen Niveau stabil" halten.

China hat den Yuan Mitte 2008 de facto an den Dollar gekoppelt, um sich angesichts der schweren weltweiten Rezession seine Exportwirtschaft zu stützen. Die USA und andere Länder halten die chinesische Währung für unterbewertet und fordern, den Yuan aus der engen Anbindung an die internationale Leitwährung zu lösen. Sie werfen China vor, sich mit dem Währungsmanöver ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile auf den Weltmärkten zu verschaffen. Erst vor ein paar Tagen erneuerte US-Präsident Barack Obama die Kritik an China und forderte einen marktorientierten Yuan-Kurs. Zudem erklärte US-Senator Charles Shumer, er sähe keinen Grund, warum die USA die Volksrepublik nicht als Währungsmanipulator bezeichnen sollte.

Krise trotz Wachstum

Von Chinas Wachstumsraten kann Europa nur träumen.

Von Chinas Wachstumsraten kann Europa nur träumen.

(Foto: REUTERS)

Wen warnte seine Landsleute, trotz des Wachstums von 8,7 Prozent im vergangenen Jahr habe China die Wirtschaftskrise noch nicht überstanden. "Der Weg vor uns wird nicht einfach und ist voller Biegungen und Windungen." China sei nicht losgelöst vom Rest der Welt. Auch hätten sich die Geschäfte vieler chinesischer Unternehmen "noch nicht fundamental gebessert". Viele seien weiter vom Konjunkturprogramm abhängig, um sich über Wasser zu halten. Beim Ausstieg aus dem Konjunkturprogramm komme es entscheidend auf die Wahl des richtigen Zeitpunkts an, sagte Wen Jiabao. Die Regierung werde sich weiter auf die Konsolidierung der immer noch "komplizierten" wirtschaftlichen Lage konzentrieren, sagte Wen bei seiner einzigen für dieses Jahr geplanten offiziellen Pressekonferenz vor hunderten ausländischen Journalisten. China werde an dem Ende 2008 in Kraft gesetzten Konjunkturpaket von umgerechnet 400 Milliarden Euro festhalten.

China sei weit davon entfernt, ein entwickeltes Land zu sein, sagte Wen und zeigte sich besorgt über die soziale Ungleichheit, die in dem riesigen Land mit 1,3 Milliarden Menschen die Gefahr politischer Spannungen berge. "Unsere wirtschaftliche und soziale Entwicklung muss den Armen und benachteiligten Gruppen mehr Aufmerksamkeit schenken, weil sie die Mehrheit bilden", sagte der Regierungschef. "Es wird hundert Jahre dauern, oder sogar mehr, bis China ein modernes Land ist", sagte Wen und versicherte, dass Peking nicht nach Hegemonie strebe. China ist auf dem Weg zur zweitstärksten Wirtschaftsmacht der Welt und führt erstmals die Rangliste der weltweit größten Exportnationen an.

Im neuen Haushalt steigen die Ausgaben für das Sozial- und Gesundheitswesen, die Bauern, die Bildung und den Umweltschutz überdurchschnittlich. Das Militär muss sich mit einer Steigerung des Verteidigungsetats um 7,5 Prozent zufriedengeben - der niedrigste Anstieg seit zwei Jahrzehnten. Der Rechenschaftsbericht von Wen Jiabao erhielt 2836 Stimmen, während 36 Delegierte dagegen stimmten, 25 enthielten sich. Der Haushalt wurde mit 2458 Stimmen angenommen. 317 Delegierte stimmten dagegen und 116 enthielten sich. Die 30-minütigen Abstimmungen verliefen ohne Überraschungen. Der Volkskongress hat in seiner Geschichte noch nie eine Vorlage der Regierung abgelehnt.

Quelle: ntv.de, jga/dpa/AFP/rts

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