Zugunglück in China Peking überdenkt den Ehrgeiz
25.07.2011, 14:46 UhrFast 40 Menschen sterben bei einem Zugunglück in China. Das bremst nicht nur die Exporthoffnungen für Hochgeschwindigkeitstechnologie, sondern wirft diese Industrie auch im Riesenreich zurück. Die Aktienkurse der Branche brechen ein - die Papiere verlieren bis zu 20 Prozent an Wert.
Das Zugunglück im Osten Chinas hat den Plänen für einen Export der Hochgeschwindigkeitstechnologie einen Dämpfer versetzt. Die Kollision weckt Zweifel an der Sicherheit des zügig ausgebauten Schnellnetzes und der Zuverlässigkeit der Technik. Die Aktien der chinesischen Hersteller von Zügen, Signalsystemen und Gleisen gaben in Shanghai und Hongkong drastisch nach.
"Seit 2008 hat China beim Ausbau der Bahn einen großen Sprung nach vorne gemacht", sagte Ren Xianfang von IHS Global in Peking. "Wir haben seit langem das Gefühl, dass das Tempo des Ausbaus nicht haltbar ist." Dabei sieht er systematische Probleme vor allem bei der Steuerung des Netzwerks. Es sei zu wenig Geld in die Computertechnik gesteckt worden.
"Die Software hält nicht Schritt mit dem sehr schnellen Ausbau der Infrastruktur", sagte Ren. "Dieser Unfall hat die Wahrnehmung von allem, was mit Chinas Hochgeschwindigkeitszügen, Hochgeschwindigkeitsstrecken und Hochgeschwindigkeitsnetz zu tun hat, schlagartig verändert."
Schweres Unglück
Das Unglück ist nicht nur schwerer Dämpfer für die Exporthoffnungen, sondern wirft die Industrie auch in China zurück. Die Regierung könnte die Investitionen in die Schienenverkehrinfrastruktur kräftig senken, fürchteten Börsianer. "Der Markt hat damit gerechnet, dass die staatlichen Investitionsausgaben in der zweiten Jahreshälfte wieder anziehen, der jüngste Zugunfall könnte aber dazu führen, dass die Regierung die geplanten Projekte noch einmal überdenkt", so ein Analyst von Sinolink Securities.
Bei dem Unglück 1400 Kilometer südlich von Peking kamen am Samstag rund 40 Menschen ums Leben. Ein Hochgeschwindigkeitszug raste in einen stehenden Zug, der nach einem Blitzeinschlag fahruntüchtig war. Beide Züge wurden von einem Gemeinschaftsunternehmen des kanadischen Siemens-Rivalen Bombardier mit der China South Locomotive gebaut. Das chinesische System konkurriert vor allem mit japanischen Hochgeschwindigkeitszügen.
China South sieht die Schuld für das Unglück bei der Signaltechnik. Die Züge seien in Ordnung, sagte ein Sprecher. Der US-Konzern General Electric, der das System geliefert hat, teilte mit, die "entscheidende Ausrüstung" stamme nicht von ihm.
Kurse stürzen ab
Die Aktien der China South gaben in Shanghai 16 Prozent nach. Der größte Ausrüster des Landes, China Northern Locomotive, verlor knapp zehn Prozent an Wert. Auch die Kurse der an der Bahninfrastruktur beteiligten Konzerne gaben zwischen sieben und 19 Prozent nach. Dagegen legten die Anteilsscheine regionaler Fluggesellschaften wie Air China sowie China Southern und China Eastern Airlines zu. Die Händler erwarteten, dass Reisende wieder öfter ins Flugzeug steigen, um die großen Distanzen im Land schnell zu überwinden.
Quelle: ntv.de, rts/DJ