Aktionäre stimmen Sanierung zu Pfleiderer vorerst gerettet
21.07.2011, 22:10 Uhr
(Foto: dpa)
Deutschlands größtem Sanierungsfall Pfeiderer kann geholfen werden. Die Aktionäre des Holzverarbeiters stimmen einer Sanierung zu und ebnen so den Weg für eine Rettung. Die Insolvenz ist vorerst abgewendet - der Preis dafür aber auch sehr hoch.
Der schwer angeschlagene Holzverarbeiter Pfleiderer ist vorerst gerettet. Auf einer turbulenten außerordentlichen Hauptversammlung in München stimmten knapp 95 Prozent des anwesenden Kapitals für den mit Gläubigern ausgehandelten Sanierungsplan. Dadurch werden nun Banken und Hedgefonds, die sich in die Kredite eingekauft haben, die Macht bei der Firma aus der Oberpfalz übernehmen. Zahlreiche Kleinaktionäre übten auf der zwölf Stunden langen Versammlung heftige Kritik am Vorstand und den neuen Eigentümern.
Für die Umsetzung des Rettungsplans war eine Annahmequote von 75 Prozent nötig. Andernfalls hätte Pfleiderer innerhalb weniger Wochen Insolvenz anmelden müssen. Der Konzern steht seit Monaten mit dem Rücken zur Wand und ist derzeit Deutschlands größter Sanierungsfall. Ein riskanter Expansionskurs des langjährigen Firmenchefs Hans Overdiek hatte der Firma hohe Verluste und einen riesigen Schuldenberg eingebrockt.
Overdiek zeigte sich nach der Abstimmung erleichtert. "Pfleiderer ist sanierungsfähig", sagte er. "Die bisherigen Zahlen in diesem Jahr zeigen, das wir auf einem guten Weg sind."
Pest oder Cholera?
Nun werden Banken und Hedgefonds auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten und frisches Kapital nachschießen, um das Geschäft am Laufen zu halten. Der Schuldenberg von rund 1,4 Mrd. Euro wird in etwa halbiert. Harte Einschnitte gibt es für Altaktionäre, die nach dem Kurssturz der Papiere auf 44 Cent ohnehin gebeutelt sind. Ihr Anteil wird im Rahmen der Sanierung zunächst auf 0,8 Prozent des Grundkapitals verwässert. Wenn sie neues Geld investieren, können sie später wieder auf bis zu 16 Prozent aufstocken. Zur Annahme des Sanierungsplans trug vor allem die Zustimmung des Großaktionärs One Equity Partners (OEP) bei, der rund 23 Prozent an Pfleiderer hält.
Heftige Kritik kam von den rund 300 Kleinaktionären. "Wir haben die Wahl zwischen Pest und Cholera", klagte Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Bei einer Ablehnung drohe die Insolvenz und der Verlust von Arbeitsplätzen. "Stimmen wir mit ja, werden wir enteignet." Es sei ungerecht, dass die Aktionäre auf 99 Prozent ihrer Anteile verzichten sollen und die Gläubiger nur auf 40 Prozent ihrer Forderungen, sagte Bergdolt.
"Ein geordnetes Insolvenzverfahren ist besser, als das Unternehmen den Heuschrecken zu übergeben, die dann die Mitarbeiter ausquetschen werden wie jetzt uns Aktionäre", schimpfte Anteilseigner Jochen Knoesel. Andere warnten, die neuen Eigner könnten die Altaktionäre bald ganz aus dem Unternehmen drängen und den Konzern von der Börse nehmen. Mehrere Redner deuteten an, gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung klagen zu wollen. Auch gegen die Pfleiderer Vereinbarung mit den Gläubiger wurden schon Klagen angekündigt.
Ausverkauf bei Pfleiderer
Im Kreuzfeuer der Kritik stand vor allem der sichtlich mitgenommene Vorstandschef Overdiek, dessen Rede immer wieder von wütenden Zwischenrufen unterbrochen wurde. "Ich habe dem Aufsichtsrat bereits vor Monaten meinen Rücktritt angeboten. Ich klebe nicht an meinem Stuhl", sagte er mit brüchiger Stimme. Er hänge jedoch mit Herz und Seele an dem Unternehmen und wolle sich auch in schwierigen Zeiten seiner Verantwortung stellen.
Ausgearbeitet hat den Rettungsplan der seit April amtierende Vorstand Hans-Joachim Ziems, der sich als Sanierer nach der Pleite des Medienmoguls Leo Kirch einen Namen gemacht hat. Seiner Einschätzung nach wird Pfleiderer nach der Schließung von Werken in diesem und nächsten Jahr operativ wieder schwarze Zahlen schreiben. Noch verkaufen will Ziems das defizitäre Nordamerika-Geschäft und dann im Frühjahr oder Sommer 2012 aus dem Unternehmen ausscheiden. Ebenfalls auf der Verkaufsliste steht die Beschichtungstochter Thermopal. Auch Firmenchef Overdiek dürfte nach der Machtübernahme durch die Banken und Hedgefonds abgelöst werden.
Quelle: ntv.de, rts