Wirtschaft

"Brandherde müssen bekämpft werden" Politik mischt Banken auf

Banken hinter Gitter? Sollte die staatlich verordnete Rekapitalisierung kommen, könnten sich einige Institute durchaus so fühlen.

Banken hinter Gitter? Sollte die staatlich verordnete Rekapitalisierung kommen, könnten sich einige Institute durchaus so fühlen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Politik stellt sich auf einen Schuldenschnitt Griechenlands ein. Damit dieser aber keine neue Bankenkrise auslöst, sollen die Institute ihr Kernkapital deutlich aufstocken. Der Aufschrei in den Finanzhäusern ist groß. Aber die Politiker lassen nicht locker. Stichwort: "staatlicher Zwang".

Im Kampf gegen die Schuldenkrise nehmen die Euro-Länder die Banken in die Zange. Sie drängen auf eine größere Beteiligung an der Rettung des Pleitekandidaten Griechenland und bestehen auf Kapitalspritzen für die Geldinstitute - notfalls mit staatlichem Zwang. "Beide Brandherde müssen bekämpft werden", sagte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker. Auch die Ratingagentur Fitch hält viele Banken für nicht krisenresistent und droht mit einer Herabstufung ihrer Kreditwürdigkeit. Bundeskanzlerin Angela Merkel warnte vor einem übereilten Schuldenschnitt und dämpfte wenige Tage vor dem EU-Gipfel die Hoffnung auf ein rasches Ende der Krise.

Juncker will nächste Woche mit Vertretern der Privatbanken über eine stärkere Beteilung an den Kosten für die Rettung Griechenlands sprechen. Sollte das Angebot der Institute nicht ausreichen, schließt Luxemburgs Regierungschef nicht aus, "dass es zu einer nicht freiwilligen Gläubigerbeteiligung kommt". Der Finanzsektor hatte sich im Juli verpflichtet, auf 21 Prozent seiner Forderungen zu verzichten. Frankreichs Finanzminister Francois Baroin geht davon aus, dass es am Ende mehr sein werden: "Das ist ziemlich sicher".

"Nach bestem Wissen und Gewissen"

Merkel warnt vor übereilten Schritten. Ein Schuldenschnitt  dürfe, "wenn überhaupt, nur dann gewagt werden, wenn er nach bestem Wissen oder Gewissen vorbereitet wäre, und zwar um Schlimmeres zu verhindern", sagte sie beim Gewerkschaftstag der IG Metall. Die Bundesregierung pocht deshalb auf eine bessere Kapitalausstattung der Banken, damit diese bei einem Forderungsverzicht nicht selbst in Wanken geraten und eine Finanzkrise auslösen. "Für die Bundesregierung ist ganz klar, dass da, wo ein Rekapitalisierungsbedarf besteht in der Bankenwelt, wir die notwendigen Maßnahmen ergreifen müssen, um das Vertrauen in das Bankensystem zu sichern", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Auch Juncker will die Banken notfalls zu einer besseren Kapitalausstattung zwingen. "Dort, wo Rekapitalisierungsbedarf besteht, müssen wir dafür sorgen, dass rekapitalisiert wird", sagte er dem Deutschlandfunk. So solle verhindert werden, dass das gesamte Bankensystem infiziert werde.

"Es gibt nicht den großen Wurf"

Die Politik fühlt sich in ihrer Auffassung durch die Ratingagentur Fitch bestätigt. Sie hält die meisten global aktiven Banken für nicht ausreichend krisenresistent. Die Nummer drei unter den Bonitätswächtern droht daher sieben der größten Investmentbanken - darunter auch die Deutsche Bank - mit einer Herabstufung ihrer Kreditwürdigkeit. Die Agentur moniert, dass die Institute wegen ihrer großen Abhängigkeit vom Kapitalmarktgeschäft zu sehr in Mitleidenschaft gezogen würden von den Schwankungen an den Märkten, wie sie etwa durch die europäische Schuldenkrise ausgelöst würden.

Die deutsche Bankenbranche läuft Sturm gegen staatlich verordnete Kapitalspritzen. "Die Deutsche Bank wird alles tun, um eine Zwangskapitalisierung zu vermeiden", kritisierte ihr Chef Josef Ackermann am Donnerstag als erster europäischer Top-Banker die Pläne. Sein Haus bräuchte nach Reuters-Informationen als Ergebnis des EU-Stresstests mehrere Milliarden an frischem Kapital.

Merkel dämpfte wenige Tage vor dem EU-Gipfel die Hoffnungen auf ein rasches Ende der Schuldenkrise. "Es gibt nicht die eine Lösung, es gibt nicht den einen großen Wurf, den einen Paukenschlag, mit dem dann alles vorbei ist", sagte die Kanzlerin. Die Krise sei über Jahre entstanden, indem einige Euro-Länder eine Kombination aus mangelnder Wettbewerbsfähigkeit und hohen Schulden zugelassen hätten. "Weil diese Krise nicht über Nacht entstanden ist, wird sie sich auch nicht über Nacht bewältigen lassen", sagte Merkel. Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder kommen am 23. Oktober in Brüssel zusammen, um über einen Ausweg aus der Schuldenkrise zu beraten.

Seitenhieb über den Atlantik

Merkel forderte erneut die Einführung einer weltweiten Börsensteuer und konnte sich einen Seitenhieb gegen die USA nicht verkneifen. Es könne nicht sein, dass sich diejenigen, "die uns immer wieder von außen zum umfassenden Handeln auffordern, um die Schuldenkrise zu bewältigen, gleichzeitig gemeinsam der Einführung einer Finanzmarkttransaktionssteuer umfassend verweigern", sagte Merkel in Karlsruhe. "Ich halte das für nicht in Ordnung." Die Finanzmarktakteure müssten an den Krisenkosten beteiligt werden. Die USA sind bislang gegen eine Börsensteuer, weil sie Schaden für ihren Finanzsektor befürchten.

Der Euro-Rettungsfonds EFSF wird seine Mittel bei der Ausgabe von Staatsanleihen angeschlagener Euro-Staaten voraussichtlich als Hebel einsetzen. Im Gespräch sei dafür eine Art Versicherungslösung, erklärte ein mit den Beratungen Vertrauter in Brüssel.

Die Bundesregierung dementierte Berichte, wonach sie einen  "Hebel" für den Rettungsschirm favorisiere. "Ich kann das nicht bestätigen", sagte Regierungssprecher Seibert. Der "Kölner Stadt-Anzeiger" hatte berichtet, die schwarz-gelbe Koalition stelle sich darauf ein, die Kreditleistung des Euro-Rettungsschirms EFSF in Höhe von 440 Milliarden Euro durch einen sogenannten Hebel zu erweitern. Dabei werde es eine "Versicherungslösung" favorisiert. Der EFSF würde dabei Besitzern von Staatsanleihen im Falle der Zahlungsunfähigkeit des betreffenden Staates bis zu einem Viertel der Verluste ersetzen. Damit sollten Investoren zum Kauf von Staatsanleihen ermutigt werden.

Quelle: ntv.de, rts

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