Wirtschaft

Ifo-Index sinkt überraschend Schwere Lieferengpässe bremsen Industrie

Ohne die richtigen Bauteile kann vielerorts nicht mehr gearbeitet werden.

Ohne die richtigen Bauteile kann vielerorts nicht mehr gearbeitet werden.

(Foto: picture alliance / Andreas Franke)

Der Chipmangel trifft die deutsche Wirtschaft härter als gedacht. Mittlerweile melden zwei von drei Betrieben Lieferengpässe, die auf andere Branchen ausstrahlen. Auch die Sommer- und Urlaubseuphorie in der Gastronomie sind verfolgen.

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im Juli überraschend eingetrübt. Der Ifo-Index für das Geschäftsklima sank um 0,9 Punkte auf 100,8 Zähler, wie das Münchner Institut bekannt gab. Das führende deutsche Konjunkturbarometer, das auf einer Umfrage unter etwa 9000 Unternehmen basiert, sank damit erstmals seit Beginn des Jahres. Analysten wurden von der Entwicklung überrascht. Sie hatten im Schnitt mit einem Anstieg auf 102,5 Punkte gerechnet.

Ausschlaggebend für den Rückgang ist die Einschätzung der künftigen Geschäfte. "Lieferengpässe bei Vorprodukten und Sorgen um wieder steigende Infektionszahlen belasten die deutsche Wirtschaft", sagt Ifo-Präsident Clemens Fuest. Die Manager beurteilten ihre Lage zwar etwas besser als zuletzt. Die Geschäftsaussichten für die kommenden sechs Monate wurden hingegen weniger optimistisch bewertet.

64 Prozent der Industriebetriebe mit Engpässen

Einen genaueren Einblick liefert Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. Seinen Angaben zufolge klagen inzwischen fast 64 Prozent der Industriebetriebe über Engpässe bei Vorprodukten wie Chips. "Das strahlt mittlerweile auf andere Branchen aus", sagt Wohlrabe. So würden auch 60 Prozent der Groß- und mehr als 42 Prozent der Einzelhändler über Probleme klagen. "Das ist wie ein Dominoeffekt."

Der Ifo-Experte vermutet, dass die Thematik in der zweiten Jahreshälfte bestehen bleiben wird. "Wir hatten gedacht, dass die Lieferengpässe nur ein temporäres Problem darstellen, doch sie dürften wohl noch ein bisschen länger anhalten", so Wohlrabe. Dabei sei die Industrie gut in Schwung, die Aufträge seien sogar gestiegen. "Aber es kann nicht so viel produziert werden, wie man es eigentlich könnte." Insbesondere die Exportwirtschaft sei gut aufgestellt. Die Unternehmen suchten auch immer mehr Mitarbeiter, insbesondere die Industrie.

Urlaubs-Euphorie verflogen

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Einen Dämpfer hat Wohlrabe zufolge auch der Optimismus bei konsumnahen Dienstleistern wie Tourismus und Gastgewerbe erlitten, die zuletzt vom Ende vieler Corona-Beschränkungen profitierten. "Hier ist die Euphorie weg", sagt er. Grund sei die zunehmende Furcht vor einer vierten Corona-Welle.

Auf Jahressicht hatte das Institut IHS Markit in seiner Umfrage unter Hunderten Firmen zuletzt ein Rekordwachstum der deutschen Wirtschaft vorausgesagt. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen erwarten ebenfalls, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal um 2,0 Prozent zugelegt hat. Laut Bundesbank dürfte sich das Wachstumstempo im Sommer noch beschleunigen, sodass die Wirtschaft im laufenden dritten Quartal ihr Vorkrisenniveau erreichen kann. Zu Jahresbeginn war das BIP Corona-bedingt um 1,8 Prozent geschrumpft.

Quelle: ntv.de, chr/rts/dpa

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