Trotz Zaudern beim Hilfsantrag Spanien kommt billiger an Geld
18.09.2012, 17:55 UhrDie Aussicht auf massive Anleihekäufe der EZB zeigt weiter Wirkung: Am Dienstag kann sich das angeschlagene Euro-Schwergewicht Spanien günstiger frisches Geld bei Investoren besorgen. Beim Antrag auf EZB-Hilfen spielt Madrid jedoch weiter auf Zeit. Derweil steigen die faulen Kredite bei spanischen Banken auf einen neuen Rekordstand.
Trotz der Hängepartie um eine Flucht Spaniens unter den EU-Rettungsschirm verschafft sich das klamme Land am Kapitalmarkt weiter Luft. Bei der Kreditaufnahme profitierte der Staat am Dienstag weiter von der Interventionsabsicht der EZB in der Euro-Krise, auch wenn der Appetit der Anleger auf länger laufende Papiere nachließ. Das hoch verschuldete Land platzierte rund 4,6 Mrd. Euro Anleihen und konnte die Investoren mit niedrigeren Renditen ködern als zuletzt. Spaniens Vizeregierungschefin Soraya Saenz de Santamaria ließ allerdings offen, ob das Land nach dem Rettungsschirm greifen wird. Die Bedingungen würden weiter geprüft, sagte die Stellvertreterin von Ministerpräsident Mariano Rajoy.
Spanien zahlte bei der Emission von Anleihen mit einer Laufzeit von zwölf Monaten nur noch eine Durchschnittsrendite von 2,83 Prozent nach 3,07 Prozent bei einer vorigen Auktion. Der Zins bei Anleihen mit 18 Monaten Laufzeit fiel auf etwa 3,07 von rund 3,33 Prozent. Allerdings ließ die Nachfrage nach den anderthalbjährigen Papieren nach: Die Versteigerung war 3,6-fach überzeichnet, im August hatte die Nachfrage das Angebot noch um das Vierfache überstiegen. "Die Märkte warten darauf, dass Spanien Hilfe beantragt. Das ist jetzt politisch alles noch in der Schwebe", sagt Analyst Jo Tomkins von 4Cast. Sollte Rajoy zu lange zögern, werde er "Frustration am Markt" auslösen, warnte der Experte. Auch EZB-Ratsmitglied Luc Coene hatte jüngst mahnende Worte Richtung Madrid gerichtet und einen Anstieg der Renditen vorhergesagt, falls Spanien den Gang unter den Rettungsschirm zu lange hinauszögere.
Berg fauler Kredite im Bankensektor
EZB-Chef Mario Draghi hatte mit der Ankündigung, unter den Rettungsschirm schlüpfenden Staaten mit Stützungskäufen am Anleihenmarkt beistehen zu wollen, für fallende Renditen klammer Länder wie Spanien und Italien gesorgt. Die Regierung in Madrid hat bereits Hilfen für Banken beantragt. Sie konnte sich jedoch bislang nicht zu einem vollen Hilfsprogramm in Milliardenhöhe durchringen, das womöglich mit härteren Auflagen verbunden sein könnte.
Spanien sitzt auf einem hohen Schuldenberg, den zu einem großen Teil die autonomen Regionen angehäuft haben. Im zweiten Quartal lagen die Außenstände des Zentralstaates, der Regionen sowie Gemeinden bei 804,4 Mrd. Euro. Das entspricht 75,9 Prozent des spanischen Bruttoinlandsprodukts. Das Land steckt nach dem Platzen einer Immobilienblase zudem in einer hartnäckigen Rezession, und der marode Bankensektor kämpft mit faulen Krediten in Rekordhöhe: Im Juli summierte sich ihr Anteil an den ausstehenden Darlehen auf 9,9 Prozent.
Quelle: ntv.de, nne/rts