Wirtschaft

Wetten gegen Athen? Spekulanten am Pranger

Als ob Athen nicht schon genug Probleme hat: Skrupellose Investoren setzen angeblich auf die Pleite Griechenlands und bringen das Land damit in große Not. Doch ob das wirklich der Fall ist, ist umstritten.

In Griechenland ist nicht jeder mit dem Sparprogramm der Regierung einverstanden.

In Griechenland ist nicht jeder mit dem Sparprogramm der Regierung einverstanden.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Europas Regierungen sind sich einig: Spekulanten wetten gegen das finanzschwache Griechenland, setzen auf eine Staatspleite und verschärfen damit die massiven Probleme des angeschlagenen Landes. In der Kritik stehen vor allem "Credit Default Swaps" (CDS). Diese Finanzinstrumente gerieten bereits zu Beginn der weltweiten Finanzkrise in die Kritik, da die Papiere nach dem Zusammenbruch des US-Immobilienmarktes und den folgenden Zahlungsausfällen massiv an Wert verloren. Sie gelten deshalb als einer der Brandbeschleuniger der Krise.

Mit CDS werden Ausfallrisiken von Anleihen oder Krediten gehandelt. Das ist nicht verwerflich, denn dadurch können sich Investoren und Unternehmen gegen Pleiten - auch von Staaten – absichern. Die Papiere eignen sich aber auch zur Spekulation, weil sie auch losgelöst von den dahinter stehenden Krediten gehandelt werden.

Hier setzt die Kritik an: Das Instrument werde auch von Spekulanten genutzt, die kein echtes Sicherungsinteresse haben, lautet der Vorwurf. Dadurch habe der CDS-Markt Spekulationen gegen das finanzschwache Griechenland verstärkt. Investoren profitierten demnach von Spekulationen auf das Risiko der Zahlungsunfähigkeit Griechenlands und einer selbst geschaffenen Panikwelle. Vor allem Hedgefonds wird vorgeworfen, die Preise für die CDS in die Höhe zu treiben und auf diese Weise Länder, Unternehmen oder Währungen erst in Schwierigkeiten zu bringen. Im Falle Griechenland würde das bedeuten, dass es für Athen immer teurer wird, sich dringend benötigtes Geld zu leihen - da die Versicherungskosten für griechische Staatsanleihen künstlich in die Höhe getrieben werden und damit Käufer abschrecket werden. Die großen Schuldenprobleme Griechenlands würden dadurch noch verschärft.

Die rund 1,5 Billionen Dollar schwere Hedgefonds-Industrie steht wegen des Verdachts auf Wetten gegen Währungen, Firmen, Anleihen und ganze Staaten schon lange am Pranger. Der Branche wird vorgeworfen, sich an der Notlage anderer zu bereichern und sich an Starinvestor George Soros zu orientieren: Er hatte 1992 an nur einem Tag eine Milliarde Dollar verdient, weil er auf einen Fall des britischen Pfund gesetzt hatte.

Bafin gibt Entwarnung

Ob Hedgefonds derzeit aber tatsächlich mit Hilfe von Kreditderivaten massiv gegen griechische Staatsanleihen spekulieren, ist umstritten. Während die meisten europäischen Regierungen davon überzeugt sind, meldet die deutsche Finanzaufsicht Bafin Zweifel an. Sie sieht dafür bisher keine Anhaltspunkte und betont, der Anstieg der CDS-Risikoaufschläge spiegele vielmehr die wachsende Nachfrage nach Absicherung von Krediten für den Schuldner Griechenland wider. Die vorliegenden Marktdaten ließen nicht auf massive Spekulationen schließen, argumentiert die Bafin.

Von spekulativen Attacken auf das Land könne nicht die Rede sein, meint auch Kreditanalyst Jochen Felsenheimer von Assenagon Asst Management. Vielmehr sei es gerade das immense Volumen griechischer Staatsanleihen, das ihre Besitzer, darunter viele deutsche Landesbanken, zur Absicherung in den CDS-Markt zwinge. Zudem seien diese Produkte allein durch ihre Konstruktion eine Nullsummen-Rechnung, bei dem eine Seite verliert, was die andere gewinnt.: Jedem Akteur, der auf eine Ausweitung der Risikoaufschläge (CDS-Spreads) und damit gegebenenfalls einen Ausfall Griechenlands wette, stehe damit ein anderer Akteur gegenüber, der auf eine Spread-Einengung und damit gegen einen Zahlungsausfall setzt. Auch sei ihr aktuelles Volumen viel zu gering, um den griechischen Anleihe-Markt zu beeinflussen. Nicht einmal zehn Prozent aller Griechen-Bonds seien derzeit durch CDS abgesichert.

Die massive Kritik an den CDS hat mittlerweile eine solche Dimension angenommen, als ob es keine fundamentalen Gründe für den Anstieg der Versicherungskosten für griechische Staatsanleihen gebe. Zur Erinnerung: Die Regierung von Giorgos Papandreou hat zugegeben, dass Athen jahrelang falsche Defizitzahlen nach Brüssel gemeldet hat. Statt der in der EU maximal erlaubten drei Prozent liegt das Defizit mittlerweile bei fast 13 Prozent. Unter verschiedenen Regierungen - konservativen wie sozialistischen – wurde das Geld mit vollen Händen ausgegeben. Die Regierung in Athen ist nun zu einem radikalen Sparplan gezwungen, um eine drohende Staatspleite verhindern. Das allerdings ist nicht die Schuld von Spekulanten.

Quelle: ntv.de

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