Wirtschaft

Keine Fahrverbote - oder doch? Städte geben Dobrindt deutliches Kontra

Dobrindt auf dem Diesel-Gipfel: Für die Ergebnisse muss er viel Kritik einstecken.

Dobrindt auf dem Diesel-Gipfel: Für die Ergebnisse muss er viel Kritik einstecken.

(Foto: AP)

Die Ergebnisse des Diesel-Gipfels werden vielfach kritisiert. Verkehrsminister Dobrindt spricht dagegen von einem "guten Ergebnis". Fahrverbote seien weitgehend gebannt. Städte wie München sehen das anders. Auch die EU-Kommission erwartet mehr.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hält mit den Ergebnissen des Diesel-Gipfels die Gefahr von Fahrverboten für weitgehend gebannt. "Ich bin ganz zuversichtlich, dass wir mit diesen Entscheidungen die Fahrverbote vermeiden", sagte Dobrindt. In Summe würden die Maßnahmen, die bei dem Spitzentreffen von Politik und Industrie am Mittwoch verabredet wurden, dazu beitragen, dass Diesel-Fahrzeuge auch künftig in allen Innenstädten rollen könnten. Das sei eine gute Botschaft für die Betroffenen.

Deutlichen Widerspruch erhielt Dobrindt aus München: Die bayerische Landeshauptstadt behält sich auch nach dem Gipfel Fahrverbote für Diesel-Autos vor. Oberbürgermeister Dieter Reiter erklärte, er begrüße zwar die vereinbarten Schritte zur Verringerung der Stickoxidbelastung. "Ich fürchte aber, dass die versprochenen Software-Updates für neuere Fahrzeuge und die finanzielle Unterstützung für die Besitzer älterer Autos nicht ausreichen werden, um die Gesundheit der Menschen in den Städten zu schützen", sagte der SPD-Politiker.

Reiter sagte, er habe gehofft, dass die Autobauer bei betroffenen Fahrzeugen nicht nur die Software, sondern auch Bauteile auf eigene Kosten nachrüsten. Er kündigte an, München werde die Wirksamkeit der Gipfel-Beschlüsse mit eigenen Luft-Messstationen überprüfen. Reiter hatte bereits im Juni Fahrverbote ins Spiel gebracht, wie zuvor schon Stuttgart und Hamburg. Ein Gericht hatte eine unzulässig hohe Luftverschmutzung in der Stadt gerügt.

Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn von den Grünen erklärte ebenfalls, er sei enttäuscht vom Gipfel. "Das kann nur ein erster Schritt sein, da muss schon noch mehr kommen." Stuttgart steht nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts unter Druck, ab 2018 umfassende Diesel-Fahrverbote zu verhängen. Das Land Baden-Württemberg muss bis Ende September entscheiden, ob es gegen das Urteil in Revision geht.

Auch die EU-Kommission sieht die Beschlüsse lediglich als ersten Schritt. Die Behörde begrüße die Anstrengungen, "endlich das Vertrauen der Verbraucher wiederherzustellen und die öffentliche Gesundheit nach dem Skandal zu verbessern", sagte eine Sprecherin in Brüssel. Die geplanten Maßnahmen seien aber lediglich "sehr anfängliche Schritte". Es solle geprüft werden, ob die Schritte genügten, um die Emissionen "ausreichend zu reduzieren". Auch Umweltschützer und Verbraucherverbände haben daran Zweifel. Die Gipfel-Ergebnisse wurden vielfach scharf kritisiert.

"Dobrindt hat Lage nicht unter Kontrolle gebracht"

Dobrindt beklagte, derzeit konzentriere sich das Interesse in weiten Teilen der Öffentlichkeit noch zu stark auf das Thema Software-Updates für Diesel-Fahrzeuge der Schadstoffklassen Euro-5 und Euro-6. Dabei sei eines der ganz wichtigen Ergebnisse die Umstiegsprämie, die die Hersteller zahlen wollten, um alte Diesel durch schadstoffärmere Modelle zu ersetzen. Daneben sei der geplante Mobilitätsfonds, mit dem die Luft in den Städten reingehalten werden soll, ein wichtiges Element, so Dobrindt. "Das ist in der Summe ein gutes Ergebnis".

FDP-Chef Christian Lindner kritisierte den Minister jedoch scharf. "Dobrindt hat auch zwei Jahre nach dem US-Abgasskandal die Lage nicht unter Kontrolle gebracht", sagte er. "Offensichtlich hat es hier ein krasses Politikversagen gegeben. Das darf nicht auf dem Rücken der Steuerzahler ausgetragen werden." Lindner verlangte mehr Ehrlichkeit bei der Aufarbeitung der Krise: "Die deutsche Politik hat den Diesel zum Klimaschutz gefördert und vor den Nebenwirkungen die Augen verschlossen."

Ein im April veröffentlichter Bericht des Umweltbundesamts legte dar, dass der Ausstoß von Stickstoffoxiden pro Kilometer bei der Diesel-Pkw-Flotte in Deutschland 2016 bei durchschnittlich 767 Milligramm lag. Nach den EU-Abgasnormen Euro 5 sind aber nur 180 Milligramm zulässig, nach Euro 6 nur 80 Milligramm.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil von der SPD sieht derweil auch ausländische Autobauer in der Pflicht. "Die Wahrscheinlichkeit, dass französische oder italienische Autos wesentlich sauberer sind als deutsche, halte ich für ziemlich gering", sagte er dem "Focus". Dieselautos ausländischer Hersteller müssten mit ins Visier genommen werden. Die im Verband VDIK zusammengefassten Importeure haben bislang keine gemeinsame Position zur Frage gefunden, ob sie bei den Software-Updates mitmachen wollen.

Quelle: ntv.de, mli/rts/dpa/AFP

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