Wirtschaft

Kein Solo-Aufschwung in Deutschland Statistiker beenden die Party

Seit Monaten bejubeln Wirtschaftsforscher den Aufschwung. Ifo-Präsident Sinn prägt das Wort von der "Partylaune" in der deutschen Wirtschaft. Die deutsche Handelsbilanz für Juli zeichnet nun ein ganz anderes Bild. Ökonomen suchen Erklärungen.

Rückblick in den Juli des Jahres 2010: Emotional wog die Niederlage gegen Spanien im WM-Halbfinale wohl schwerer als der leichte Knick im Außenhandel.

Rückblick in den Juli des Jahres 2010: Emotional wog die Niederlage gegen Spanien im WM-Halbfinale wohl schwerer als der leichte Knick im Außenhandel.

(Foto: REUTERS)

Die deutschen Exporte sind im Juli überraschend gesunken. Die Unternehmen setzten 1,5 Prozent weniger im Ausland um als im Vormonat, mit. Im Vorfeld befragte Analysten hatten stabile Umsätze erwartet. Im Juni hatte es noch zu einem Plus von 3,7 Prozent gereicht. In den volkswirtschaftlichen Abteilungen der Banken bemühen sich Volkswirte um eine Einordnung der Daten. Alles sieht danach aus, als käme das Ende des konjunkturellen Sommerhochs früher als erwartet.

"Die Entwicklung der Handelsbilanz deutet daraufhin, dass der Außenhandel das Wirtschaftswachstum zu Beginn des dritten Quartals leicht gebremst hat - um etwa 0,4 Punkte", fasste Thorsten Polleit von Barclays Capital die Ergebnisse der amtliche Statistik zusammen. Nach dem jüngsten Rückgang bei den sei in den kommenden Monaten nicht mehr mit einem "Feuerwerk an positiven Wirtschaftsdaten" zu rechnen.

"In einigen Ländern wie den USA und China", so Polleit weiter, "hat sich das Wachstum schon verlangsamt." Der Barclays-Ökonom wertete dies als mögliche Vorboten für einen nachlassenden deutschen Aufschwung. "Deutschland kann sich auf Dauer nicht vom globalen Zyklus abkoppeln", betonte Polleit.

Alleine tanzen macht einsam

"Die Daten sind schwächer als erwartet", meint auch Jörg Lüschow von der WestLB. Allerdings habe es in den Vormonaten auch sehr starke Zuwächse gegeben. Es sei nicht ungewöhnlich, sagte Lüschow, dass einzelne Monatszahlen schwächer ausfallen. Da passe es ins Bild, dass im Juli auch die Industrieaufträge nachgelassen hatten.

Daneben vermutete Lüschow auch saisonale Sondereffekte als Auslöser für die unerwarteten Schwäche im Außenhandel. "Die Ferienzeit im Juli könnte eine Rolle gespielt haben, und dass der Arbeitstageeffekt statistisch womöglich nicht ganz ausgeschaltet wurde", meinte der WestLB-Ökonom. "Die nächste Zeit werden die Exporte weiter zunehmen, aber die Dynamik wird geringer werden. Mit einem Einbruch rechnen wir jedoch nicht. Zuletzt hat die Binnenwirtschaft zugelegt, das gibt dem Aufschwung eine gewisse Breite."

Auch Dirk Schumacher von Goldman Sachs hält es offenbar für verfrüht, aus den Daten eines einzelnen Monats eine Trendwende ablesen zu wollen. "Die Zahlen schwanken von Monat zu Monat stark", hob er hervor. "Deshalb würde ich in diesen Rückgang nicht zu viel hineininterpretieren."

Nur ein Knick, keine Wende?

Eine Korrektur sei zu erwarten gewesen, sagte Schumacher und verwies wie schon Jörg Lüschow auf die außergewöhnlich starken Vormonate. "Der Trend geht aber weiter nach oben, wenn auch schwächer als im zweiten Quartal", resümmierte der Goldman-Sachs-Ökonom. "Die Unternehmensumfragen deuten darauf hin, dass es für die Exporte weiterhin gut aussieht."

Die große Frage sei, so Schumacher abschließend, ob sich Deutschland auf eine Stagnation zu bewege. Befürchtungen in diese Richtung hält Volkswirt Schumacher allerdings für übertrieben. "Ich glaube, dass wir eher eine Verlangsamung sehen werden."

Quelle: ntv.de, mmo/rts

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